ТОП просматриваемых книг сайта:
Kirchliches Leben im Wandel der Zeiten. Группа авторов
Читать онлайн.Название Kirchliches Leben im Wandel der Zeiten
Год выпуска 0
isbn 9783429060954
Автор произведения Группа авторов
Жанр Документальная литература
Серия Erfurter Theologische Studien
Издательство Bookwire
In langwierigen Verhandlungen bemühte sich Philipp Sigismund um die päpstliche Konfirmation; dabei gab er wiederholt das Versprechen ab, die katholische Religion im Hochstift zu schützen. Die Kurie bestand jedoch auf der Ablegung des Tridentinischen Glaubensbekenntnisses, zu der sich Philipp Sigismund nicht bereitfinden konnte; u. a. rechtfertigte er seine Ablehnung mit dem Hinweis, dass die „professio fidei Tridentina“ ihm und dem Hochstift die Feindschaft der Niederlande bescheren werde. Längere Zeit glaubte die Kurie, Philipp Sigismund zur Konversion zum Katholizismus bewegen zu können, weshalb sie die Verhandlungen mit Konzilianz führte und von Strafandrohungen gegen den Administrator und das Domkapitel absah. Da es zu keiner Einigung zwischen der Kurie und Philipp Sigismund kam, wurde ihm auch die kaiserliche Regalienurkunde verweigert. Aufgrund anhaltender Intervention des Wolfenbütteler Hofes erhielt er 1598 ein zeitlich begrenztes Regalienindult für seine beiden Hochstifte, das dann immer wieder verlängert wurde. Somit beruhte seine Herrschaft auf einem rechtlich unsicheren Fundament, wobei seine Stellung in Verden, da konfessionelle Konflikte ausblieben, unproblematisch war. Dass sich Philipp Sigismund in beiden Stiften halten konnte, resultierte nicht zuletzt aus der starken politischen Rückendeckung durch das Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel und den guten Beziehungen, die Herzog Heinrich Julius zu Kaiser Rudolf II. unterhielt.
In Osnabrück entwickelte sich das Domkapitel, zu dem Philipp Sigismund in „kühler Distanz“28 stand, zum eigentlichen Gegenpol des Landesherrn. Es nutzte dessen rechtlich unsichere Position zur Durchsetzung eigener ständischer und konfessioneller Forderungen aus. Mit Unterstützung der Kurie wurde seit der Jahrhundertwende u.a. durch die Aufnahme von Absolventen des römischen Collegium Germanicum die eindeutig katholische Partei im Kapitel verstärkt. Seine fortschreitende Katholisierung führte dazu, dass seit 1615 die Ablegung des Tridentinischen Glaubensbekenntnisses für die Aufnahme ins Domkapitel obligatorisch wurde. Das Kapitel wurde damit zum wichtigsten Beschützer der alten Kirche und des Reformkatholizismus im Hochstift. Diese Entwicklung hielt den in konfessioneller Hinsicht irenischen Administrator davon ab, den katholischen Besitzstand in Osnabrück zu schmälern. Er unterließ direkte Eingriffe in das altgläubige Kirchenwesen und zeigte sogar ein gewisses Wohlwollen gegenüber Stiften und Klöstern, wo er entsprechend der Wahlkapitulation Missstände zu beseitigen und die Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der Ordensregel zu erreichen versuchte. Ansonsten begünstigte aber die im großen Ganzen passive kirchliche Haltung Philipp Sigismunds, der sich mehr als Landesherr denn als Bischof verstand, die Ausbreitung und Festigung des lutherischen Bekenntnisses.
Philipp Sigismund, der abwechselnd in seinen Residenzen in Iburg und Rotenburg lebte und diese entsprechend seiner fürstlichen Stellung ausbaute, bewies eine „für seine Zeit erstaunliche konfessionelle Toleranz“29, der durchaus eine persönliche Überzeugung zugrunde gelegen haben mag; sie war aber auch taktischen Erwägungen geschuldet. Angesichts des Erstarkens der katholischen Kräfte im Reich und insbesondere in Westfalen intensivierte er seine Bemühungen, seine Stifte für das Welfenhaus bzw. für evangelische Kandidaten zu sichern. Unter Einsatz erheblicher finanzieller Mittel unternahmen Philipp Sigismund und die Welfen verschiedene Versuche, über die Bestellung eines Koadjutors beide Stifte für die Dynastie zu sichern. Dabei konzentrierte man sich anfangs auf Christian von Braunschweig-Lüneburg, seit 1599 Administrator in Minden und seit 1611 regierender Herzog in Celle. Konflikte über das Besetzungsrecht der Lüneburger Abtei St. Michael beendeten Philipp Sigismunds Bemühungen, Christian die Koadjuterie zu verschaffen. Außerdem verschloss sich das Verdener Kapitel diesen Überlegungen, weil es die Inkorporation des Hochstiftes in das Fürstentum Lüneburg befürchtete. Demgegenüber akzeptierte es die Koadjuterie des Prinzen Friedrich von Schleswig-Holstein, eines Sohnes des dänischen Königs Christian IV., der die Autonomie des Hochstiftes zu garantieren versprach. 1619 nahm Philipp Sigismund Prinz Friedrich zum Koadjutor von Verden an. Gleichartige Bestrebungen in Osnabrück scheiterten am Widerstand des Domkapitels. Nachdem Philipp Sigismund am 19. März 1623 in Verden gestorben war, wo er im Dom seine letzte Ruhestätte fand, wählte man in Osnabrück bereits am 18./28. April entsprechend einer früheren päpstlichen Empfehlung Kardinal Eitel Friedrich von Hohenzollern-Sigmaringen zum Bischof.
Christian von Braunschweig-Lüneburg
Die Welfen betrachteten auch während der Regierungszeit Bischof Antons von Schaumburg Minden als ihr „Hausbistum“. Zwar scheiterten die Versuche Herzog Heinrich Julius‘, Bischof Anton gegen Zusicherung einer Rente zur Abdankung zu bewegen; aber im Domkapitel verbreitete sich die Ansicht, dass Braunschweig-Lüneburg nach dem Ausscheiden des Schaumburgers nur einen welfischen Kandidaten akzeptieren werde. Nachdem Herzog Ernst von Braunschweig-Lüneburg (1564-1611) dem Kapitel territoriale Gewinne aus der an Celle gefallenen hoyaschen Erbschaft in Aussicht gestellt hatte, postulierte es Anfang September 1597 Ernsts jünegren Bruder Christian zum Koadjutor.30 Es kam damit einer Empfehlung des Kölner Kurfürsten Ernst von Bayern nach, der Christians Konversion zum Katholizismus für möglich hielt und davon nach dessen möglichen Regierungsantritt in Celle Vorteile für den Katholizismus in diesem Fürstentum erwartete. Als das Domkapitel nach dem Tod Antons von Schaumburg am 21. Januar 1599 Christian die Verwaltung des Stiftes übertrug, wiederholte dieser die Zusicherung seiner Wahlkapitulation von 1597, dass er die Rechte der katholischen Religion im Stift Minden schützen werde. Um die päpstliche Bestätigung zu erreichen, führte Christian auf Empfehlung Ernsts von Bayern Glaubensgespräche mit katholischen Theologen und schloss in seinem Konfirmationsgesuch an Papst Clemens VIII. einen Konfessionswechsel nicht aus. Die Erregung im protestantischen Lager, vor allem aber der Druck seitens des Hauses Braunschweig-Lüneburg, der in besonderer Weise von Christians Mutter, Herzogin Dorothea, ausgeübt wurde, veranlasste diesen, von einem Übertritt zur Katholischen Kirche abzusehen. Da Christian als lutherischer Fürst nie die päpstliche Wahlbestätigung erhielt, herrschte kirchenrechtlich in Minden weiterhin Sedisvakanz. Dieser Zustand wurde von der Kurie einstweilen ignoriert und vom Domkapitel geduldet. Damit schuf man eine Voraussetzung für die Säkularisation des Hochstiftes durch den Westfälischen Frieden, weil Minden während des Normaljahres 1624 nicht von einem katholischen Bischof regiert wurde.
Nach der Übernahme der Regierung im Fürstentum Lüneburg hielt sich Christian meist in Celle auf und schenkte den Vorgängen in Minden nur geringe Aufmerksamkeit. Während des Dreißigjährigen Kriegs wurde das Hochstift zu einem „Tummelplatz für die Soldateska aus allen Herren Ländern“.31 Nach dem Erstarken der katholischen Seite in Norddeutschland und der Verkündigung des Restitutionsediktes (1629) führte der kaiserliche Restitutionskommissar für den ober- und niedersächsischen Reichskreis, der Osnabrücker Bischof Franz Wilhelm von Wartenberg, gegen Christians förmlichen Protest Rekatholisierungsmaßnahmen in Minden durch. 1630 providierte die Kurie, die an der Auffassung von der Sedisvakanz in Minden festgehalten hatte, Wartenberg mit dem Bistum, der daraufhin gegen Ende des Jahres auch ein vorläufiges kaiserliches Regalienindult erhielt. Wenn auch Verhandlungen mit Christian wegen eines Verzichts auf Minden ohne Erfolg blieben, überließ er Wartenberg bis zu seinem Tod am 8. November 1633 fast widerspruchslos die Regierung des Hochstiftes.
Die welfischen Bischöfe des 16. Jahrhunderts haben sich in erster Linie als Landesherren verstanden und tendierten dazu, in ihren Bistümern „Versorgungsposten ohne geistlich-kanonische Verpflichtung“ Скачать книгу