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Auftrag des Engels nach Galiläa zu schicken. Auf dem Weg kommt Jesus selbst ihnen entgegen, grüßt sie und bestätigt den Auftrag seinerseits. Diesem am meisten jüdisch geprägten Evangelium liegt ferner die Universalität der Sendung der Jünger zu allen Völkern am Herzen und die Zusicherung des Auferstandenen, bis zum Ende der Welt bei ihnen zu bleiben. Ein weiteres Thema ist die Entstehung des Gerüchts, die Jünger hätten den Leichnam Jesu gestohlen, um dann angesichts des leeren Grabes seine Auferstehung zu behaupten.

      • Eine eigene, von den Synoptikern unabhängige Tradition liegt im gegen Ende des 1. Jahrhunderts geschriebenen Kapitel 20 des Johannesevangeliums vor. Maria aus Magdala, die in allen Evangelien beim Kreuz Jesu steht, entdeckt das leere Grab und holt Petrus und den „anderen Jünger“. Als sie dann schließlich selbst ins Grab hineingeht, erscheint ihr Jesus, den sie zunächst nicht erkennt (Joh 20,11–18). Am Abend erscheint der Auferstandene den Jüngern, die sich aus Furcht vor den Juden eingeschlossen hatten. Später wurde dem Johannesevangelium noch ein weiteres Kapitel als zweiter Schluss angefügt. Damit nehmen seine Erscheinungserzählungen mehr Raum ein als in den synoptischen Evangelien, und mehr als dort werden Begegnungen und Dialoge des Auferstandenen mit Einzelpersonen – mit Maria Magdalena, Thomas, Petrus, dem Lieblingsjünger – berichtet.

      Die Unterschiede zwischen den Osterevangelien und den Auferstehungszeugnissen der Bekenntnistradition sind auffällig: In allen Osterevangelien kommt das leere Grab vor, die ersten Adressaten sowohl der Osterbotschaft als auch der Erscheinungen des Auferstandenen sind Frauen.10 Von einer Erscheinung vor Frauen im Sinne der Osterevangelien und von einem leeren Grab weiß Paulus nichts. Allerdings mag er, wo er in 1 Kor 15,3–8 von „allen Aposteln“ spricht, auch an Junia (Röm 16,7) und Priska (Röm 16,3; 1 Kor 16,19; 2 Tim 4,19) gedacht haben. Und unter den 500 „Brüdern“ könnten sich auch Frauen befunden haben, da das Maskulin für Männer und Frauen stehen dürfte. Ebenso fehlt bei Paulus die Emmauserzählung (Lk 24,13–35). Auf der anderen Seite kennen die Evangelien weder die Erscheinung vor 500 Brüdern noch vor Jakobus noch vor „allen Aposteln“, womit Paulus nicht nur die Zwölf, sondern alle Verkünder des Evangeliums im Blick hat.

      Wieso taucht in den Evangelien das leere Grab auf, von dem in der Bekenntnistradition nie die Rede war? Um die Zeit der Abfassung der Evangelien, also 70 bis 100 n. Chr., starben die letzten Zeitzeugen Jesu, die dann etwa auch in diesem Alter gewesen sein müssen. Deswegen könnte ein vertieftes Interesse an der Frage entstanden sein, wie jene zu ihrem Glauben an die Auferstehung Jesu gekommen waren. Den Aposteln stand, als Jesus starb, das Konzept „Auferstehung“ nicht aktiv zur Verfügung, denn sie hatten Jesus nicht verstanden, als er davon sprach, und auch nichts Genaueres wissen wollen. Es kommt ihnen auch nicht zu Bewusstsein, als die Frauen sie zum leeren Grab rufen. Tja! Es ist halt leer. Kein Licht geht ihnen auf: Der lukanische Petrus geht voll Verwunderung wieder nach Hause; das Johannesevangelium fügt erklärend hinzu, dass Petrus und Johannes noch nicht die Schrift verstanden [hatten], dass er [Jesus] von den Toten auferstehen müsse (Joh 20,9f). Die beiden werden sich wohl der naheliegenden Vermutung von Maria Magdalena anschließen, dass jemand den Leichnam Jesu aus dem Grab weggeschafft haben muss. Tatsächlich folgt aus der historischen Tatsache eines leeren Grabes nichts für die Auferstehung des darin beigesetzten Toten. Wie sollte nämlich jemand zur Erklärung des leeren Grabes auf die Idee kommen, der Tote sei deshalb nicht da, weil er auferweckt wurde und nun zur Rechten Gottes sitzt? Eine noch abstrusere Erklärung ist kaum denkbar. Das Faktum des leeren Grabes legt weder die Idee einer Auferstehung nahe noch ist es ein Beweis dafür, dass Jesus in einer vollkommen neuen Weise bei Gott lebt und von ihm zum Herrn und Messias gemacht wurde.

      Im Kontext von „Auferstehung Jesu“ ist das leere Grab nicht erforderlich. Denn es stimmt ja auch nicht, dass der tote Körper Jesu für dessen Auferstehung gebraucht würde: Weder ist Auferstehung eine Wiederbelebung des Körpers und seine Rückkehr in die irdische Geschichte, um dann am Ende des Lebens ein zweites Mal zu sterben, noch bedarf der Auferstehungsleib der Materie des Leichnams, um entstehen zu können. Paulus widmet der Frage Wie werden die Toten auferweckt, was für einen Leib werden sie haben? eine lange Antwort in 1 Kor 15,35ff: Irdischer und auferweckter Leib gehören zwei ganz verschiedenen Ordnungen an. Der Blumensamen, den wir in unseren Balkonkasten säen, hat in seiner Gestalt eines Korns nichts gemein mit der Gestalt der Blume. Same und Blume gehören unterschiedlichen Welten an, die lediglich im Tod des Samens einander berühren. Ohne diesen Tod keine Blume. So ist es auch mit der Auferstehung der Toten. Was gesät wird, ist verweslich, was auferweckt wird, unverweslich.

       Gesät wird ein irdischer Leib, auferweckt ein überirdischer Leib.

       So steht es auch in der Schrift: Adam, der Erste Mensch, wurde ein irdisches Lebewesen. Der Letzte Adam wurde lebendig machender Geist.

       Der Erste Mensch stammt von der Erde und ist Erde; der Zweite Mensch stammt vom Himmel.

       Wie wir nach dem Bild des Irdischen gestaltet wurden, so werden wir auch nach dem Bild des Himmlischen gestaltet werden.

       Damit will ich sagen, Brüder: Fleisch und Blut können das Reich Gottes nicht erben; das Vergängliche erbt nicht das Unvergängliche.

      Die notwendige Voraussetzung für Auferstehung ist der Tod. Jedoch hat der überirdische, himmlische, unverwesliche Auferstehungs„leib“ – er ist Geist – mit dem irdischen, verweslichen Leichnam nichts zu tun.

      Die Aussageabsicht der Texte Mk 16,1–8 und seiner Parallelen bei Lukas und Matthäus kann also nicht die Mitteilung der historischen Tatsache des leeren Grabes sein, weil aus ihr für eine Auferstehung nichts folgt. Doch was ist sie dann? Ich meine, dass es um die Einführung der Idee „Auferstehung“ geht, sowohl als Konzept für den Tod Jesu, der in seine Auferstehung hineinstirbt, als auch als Beschreibung der Disposition, in der Menschen, Frauen, eine solche göttliche Idee einfallen und in ihnen aufgehen kann.

      Gehen wir dieser Vermutung nach, indem wir uns zunächst die Lektüre des ältesten Osterevangeliums zu Gemüte führen: Als der Sabbat vorüber war, kauften Maria aus Magdala, Maria, die Mutter des Jakobus, und Salome wohlriechende Öle, um damit zum Grab zu gehen und Jesus zu salben. Am ersten Tag der Woche kamen sie in aller Frühe zum Grab, als eben die Sonne aufging. Sie sagten zueinander: Wer könnte uns den Stein vom Eingang des Grabes wegwälzen? Doch als sie hinblickten, sahen sie, dass der Stein schon weggewälzt war; er war sehr groß. Sie gingen in das Grab hinein und sahen auf der rechten Seite einen jungen Mann sitzen, der mit einem weißen Gewand bekleidet war; da erschraken sie sehr. Er aber sagte zu ihnen: Erschreckt nicht! Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden; er ist nicht hier. Seht, da ist die Stelle, wohin man ihn gelegt hat. Nun aber geht und sagt seinen Jüngern und dem Petrus: Er geht euch voraus nach Galiläa; dort werdet ihr ihn sehen, wie er es euch gesagt hat. Da verließen sie das Grab und flohen; denn Schrecken und Entsetzen hatte sie gepackt. Und sie sagten niemandem etwas davon; denn sie fürchteten sich (Mk 16,1–8).

      Auf den ersten Blick scheint unser Text wie ein Tatsachenbericht daherzukommen. Doch können bereits seine ersten Zeilen Zweifel daran wecken, ob er das wirklich ist: Die Salbung eines bereits in Tücher eingewickelten und beigesetzten Toten, also das, was die drei Frauen beabsichtigen, kam bei den Juden ganz und gar nicht vor.11 Ihre Absicht ist jedenfalls als Ausdruck ihrer großen Sehnsucht und Liebe zu werten, Jesus nochmals zu berühren, intensiv einzutauchen in ihre Beziehung zu ihm. Zwar waren sie bei seinem Sterben und seiner Beisetzung zugegen. Doch diese musste ganz schnell erfolgen wegen des herandrängenden Sabbats. Zeit zum Abschiednehmen hatte es nicht wirklich gegeben. Das wollen sie nun nachholen. Möglicherweise spielt auch das Motiv mit, ihre Beziehung zu Jesus auf dem bisherigen Stand zu konservieren; immerhin wollen sie „etwas zur Erhaltung des Leichnams tun“12. Wie dem auch sei: Den sie berühren werden, ist ein Toter, kalt und starr. Er ist nicht mehr „ihr“ Jesus. Wie immer ihre Motive sein mögen, ihre Aktion wird zu einem wichtigen Schritt dahin, das Gewesene los- und sich verwandeln zu lassen.

      Um ihren Plan ausführen zu können, treffen sie Vorsorge: Am Abend des Sabbats kaufen sie die wohlriechenden Öle, die sie brauchen. Merkwürdig ist

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