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Evolutionäre Erkenntnistheorie bei ­Nietzsche?

       3.4 Das Erkennen und der Wille zur Macht

       3.5 Der Begriff der ‚Wissenschaft‘

       3.6 Wissenschaft und Wahrheit

       3.7 Die Sprache und die Wahrheit

       3.8 Philosophie, Logik und der Glaube an die Erkenntnis

       3.9 Philosophie jenseits der Kritik?

       3.10 Eine ‚positive‘ Philosophie bei ­Nietzsche?

       3.11 ‚Idealität‘ und neues ‚Ideal‘

       3.12 ‚Der Wanderer und sein Schatten‘

       4 Die Vermittlung des Erkennens: ‚Also sprach Zarathustra‘

       4.1 Einleitung

       4.2 Zarathustra: Erster Teil

       4.2.1 Zarathustras Vorrede

       4.2.2 Die Reden Zarathustras

       4.3 Zarathustra: Zweiter Teil

       4.3.1 Die Gerechtigkeit und die Rache

       4.3.2 Die Denkbarkeit der Welt und der Wille zur Macht

       4.3.3 Gründe, das Schweigen und die Stille

       4.4 Zarathustra: Dritter Teil

       4.4.1 Über sich selbst hinaus

       4.4.2 Die ewige Wiederkehr des Gleichen

       4.5 Zarathustra: Vierter Teil

       4.5.1 Lehren und Missverstehen

       4.5.2 Seltsame ‚Nachfolger‘

       4.5.3 Horchen und Gehorchen

       4.5.4 Das Zeichen

       5 Zum Schluss: Der ‚freie Geist‘ und seine ‚Zeit‘

       Zitierweise

       Literaturverzeichnis

       Begriffsregister

       Rückumschlag

      Einleitung und Gebrauchsanweisung

      Nietzsche als Philosoph

      Vor den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts war es durchaus nicht selbstverständlich, Nietzsche als einen ernstzunehmenden Philosophen aufzufassen. In der Regel galt er in der Zunft der ernsthaften Philosophen als philosophierender Schriftsteller nicht unbedingt von höchstem Rang und von eher zweifelhaftem Ruf. Zu dieser schlechten Reputation hatten sicherlich Versuche beigetragen, Nietzsche dem nationalsozialis­tischen Staat als Hofphilosophen anzudienen, verbunden mit einer auch später noch anhaltenden Rezeption, die sich in erster Linie auf eine sehr und allzu einfache Lektüre seiner Schriften beschränkte und dabei vor allem die plakativen und lauten Stellen in den Vordergrund stellte, um zu einer merkwürdigen Art von Popularphilosophie im schlechtesten Sinne zu gelangen.

      Jedem Anfänger in der Lektüre von Nietzsches Werken wird sehr schnell deutlich, warum eine solche Rezeption gerade bei diesem Autor möglich und vielleicht sogar verständlich und naheliegend war: Nietzsche ist dem ersten Anschein nach sehr einfach zu verstehen. Natürlich ebnete diese Gestalt seiner Schriften den Weg in ein entsprechend einfaches Verständnis, während etwa Descartes, Kant, Hegel und Wittgenstein sich schon beim Lesen dagegen sperren, allzu einfach aufgefasst zu werden. Bei diesen Autoren versteht man meistens sehr wenig bis überhaupt nichts, wenn man ohne entsprechende Vorbildung einfach zu lesen beginnt. Bei Nietzsche dagegen glaubt man immer etwas zu verstehen und in vielen Schriften stößt man auch beim Fortschreiten kaum auf Schwierigkeiten.

      In der Regel verstehen wir dort am leichtesten, wo wir einen mühelosen Anschluss an das herstellen können, was wir sowieso schon wissen oder zumindest zu wissen glauben. Man könnte deshalb vermuten, Nietzsches populäre ebenso wie die nationalsozialistische Rezeption habe sehr viel damit zu tun gehabt, dass sich seine Gedanken leicht mit den entsprechenden Vorurteilen verbinden ließen. Allerdings sind Vorurteile nichts per se Unanständiges – eigentlich sind sie sogar die Voraussetzungen dafür, überhaupt etwas zu verstehen und Erklärungen zu akzeptieren, die ‚Vor-Urteile‘ brauchen, um Sinn zu erzeugen und auf Akzeptanz stoßen zu können. Ein Leser, der überhaupt keine Urteile aus seinem Denken vor der Lektüre mitbringt, wird weder Descartes, Kant, Hegel und Wittgenstein noch Nietzsche verstehen können.

      <–9| Seitenzahl der gedruckten Ausgabe

      Demnach hängt das, was wir verstehen, also vor allem davon ab, welche Vor-Urteile wir mitbringen? Mit dieser Frage sind wir schon tief in Nietzsches Philosophie – tiefer als die populäre Rezeption jemals vorgedrungen war, von der nationalsozialistischen ganz zu schweigen. An dieser Stelle drängt sich jedoch eine andere Frage auf: wenn Nietzsche seit den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts als ein genuin philosophischer Autor rezipiert wird, lässt sich daraus nicht schließen, dass es seit damals gelingt, andere Vor-Urteile bei der Lektüre seiner Werke zu aktivieren? Das würde aber bedeuten, dass sich wichtige Strömungen in der Philosophie seit Nietzsches Zeit genau in eine solche Richtung entwickelt haben müssen, aus der sich Anschlussmöglichkeiten für eine Rezeption von Nietzsche als Philosoph anbieten. Sollten wichtige Teile der Gegenwartsphilosophie also gerade in Nietzsche sich selbst erkennen können?

      Das werden wir am besten dadurch herausfinden, dass wir uns auf eine solche Lektüre Nietzsches aus philosophischer Perspektive einlassen. Was kann es also ­heißen, Nietzsche leicht machen zu wollen, wenn es nicht darum gehen kann, ihn als Popularphilosophen oder als quasi-philosophischen Paukenschläger leicht zu machen, sondern als Philosophen? Sehr vereinfacht gesagt, besteht die Aufgabe dieses Buches vor allem darin, andere und zwar genuin philosophische Vor-Urteile für die Lektüre Nietzsches vorzuschlagen. Aus dieser Perspektive ist der ‚wirkliche‘ Nietzsche gerade nicht der Schriftsteller mit den lauten, plakativen und aggressiven Formulierungen, der gegen das Christentum, den Sozialismus, die ‚Entartung‘ des Menschen und das Mitleiden wütet und von Menschenzüchtung und natürlicher Selektion in Tönen jubelt, die nur noch durch seine Bewunderung

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