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in meiner krakeligen Viertklässlerinnenschrift zu entziffern beginne. Erinnerungen aus einem Kinderzimmer ­flackern auf.

      robyn feat. Paige Courtney – stars are dead

      Erste Strophe

      With you, I never feel lonely.

      With you, I yell crazy at the stars.

      When I’m broken hearted,

      you’re always by my side.

      And you make my shitty life

      a bit better

      better

      better

      Chorus

      I just want you to know that

      without you, my stars are

      dead, all killed

      in my head

      head

      Bridge

      Take your time

      but don’t think that

      I could be alright

      Zweite Strophe

      With you, hours fly like seconds.

      With you, I jump on my bed.

      If I talk too much,

      you’re never annoyed.

      And you make my shitty life

      a bit better

      better

      better

      Chorus

      I just want you to know that

      without you, my stars are

      dead, all killed

      in my head

      head

      Bridge

      Take your time

      but don’t think that

      I could be alright

      Chorus

      I just want you to know that

      without you, my stars are

      dead, all killed

      in my head

      head

      Vielleicht ist es dir noch nicht bewusst, Paige. Aber du wirst ohne Robyn nie wieder auch nur einen einzigen Ton singen können.

      [01]

      Krankenhausrosen

      Das letzte Mal habe ich Robyn vor eineinhalb Wochen gesehen. Eine viel zu lange Zeit.

      Kaum etwas mehr als zweihundertundsechzehn Stunden.

      Das sind zwölftausendneunhundertundsechzig Minuten.

      Und zum ersten Mal gebe ich die Stunden nicht in meinen Taschen­rechner ein, sondern mache Striche. Bei jedem einzelnen seufze ich und starre auf ihn, als wäre er mein eigenes Todesurteil.

      Vielleicht ist das auch so.

      Ich schlucke meine Tränen runter, schlürfe an meinem Kaffee und starre hinaus in die Dunkelheit.

      Wenn du einmal anfängst zu heulen, kannst du nicht mehr damit aufhören.

      In diesen Tagen läuft My Chemical Romance bei mir auf und ab, in nicht enden wollender Dauer­schleife. Es gibt mir den Rest, wenn ich Geralds Stimme durch die Kopfhörer in mich aufnehme.

      For every failing sun,

      there’s a morning after,

      though I’m empty when you go.

      Ich vermisse sie so unendlich.

      ♫

      Erster Januar.

      Heute ist der Tag, an dem ich Robyn im Krankenhaus besuchen werde.

      Ich warte, bis Mom mich ruft. Da ich weiß, dass sie es in den nächsten Minuten tun wird, weil sie will, dass ich zum Essen rüberkomme. Die Uhr an meiner Wand tickt laut im Takt zu meinem stoßenden Atem und dem schnellen Herzschlag.

      »Paige? Es gibt Frühstück!«

      Schwerfällig erhebe ich mich aus meinem Bett, taumle ein paar Schritte, weil mir schwarz vor Augen wird, und halte mich an der Wand fest.

      »Paige, alles okay?«, ruft Mom besorgt.

      Nichts ist okay.

      »Ja …, ja. Ich komme!« Ich versuche, überzeugend zu klingen, mein Herz klopft schnell, als ich langsam einen Fuß vor den anderen setze und vorsichtig die Wand loslasse.

      Du lügst sie an, ohne mit der Wimper zu zucken, Paige.

      Ich kneife meine Augen zusammen, als die Stimme in meinem Kopf immer wieder laut meinen Namen sagt.

      »Ich hab Obstsalat gemacht. Das liegt nicht so schwer im Magen und hat auch nicht so viele Kalor-«, fängt sie an, aber ich unterbreche sie.

      »Mom. Hör auf. Ich mache das nicht mit Absicht.«

      Ich schiebe meinen Haarreif wieder an Ort und Stelle, massiere mir die Schläfen und lasse mich geräuschvoll auf einen der Stühle plumpsen.

      »Du vermisst sie sehr, oder?«

      Du versuchst zwar schon seit Tagen, mich in die hintersten Ecken deines Gehirns zu verbannen, aber ich bin immer noch hier und werde dich nicht wie alle Menschen um dich herum mit Lügen einlullen.

      Alle Gefühle befreien sich und wirbeln in mir herum. In meinem Kopf herrscht kreischendes Chaos.

      Ich verschlucke mich an meinem Löffel. Wie aus dem Nichts laufen mir Tränen über die Wangen und ich komme mir vor wie ein unfähiges Kleinkind, als ich mich schließlich hustend zum Mülleimer be­gebe und alles hinauskotze.

      Du würdest lügen, würdest du behaupten, es ginge dir danach nicht besser.

      »Hör auf, so zu übertreiben, Paige!« Mom steht auf und stemmt die Arme in die Seiten.

      Ich sehe sie entgeistert an.

      »Du sagst, ich soll nicht übertreiben? Robyn liegt im Koma! Sie wird wahrscheinlich nie wieder aufwachen, hör auf mit deinen Fragen. Was willst du denn hören? Denkst du, ich vermisse sie nicht, denkst du, es geht mir am Arsch vorbei, dass sie nicht hier ist? Denkst du, dass ich jetzt so tun werde, als ginge es mir gut, nur weil du meinst, ich übertreibe?«

      Mittlerweile stehe ich tränenüberströmt an der Küchentür und schreie, vor Wut, vor Trauer. Mom starrt mich nur mit weit aufgerisse­nem Mund an und dann rollt ihr eine Träne über die gepuderte Wange.

      Was Emotionen betrifft, ist sie noch nie sonderlich einfühlsam gewesen.

      Wenn Mom merkt, dass ich traurig bin, macht sie mir für gewöhnlich umgehend klar, dass ich sie zu sehr mit meinen Launen belaste und sie meine Teenageremotionen nicht ertragen kann.

      Ich bewundere Mom.

      Anders als all die anderen Leute aus meiner Klasse und deren Eltern haben wir immer eher etwas wie Zickenkrieg oder Schwestern-Hass­liebe.

      Zwischen uns gab es nie dieses typische, liebevolle Mutter-Tochter-Gefühl.

      Für Mom ist es zu unlogisch, mich zu behandeln, als wäre ich ein weniger vollständiger Mensch, weil ich jünger bin. Ich wusste schon immer, wie es um uns steht. Es geht in unseren Gesprächen um das Geld auf dem Konto oder um Moms nächste Tournee, um meine Noten oder meine Klamotten.

      Rationales

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