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entsteht eine Vertrauens- und Schutzbeziehung. Die Aussicht auf eigene Eier, das Wissen um den Wert des zu erwartenden Fleisches und natürlich die emotionale Bindung zu den Tieren lässt Viehhalter ihre Tiere oft anders wahrnehmen, als dies ein Außenstehender tun würde.

      In der Realität gibt es jedoch immer mehrere Ebenen: die Tiere, die Halter und die „Stakeholder“, also alle die Menschen, die in irgendeiner Form mit der Tierhaltung in Berührung kommen, seien es Familienmitglieder, Nachbarn, Passanten, Behörden oder Mitglieder der Gemeinde/Kommune. Dieses Netzwerk darf man nicht ausblenden, sondern sollte stets eine gute Kommunikation anstreben, die die anderen Akteure im Blick behält. Auch wenn es modern klingt, so sind Begriffe wie Moderation und Mediation auch in der Dorfgemeinschaft schon immer zentrale Bestandteile der Akzeptanzförderung. Das gute Gespräch mit dem Nachbarn, die gemeinsame Nutzung von Ressourcen und das Dulden von Nutzung – alle diese Aspekte brauchen die Kommunikation. Wenn die Gänse vor der Einfahrt des Nachbarn ruhen, dann kann das Angebot der Nachbarschaftshilfe über die Verunreinigungen hinweghelfen. Ein paar Eier hin und wieder sind Gold wert und als Geschenk äußerst beliebt. Die Beweidung ungenutzter Obstgärten wird oft gern gesehen.

      Das Halten von Tieren war schon immer ein fester Bestandteil unserer Gesellschaft. Tierhaltung ist die Grundlage unserer sozialen und gemeinschaftlichen Entwicklung. Daher lohnt es sich, diese wieder zu fördern und die Akzeptanz zu fordern.

      Das bäuerliche Leben und die partielle Selbstversorgung sind der Grundstock für ein gesundes Dorf oder ein solides Gemeinwesen. Gackernde Hühner sind das Symbol für Ernährungssouveränität. Weidende Schafe, Ziegen – und auch das Großvieh – sind Symbole für den Klimaschutz und die Förderung der biologischen Vielfalt. Die Tiere, wie wir sie hier präsentieren, schufen unsere Kulturlandschaft und schafften das, was wir lieben und im Urlaub genießen.

      Daher sei allen Tierhaltern geraten, die kulturellen, ästhetischen und künstlerischen Aspekte ihrer Viehhaltung zu betonen und zu teilen. Durch schöne Ställe, durch einen plastikfreien Hof, durch gesunde Tiere und arkadische Weiden wird Akzeptanz und Wertschätzung geschaffen. Es ist dem Menschen zu eigen, dass er gesunde Tiere anerkennt und wertschätzt. Es liegt in unserem Instinkt, die gute Tierhaltung zu erkennen und zu honorieren. So müssen die Tierhalter und die Tierlosen gemeinsam für ein vielfältiges Dorf einstehen und voneinander lernen. Nur so entstehen Respekt und eine gesunde und nachhaltige Dorfatmosphäre.

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       Die Anwesenheit von Kleinvieh vervollständigt den schönen Anblick eines dörflichen Umfelds. Hier fühlen sich nicht nur Menschen wohl, sondern auch Insekten, Vögel und Wildtiere.

      Auch die beste Kommunikation im Dorf und in der Nachbarschaft wird nie alle Menschen zu Freunden machen. Immer wird es Kritiker, Unglückliche und Menschen, die sich gestört fühlen, geben. Der Dialog wird dann nicht reichen. Das Recht und die kulturelle Pflicht, Tiere zu halten und an der Nahrungssouveränität mitzuarbeiten, ist das stärkste Argument. Ein guter Zaun, eine gesunde Hecke, ein geräuschgedämmter Stall und ein gepflegter Misthaufen wirken Wunder.

      Das Thema der Mensch-Tier-Konflikte begleitet den Menschen schon immer. Die zunehmende Abgrenzung von der Natur schuf daraus „Mensch-Wild-nis-Konflikte“. Das Verhältnis des Menschen zu seiner belebten Umwelt gestaltet sich durch den Wunsch nach Handlungshoheit und der reflektierten Kommunikation sehr schwierig.

      So ist die unbeherrschte Wildnis für die meisten Menschen ein Ort der Angst und der Inakzeptanz. Zugvögel, die temporär in großen Massen auftreten, werden als abnormal wahrgenommen und als störend empfunden. Gänse, die auf ihrem Zugweg einen Mauserplatz aufsuchen und dort nach Nahrung suchen, werden zum Problem deklariert. Stare oder Krähen, die im Winter in Plantagen und Parks rasten, werden, da sie als kulturfremd wahrgenommen werden, nicht akzeptiert.

      Die Bezeichnung Raubtier stammt aus diesem Denken. Obwohl ein in der freien Wildbahn lebendes Tier niemals raubt, sondern nur Nahrung in Form von Beute entnimmt, nehmen wir diese Tiere als Gegenspieler wahr. Während der Adel und die großen Landbesitzer schon früh daran arbeiteten, die großen, wild lebenden Fleischfresser zu dezimieren und zu kontrollieren, blieben Fuchs, Marder und Ratte für die Kleinviehhalter eine große Bedrohung.

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       Ein gesundes Dorfumfeld zeichnet sich durch tierbelebte Straßen aus.

      Durch die naturwissenschaftliche Beobachtung der Ökologie und der Netzwerke des Lebens zeigte sich der wahre Wert von Wolf, Luchs und Wildkatze in unseren Ökosystemen. Naturschutzfachlich ist daher ein Besatz mit diesen Tieren aus vielen Gründen nötig und zwingend erforderlich.

      Allerdings führte der gesellschaftliche Wandel zu einer komplett neu gestalteten Landbevölkerung. Das Jagdrecht wurde verbürgerlicht und einer breiten Masse zugänglich. Die Hirten und Hutetraditionen (Beweidung auf Weiden, die vormals Wald waren, der aber nicht gänzlich gerodet worden ist. Die Weiden sind von lichtem Baumbestand durchsetzt.) wurden wegrationalisiert und das Vieh dem Weidezaun überlassen. Der Mensch entfernte sich vom Land und hinterließ eine hochspezialisierte Landschaft mit wenigen Arbeitsplätzen. Die Zahl der Jäger ist größer als die Zahl der Hirten, und das, wo es doch mehr Vieh als Wild gibt. Das führt zu einem Denken, dass allen Bedrohungen des Viehbestands durch Wolf, Bär und Luchs nur durch die Jagd begegnet werden kann. Kleinviehhalter mussten schon immer ihren Viehbestand hegen und pflegen und nachts sichern, damit der Fuchs nicht die Gans holt, den Weidetierhaltern ist diese Form des Einpferchens und Eingralens verloren gegangen. In einer Landschaft, in der Hirten wieder ein erträgliches Arbeitsumfeld finden, indem Einkommen, Regelungen und Infrastruktur positiv auf diese Arbeit wirken, ist ein Nebeneinander von Mensch und Wildnis möglich.

      Alle romantisierenden Gemälde mit arkadischen Motiven zeigen den Hirten als Vermittler zwischen Wildnis und Menschen, niemals jedoch Gewehre, Fallen und Giftköder.

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       Die Haltung von Kleinvieh löst viele Probleme der fehlenden Kulturlandschaftspflege und reintegriert die wertvollen Flächen in Kreisläufe.

      Kleinviehhaltung liegt in unseren Genen. Kaum jemand kommt 2 oder 3 Generationen zurück, ohne dass nicht zumindest ein Vorfahr einen Stallhasen (Kaninchen) gehalten hat. Meist sind sogar richtige Rossbauern in den Vorfahren vertreten. Das Meerschweinchen, das die Kinder heute halten, ist nur ein kleines Trostpflaster für den unbewussten Verlust.

      Zwar sind wir meist froh, wenn wir nicht mehr um 5 Uhr in den Stall müssen, damit wir gemolkene Kühe zurücklassen, wenn wir um halb 7 in den Berufsverkehr starten. Dennoch ist der Anblick von gesundem Weidevieh, von glücklichen Tieren auf dem Urlaubsbauernhof – oder gar der Urlaub in Rumänien in guten Weidelandschaften – sehr befriedigend und spricht längst verborgene Instinkte an. Daher sollte man versuchen, in allen Lebens- und Wohnlagen zumindest ein Mindestmaß an tierischer Selbstversorgung zu ermöglichen.

      Auf dem Land, also in den Dorf- und Mischgebieten der Dörfer und auf den alten Hofstellen ist die Tierhaltung meist gar kein Problem. Zwar ist es oft schwierig, angrenzende Weiden zu finden oder überhaupt Grünland zu pachten. Dennoch ist es möglich, einen leerstehenden Stall zu finden, eine Obstwiese zu pachten oder in einem kleinen Hof unterzukommen.

      In den Neubaugebieten gibt es leider zunehmend Regelungen, die das Halten von Haus- und Nutztieren einschränken oder gar verbieten. Nach dem Einholen von Informationen sollte man dann noch von Fall zu Fall erörtern, inwiefern nicht doch ein paar Zwerghühner, drei Laufenten oder ein

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