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der Welt statt nur im Kloster oder im Eremus.“140

      Das Ideal bestand darin,

      „wie Christus und die Apostel von Ort zu Ort zu ziehen, um das Reich Gottes zu verkünden, und keine Stelle sein eigen zu nennen, wohin man sein Haupt legen konnte.“141

      Die Wanderprediger agierten oftmals ausdrücklich im Auftrag eines Bischofs oder auch des Papstes.142 Das bedeutete allerdings nicht, dass deren Wirken immer im Einklang mit der Kirche endete.143 Das in der gregorianischen Reform grundgelegte Ideal der Armut und der apostolischen Wanderschaft wurde auch zum Wegbereiter für manche von der Kirche als häretisch verurteilten religiösen Bewegungen.144 Ihre Anhänger betrachteten sich mitunter als besonders erwählt und erleuchtet. Deshalb lehnten sie die institutionelle Kirche mit ihren Lehren, Ämtern und Sakramenten ab. Sie lehrten eine geistig-mystische Überhöhung des einzelnen Menschen, der beispielsweise von Gott nicht mehr abhängig sei.145

      Die ersten Wanderprediger traten Anfang des 12. Jahrhunderts auf, gleichzeitig mit antikirchlich manichäischen Predigern. Die Verkündigung der kirchlich gesinnten Prediger war sehr erfolgreich. Vor allem die Laien, die in der Welt lebten und arbeiteten, fühlten sich mehr zu dieser missionarisch-evangelikalen Lebensweise hingezogen. Nicht nur in der auf Innerlichkeit konzentrierten monastischen Klostergemeinschaft außerhalb der Welt, sondern auch durch missionarischen Dienst in der Welt wird die vita apostolica verwirklicht. Deshalb schlossen sich den Wanderpredigern, aber ebenso den sog. Ketzerpredigern, zahlreiche Frauen und Männer an und zogen mit ihnen durch Stadt und Land. Besonders hoch war der Frauenanteil. Das erregte jedoch öffentliches Ärgernis beim Klerus und auch bei manchen einfachen Gläubigen: „Vor allem die Beteiligung von Frauen an diesem neuartigen apostolischen Leben hat hier … das Einschreiten der Kirche herausgefordert.“146 Aus diesem Grund wurden manche Wanderprediger schließlich zu Ordensgründern. Denn

      „nur solche apostolische Wanderprediger haben im Gefüge der kirchlichen Ordnungen Anerkennung ihres Wirkens gefunden, die – sei es auf Weisung der Kirche, sei es aus eigenem Entschluss – durch die Begründung von Klöstern, Kongregationen, Orden für ihre Anhängerschaft eine neue stabile Lebensform schufen.“147

      Wanderprediger, die sich nicht der kirchlichen Ordnung anpassten und sich weigerten, den Frauen und Männern, die mit ihnen zogen, in Klöstern ein geregeltes Leben zu schaffen, hat die Kirche dagegen mit aller Schärfe als Ketzer verfolgt.148 So forderte Bernhard von Clairvaux beispielsweise, dass man Ketzer, die weder geständig noch überführt werden könnten, nach Geschlechtern getrennt zu Gemeinschaften zusammenschließen solle, in denen sie ihre Keuschheitsgelübde gemeinsam und unter Aufsicht erfüllen könnten, ohne wie bisher Anstoß zu erregen.149 Wer sich jedoch diesem Vorgehen widersetze, „der dürfe mit vollem Recht als Ketzer aus der Kirche ausgestoßen werden.“150

      Als Ketzer wurde also zunächst einmal nicht der verurteilt, der eine wirkliche Irrlehre verbreitete, sondern der einen Lebensstil führte, der der kirchlichen Ordnung widersprach. Wer sich nicht in das Gefüge der kirchlichen Ordnung einzuordnen schien, der galt als Ketzer.151

       II. Robert von Arbrissels Doppelklöster und Norbert von Xantens Prämonstratenser

      Zwei der kirchlich gesinnten Wanderprediger sollen an dieser Stelle hervorgehoben werden: Robert von Arbrissel (+ 1177), der „durch das Land, barfuss, mit wallendem Bart und Haar und in ärmlicher Kleidung“152 zog, und Norbert von Xanten (1082 – 1134)153. Sie sammelten durch ihre Predigten die „Armen Christi“ um sich, Frauen und Männer, die auf ihre Güter verzichteten und mit ihren Meistern, alle Entbehrungen auf sich nehmend, unstet umherzogen.154

      Robert von Arbrissel war zunächst Ratgeber des Bischofs von Rennes, schließlich Leiter einer Eremiten-Gemeinschaft im Walde von Craon. Im Februar 1096 erhielt er vom Papst die Erlaubnis zur Wanderpredigt: „Vier Jahre lang war Robert als Wanderprediger mit der Schar seiner Anhänger im Lande herumgezogen; überall erregte dieses Auftreten Anstoß bei der hohen Geistlichkeit. Zu Ende des Jahres 1100 war er auf einer Synode in Poitiers, die von zwei Kardinälen geleitet wurde. Unmittelbar darauf gründete er das Kloster Fontevrault, bringt seine weiblichen Anhänger dort in strenger Klausur unter und legt damit den Grundstein zu einer neuen Kongregation. Die Vermutung liegt nahe, dass über diese Frage auf jener Synode verhandelt worden war, dass Robert die gegen ihn erhobenen Vorwürfe durch die Zusicherung hatte beschwichtigen müssen, künftig nicht mehr seine Anhänger beiderlei Geschlechts mit sich herumziehen zu lassen, sondern getrennt voneinander, vor allem aber die Frauen in Klöstern unterzubringen.

      Norbert von Xanten wurde aus ähnlichen Gründen zum Ordensstifter. Nachdem er ein Jahr lang als Wanderprediger durch Frankreich gezogen war, suchte er im November 1119 auf einer Synode in Reims von dem neuen Papst Calixt II. eine erneute Bestätigung seiner Befugnis zur Wanderpredigt zu erhalten. Ob ihm diese seine Bitte erfüllt wurde, ist nicht ganz sicher. Allem Anschein nach war aber weder der Papst noch der Bischof von Laon dazu bereit, Norbert weiterhin wie bisher mit seinen Anhängern als freien Wanderprediger herumziehen zu lassen. Anschließend an die Synode von Reims versuchten sie für Norbert einen neuen Wirkungskreis zu finden, der seinen unsteten Wanderpredigten ein Ende machen und ihn und seine Anhänger in feste kirchliche Ordnungen einfügen sollte. Norbert hat in diese Pläne nur unter der Bedingung eingewilligt, dass er dabei seinen Vorsatz treu bleiben könnte: ein evangeliengemäßes, apostolisches Leben zu führen. Nachdem der Versuch, ihm die Leitung einer Gemeinschaft von Augustiner-Chorherren in Laon zu übertragen, an deren Widerstand gegen Norberts religiöse Forderungen gescheitert war, verhalf ihm der Bischof von Laon zur Gründung eines eigenen Klosters, das er nach seinen Ideen einrichten konnte. So ist Prémontré entstanden.“155

      Die durch das Wirken dieser und anderer Wanderprediger156 gegründeten Orden waren wirkliche Neugründungen im herkömmlichen Sinn. Bisherige Neugründungen – wie z.B. der Zisterzienserorden – gingen aus dem bestehenden Mönchtum hervor. Solche Neugründungen, wie die der Prämonstratenser, sind Versuche, „eine sich außerhalb der Klöster abspielende religiöse Bewegung in neue Formen klösterlichen Lebens zu fassen.“157 Da die neuen religiösen Bewegungen nicht ausschließlich Männer erfassten, sondern besonders stark die Frauen158, erwies es sich als eine dringende Aufgabe, die weiblichen Anhänger der Wanderprediger in Klöstern unterzubringen.159 Norbert wie auch Robert gründeten aus diesem Grund sog. Doppelklöster für Männer und Frauen, in denen beide Geschlechter jedoch getrennt lebten:

      „Die Frauenklöster oder Doppelklöster, die auf diese Weise aus der Wanderprediger-Bewegung entstanden, waren die ersten und für lange Zeit die einzigen Stätten, in denen die von der religiösen Bewegung ergriffenen Frauen ein Gemeinschaftsleben in strenger Askese und Ordenszucht führen konnten.“160

      In diesen neuartigen Klöstern – vor allem in denen Roberts von Arbrissel – dominierte durchaus das weibliche Element. So lag

      „die Leitung ... in den Händen einer Frau, und die männlichen Mitglieder waren hauptsächlich dazu bestimmt, den gottesdienstlichen und wirtschaftlichen Bedürfnissen der Frauengemeinschaften zu dienen.“161

      Allerdings sieht Grundmann darin auch den Grund für den schnellen Niedergang der Klöster Roberts, denn ohne den Anschluss an einen Männerorden hatten die Frauenklöster keine Chance zu einer weiteren Entwicklung gehabt.162

      Von größerer Bedeutung war die Gründung Norberts:

      „Der wichtigste und zuverlässigste Zeuge für das Wirken Norberts in den Anfängen von Prémontré, Hermann von Laon, weiß besonders zu rühmen, dass Norbert ebenso die Frauen wie die Männer der strengen Zucht seines Ordens unterstellt hat, und sieht sein überragendes Verdienst gerade darin, dass er nicht wie die Zisterzienser nur Männer, sondern auch Frauen aufgenommen hat und ihnen sogar eine noch härtere Lebensweise vorschrieb als den Mönchen, ohne dadurch den weiblichen Zudrang in seine Klöster zu hemmen.“163

      Im Prämonstratenserorden

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