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der andere näher zu ihm hinführen will und kann: einen Lebemeister. Geistliche Menschen – sie werden gesucht, innerhalb und außerhalb der Kirche, gerade heute.

      Franz Jalics hat vielen Menschen einen Weg zu Gott, zu sich selbst und zu den Menschen gezeigt. Diesen Weg wurde er selbst geführt und ist ihn konsequent gegangen. Auf seiner eigenen Erfahrung aufbauend hat er ihn weitervermittelt. Dieser Weg ist eine Gebetsweise, das kontemplative Jesus-Gebet. Er ist aber mehr als das, er ist eine Lebensweise; eine Weise des Umgangs mit der Welt, den Menschen und sich selbst. Dieser Weg führt vom Denken zum Spüren und Wahrnehmen, von der Vergangenheit und Zukunft ins Hier und Jetzt, in die Gegenwart. So kann allmählich etwas von der Gegenwart Gottes aufleuchten, so kann der Ich-Bin-Der-Ich-Bin erfahrbar werden.

      Franz Jalics ist ein Praktiker. Seine Stärke ist weniger über das Wesen von Kontemplation nachzudenken, zu schreiben und zu sprechen, als Menschen ganz konkret, Schritt für Schritt einen kontemplativen Weg zu zeigen und sie auf ihm zu begleiten. Die Beschreibung, was im Gehen dieses Weges geschieht, was einem begegnet, wie man mit bestimmten Phänomenen, die sich einstellen, umgehen und wie man sich in bestimmten Situationen verhalten soll, damit der Weg weiterführt, ist sein Anliegen. Hilfreiche Anleitung und Begleitung eines kontemplativen Weges, darum geht es ihm.

      Diese einfache Weise des Betens und Lebens, die er zeigt, gründet zutiefst in der christlichen Tradition. Sie trifft ein Bedürfnis unserer heutigen Zeit. Die Sehnsucht nach Ruhe und Stille, nach einfachem Dasein und nach Erfahrung ist groß. Durch den Weg, den er zeigt, ist es ihm gelungen, eine in vielen Menschen lebende Sehnsucht zu stillen. Auf diesem Weg geschieht Verwandlung und Heilung. Viele Menschen haben das erfahren. In Religion, in der christlichen Religion steckt eine große transformative Kraft.

      Mit dem von ihm gegründeten Haus Gries hat Franz Jalics zudem einen heute weit über Deutschland, ja sogar über Europa hinaus bekannten Ort geschaffen, der unzähligen Menschen Bezugspunkt und Heimat geworden ist. Menschen, die dort Kurse besucht haben, fühlen sich mit ihm verbunden. In Zeiten, in denen Menschen sich mit einer Bindung an die Kirche als Ganze oder eine bestimmte Pfarrei schwer tun, sind solche geistliche Orte von Bedeutung.

      Bis heute werden in diesem Haus das ganze Jahr über kontemplative Exerzitienkurse angeboten, die nach wie vor gut besucht sind. Luxus gibt es nicht. Ausstattung und Lebensstil sind einfach. Eine Gruppe von Voluntär(inn)en macht die Hausarbeit, die Kursteilnehmer(innen) helfen mit. Es wird auch nicht auf die Armen vergessen. Projekte in Entwicklungsländern werden unterstützt. Die Atmosphäre der Stille, der Einfachheit, der Solidarität ist spürbar. Sie zieht Menschen unterschiedlicher Herkunft, unterschiedlichen Alters, unterschiedlicher Religion und Konfession an. Dort finden sie einen Raum, in dem sie zur Mitte finden können, wo das göttliche Wort hörbar werden kann.

      Mensch, Weg, Ort – diese drei Begriffe, die für mich das Lebenswerk von Pater Franz Jalics charakterisieren, scheinen mir zukunftsweisend zu sein. Wenn es der Kirche, wenn es uns gelingt, mehr davon zu haben, dann ist es möglich, die meines Erachtens große spirituelle Sehnsucht der Menschen heute aufzugreifen und „den Seelen zu helfen“ – wie es Ignatius von Loyola ausgedrückt hat, zu dessen Orden Franz Jalics gehört.

       Franz Dünzl | Würzburg

      geb. 1960, Professor für Kirchengeschichte des

      Altertums, christliche Archäologie und Patrologie

       [email protected]

       Abgrenzung oder Anpassung?

       Impulse aus der Frühen Kirche

      Den Mentalitätswandel nachzuzeichnen, der die frühen Christen aus einer ursprünglich dominierenden Fremdheit in der Welt zu einer stärkeren Integration führte, war ein Anliegen, dem ich in einer 2015 erschienenen Monographie nachgegangen bin.1 Dieser Wandel war weder eingleisig noch geradlinig, auch wenn sich, auf lange Sicht hin, doch eine klare Tendenz in Richtung einer weltlicher werdenden Kirche abzeichnete. Dennoch blieben die beiden Pole Weltdistanz und Weltverantwortung in den christlichen Milieus unterschiedlich wirksam, und das Fazit der Studie verwies seinerseits auf die notwendige Spannung, die christliche Spiritualität bleibend prägen sollte: Sie bliebe – auf persönlicher wie auch auf gesellschaftlicher Ebene – „unvollständig, wenn das Moment des Engagements oder das Moment der Weltdistanz völlig fehlen würde“,2 auch wenn deren Gewichtung sich immer wieder ändern kann oder neu justiert werden muss. Hier die rechte Balance zu finden, ist keineswegs leicht, es bedarf der „Unterscheidung der Geister“ (vgl. 1 Kor 12,10), wie ich an folgendem Beispiel zeigen will.

       Der Streit um die „Servicekirche“

      Das Thema, das die innerkirchlichen Diskussionen schon mehrfach beschäftigt hatte,3 wurde im Februar 2016 virulent,4 nachdem sich der damalige Pfarrer der Münsteraner Heilig-Kreuz-Kirche, Thomas Frings, aus seinem Amt zurückgezogen hatte, weil er u.a. in der Sakramentenpastoral nicht länger die Erwartungen und Ansprüche derer erfüllen wollte, die die Kirche als Dienstleister sehen und einen entsprechenden Service nach ihren eigenen Wünschen verlangen, ohne sich selbst nachhaltig in die Gemeinde einzubringen.

      Dieser publik gemachte Protest5 stieß nicht nur auf viel Verständnis, sondern auch auf harsche Kritik:6 Welchen anderen Auftrag hätte die Kirche denn als zu dienen?! Das kirchliche Amt sei doch nicht dazu da, Herrschaft auszuüben und den Gläubigen die „Erwartungen der kirchlichen Funktionsträger“7 aufzudrängen, mit denen sie nichts anfangen könnten; vielmehr sollten sie in ihren Bedürfnissen und ihrer Lebenswirklichkeit ernst genommen und begleitet werden. Gerade so erfülle die Kirche den Auftrag Christi.

      Das Problem lässt sich auf die Frage zuspitzen: Sollen die Bischöfe und ihre pastoralen Mitarbeiter(innen) kirchlicherseits Ansprüche formulieren, mit denen sie die Gläubigen bzw. potenzielle Interessent(inn)en konfrontieren, oder ist es ihre Aufgabe, für eine sich verändernde Nachfrage das jeweils erforderliche Angebot bereitzustellen und es nach Möglichkeit mit spirituellem Leben zu erfüllen? Je nachdem, wie die Antwort auf diese Frage ausfällt (Abgrenzung oder Anpassung?), würde es mehr oder eben weniger Taufen und kirchliche Eheschließungen sowie Zulassungen zur Erstkommunion und Firmung geben und dementsprechend eher Zufriedenheit oder Unmut bei den potenziellen Interessent(inn)en, deren Erwartungen erfüllt oder eben enttäuscht würden. Die Lösung dieser Frage liegt keineswegs auf der Hand, denn natürlich stellen Ereignisse wie eine Hochzeit oder die Geburt eines Kindes Wegmarken einer Biographie dar, die die Betroffenen aus der Alltagsroutine herausreißen und den Boden bereiten können für neue Erfahrungen und Sinndeutungen des Lebens. Die Erstkommunion und die Firmung wiederum bieten auch heute noch oft den Anlass, dass Familienangehörige, Freunde und Paten zu einem Fest zusammenkommen, um mit den Kindern und Jugendlichen zu feiern. Andererseits wird wohl niemand bestreiten können, dass die Pastoral, die gerade mit Hilfe der Sakramente diese Erfahrungen und Anlässe „in einen Deutungszusammenhang mit der Heilszuwendung Gottes bringen“ soll,8 in vielen Fällen keine dauerhafte Wirkung erzielt – und es wäre m.E. ungerecht, das pauschal der Inkompetenz der Seelsorger(innen) anzulasten, auch wenn es abschreckende Beispiele geben mag.

      Gibt es einen Königsweg in dem Dilemma zwischen „Sakramentenservice“ und „Sakramentenrigorismus“, die ein jeweils anderes Weltverständnis und -verhältnis repräsentieren?

       Frühchristliches Paradigma Katechumenat

      Nimmt man das frühe Christentum zum Maßstab, wäre die Antwort (zumindest in der Zeit vor Konstantin) der Tendenz nach klar: Die Anforderungen an die Taufbewerber(innen) waren hoch, es fand eine regelrechte Auslese statt. Das Motto lautete nicht: Möglichst schnell möglichst viele Leute taufen! Es ging vielmehr darum, das religiöse Niveau der Gemeinde zu halten. Die Taufinteressent(inn)en brauchten Bürgen (Paten), die sie auf dem mehrjährigen Weg zur Taufe

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