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der himmlischen Harmonie, in der nach Ps.-Ignatius „das Lied Jesu Christi“ und „Gottes Melodie“ ertönen (Eph. 4). Stellt diese Ordnung doch ein Abbild der himmlischen Ordnung dar, die im himmlischen Urbild ihre metaphysische Begründung besitzt. Der himmlischen Hierarchie, die Gott mit Christus und den Aposteln bildet, entspricht deshalb die irdische, die sich aus Bischof, Diakonen und Presbytern zusammensetzt. In diesem Sinn schreibt Ps.-Ignatius an die Magnesier:

      „Seid bestrebt, alles in Gottes Eintracht zu tun, wobei der Bischof an Gottes Stelle und die Presbyter an Stelle der Ratsversammlung der Apostel den Vorsitz führen und die mir besonders lieben Diakone mit dem Dienst Jesu Christi betraut sind, der vor aller Zeit beim Vater war und am Ende erschienen ist“ (Magn. 6,1).39

      Der Bischof ist also Abbild und Repräsentant Gottes. Wo sich folglich die Presbyter, Diakone und Gläubigen dem Bischof unterordnen, da ordnen sie sich Gott selbst unter und gewinnen so Anteil an Ihm (Eph. 4,2; 5,3).

      Besonderen Wert legt Ps.-Ignatius auf die letztlich in Gott gründende Einsetzung des Bischofs.

      Denn er habe seinen „Dienst an der Gemeinde nicht von sich aus und nicht durch Menschen erlangt, auch nicht infolge leerer Ruhmsucht, sondern in der Liebe Gottes des Vaters und des Herrn Jesus Christus“ (Philad. 1,1).

      Da der Bischof also von Gott selbst zur Verwaltung seines Hauses gesandt sei, müsse man ihn ansehen wie den Herrn selbst (Eph. 6,1). Mit zwei Hauptargumenten begründet Ps.-Ignatius folglich die überragende Stellung des einen Bischofs:

      1. Ist der eine Bischof Abbild des einen göttlichen Urbilds,

      2. ist er von Gott selbst zu seinem bischöflichen Dienst bestellt.

      Die Presbyter sind in einem Kollegium organisiert, stehen im Einverständnis mit dem Bischof in seiner Abwesenheit der Eucharistie vor und nehmen in seinem Auftrag auch andere pastorale Aufgaben wahr. Die Diakone unterstehen sowohl dem Bischof als auch den Presbytern.40 Sie sind jedoch „nicht Diener für Speise und Trank, sondern Gehilfen der Kirche Gottes, welche die Geheimnisse Jesu Christi verwalten“ (Trall. 2,3), sind nach Ps.-Ignatius also auch im liturgisch-sakramentalen Bereich tätig. Schließlich dienen sie den Gläubigen, aber auch ihren Vorstehern als Reisebegleiter und Gemeindeboten. Insgesamt macht sich bei Ps.-Ignatius folglich ein Gemeindemodell bemerkbar, das sich auch in anderen Gemeinden erst in den späten fünfziger und sechziger Jahren des 2. Jahrhunderts manifestiert.

      BÖHM (wie S. 36) 123-125 (Monepiskopat bei Ps.-Ignatius).

      DASSMANN (wie S. 12) 167f. (Monepiskopat bei Ignatius von Antiochien).

      HÜBNER (wie S. 32) 75-79 (Monepiskopat bei Ps.-Ignatius und Datierung der Ps.-Ignatianen).

      FISCHER, Josef A., Die Apostolischen Väter (= Schriften des Urchristentums 1) Darmstadt 19818, 109-225 (Text und deutsche Übersetzung der Ignatianen mit Einleitung).

       2.5 Frauen als kirchliche Autoritäten in altkirchlicher Zeit

       2.5.1 Die Anfänge

      Nach der Beschäftigung mit den verfassungsgeschichtlichen Entwicklungsprozessen, die zum dreigestuften kirchlichen Amt führten, stellt sich die Frage, ob in altkirchlicher Zeit auch Frauen in Ämtern und Diensten in christlichen Gemeinden wirken.

      Bereits die Evangelien berichten von Frauen, die Jesus bis zu seiner Kreuzigung folgen und auch seine Auferstehung bezeugen. Lukas erwähnt ausdrücklich, dass Ihn neben den Zwölf auch Frauen bei seinen Wanderungen durch Galiläa begleiten und Ihn und seine Jünger mit dem unterstützen, was sie besitzen (Lk 8,3). Jesus hat offensichtlich etwas Besonderes an sich, das eine Reihe von Frauen zu diesem unüblichen Verhalten motiviert. Tatsächlich pflegt Jesus einen für damalige Verhältnisse einzigartigen Umgang mit Frauen. Äußerst anstößig wirkt auf seine jüdischen Zeitgenossen, dass Er sich in seiner engsten Gefolgschaft mit Frauen umgibt. Selbst seine männlichen Jünger „wunderten sich, dass Er mit einer Frau redete“ (Joh 4,27). So umschreibt Johannes die Reaktion der Jünger auf das Gespräch Jesu mit der Samariterin. Jesus lässt aber nicht nur hier, sondern auch sonst Begegnungen mit Frauen zu. Er unterhält sich mit ihnen, hilft ihnen, heilt sie, redet gut von ihnen, erwähnt sie als handelnde Personen in Gleichnissen und akzeptiert ihre Begleitung und ihren Dienst. Angesichts der patriarchalischen Gesellschaft Palästinas muss dieses Verhalten Jesu eine Initialzündung ausgelöst haben für das Heraufziehen einer neuen gesellschaftlichen Stellung der Frau in der Jüngergemeinde und darüber hinaus. Mit einzigartiger Souveränität überschreitet Jesus die von der zeitgenössischen Gesellschaft gesetzten Schranken und führt die Frauen hinaus in eine attraktive Weite.

      In diesem Licht verwundert es nicht, dass sowohl in der Urgemeinde von Jerusalem als auch in den Anfängen der christlichen Mission Frauen genannt werden. So wissen die Bücher des Neuen Testaments von Frauen zu berichten, die sich in den Gemeinden als Prophetinnen, karitativ Engagierte, theologische Lehrerinnen (Apg 18,26), missionarische Mitarbeiterinnen und Förderinnen hervortun. In Joppe sorgt Tabita für hilfsbedürftige Witwen; in Jerusalem stellt Maria, die Mutter des Markus, ihr Haus der Gemeinde zur Verfügung; in Philippi nimmt die Purpurhändlerin Lydia Paulus und seine Begleiter in ihr Haus auf, wie auch in 1 Kor 11,4 von prophetisch redenden und betenden Frauen und Männern die Rede ist. Schließlich richtet sich auch 1 Kor 14,34 nicht grundsätzlich gegen das Prophezeien und Zungenreden von Frauen, wenn es an dieser Stelle heißt: „Die Frauen sollen in der Versammlung schweigen.“ Denn entweder handelt es sich hier um eine spätere judenchristliche Interpolation oder es wird einzelnen, ofensichtlich etwas undisziplinierten Frauen ungestümes Dazwischenreden verboten, um dadurch die damals ohnehin etwas gefährdete Ordnung des charismatisch bewegten Gottesdienstes aufrechtzuerhalten. Diese Interpretation legt jedenfalls die Tatsache nahe, dass christliche Frauen z.B. in kleinasiatischen Gemeinden des 1. und 2. Jahrhunderts keineswegs geschwiegen haben.

      DASSMANN (wie S. 12) 172f. (Frauen bei Jesus und in der frühen Kirche).

      SCHÜRMANN, Heinz, Das Lukasevangelium (= Herders Theologischer Kommentar zum Neuen Testament 3/1) Freiburg Basel Wien 1969, 446f. (Verhältnis Jesu zu Frauen).

       2.5.2 Ein frühes Beispiel: Christliche Frauen als Autoritäten kleinasiatischer Gemeinden des 1. und 2. Jahrhunderts

      Das Wirken früher Christinnen als Autoritäten kleinasiatischer Christengemeinden des 1. und 2. Jahrhunderts ist ohne den Kontext der zeitgenössischen kleinasiatischen Gesellschaft nicht denkbar. Wie Inschriften dieser Ära bezeugen, sind Frauen dieses Raums in Handel und Gewerbe selbständig tätig und verwenden einen Teil ihres Vermögens bisweilen für Projekte, die in ihrer Heimatstadt ihrem Sozialprestige dienen. So treten beispielsweise in Ephesus Frauen als Wohltäterinnen auf, indem sie auf eigene Kosten prachtvolle öffentliche Gebäude errichten lassen. Darüber hinaus steigen kleinasiatische Honoratiorentöchter des 2. Jahrhunderts in ihren Heimatstädten zu höchsten öffentlichen Ämtern auf. Nollé erklärt dieses Phänomen mit den personellen Engpässen dieser Familien, die zur Behauptung ihrer Position darauf angewiesen sind, auch weibliche Familienmitglieder auf der politischen Bühne ihrer Heimatstadt agieren zu lassen, zumal z.B. im kleinasiatischen Selge „der Familienclan [der Plancii Magniani] weitgehend mit der als politische Körperschaft agierenden Stadt identisch [war]. Die Stadt war zum überdimensionalen Haushalt (oikos) dieser Familie geworden. Damit schwächt sich natürlich das Anstößigste an der Amtsführung von Frauen, [nämlich] das Heraustreten aus dem Oikos, merklich ab. Die Frauen blieben, folgen wir dieser Betrachtungsweise, gewissermaßen doch im

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