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der Selbstliebe wächst. Welcher Mensch wagt es, seinem geliebten Partner diejenigen Wesensanteile offenzulegen, für die er sich selbst verurteilt? Und welcher Mensch verurteilt nicht im Nächsten die Charakterzüge, für die er sich selbst verachtet? Wir wollen bei all unseren Betrachtungen niemals aus den Augen verlieren, dass die Selbstliebe immer und unfehlbar das Maß aller Dinge bleibt, erst recht das Maß aller Liebe zum anderen. Vorbehaltlose Selbsterforschung ist und sollte das beglückendste und spannendste Abenteuer sein, das Du in Deinem Leben erfahren kannst. Furchtlose Selbsterforschung führt immer zu Selbsterprobung und damit zu einer sehr intimen Erfahrung mit dem eigenen Selbst. Dort, wo die Selbstsuche einhergeht mit Angst vor ungeahnten Tiefen, da geht es immer um abgespaltene Anteile des Selbst, die bereits im Vorfeld abgespalten wurden und ein scheinbares Untergrunddasein führen, weil Selbstverurteilung –oder zumindest die Furcht davor – immer vermieden werden will. Nun, diese Verurteilung mag, oberflächlich betrachtet, aus dem Bewusstsein ferngehalten werden, im Grunde und in Wahrheit ist sie es nie. Was nicht im eigenen Selbst vorbehaltlos angeschaut, akzeptiert, ja geliebt wird, das wird im anderen wahrgenommen und verurteilt. Bewusstsein ist, es kann nie ausgelöscht oder unwirksam gemacht werden, es kann transformiert, geheilt, ›gesund geliebt‹ werden. Was aber von der Liebe berührt wird, das wird mit anderen, neuen Augen gesehen. Im Bewusstsein der Liebe ist jede Verurteilung ewig unmöglich. Und somit schließt sich der Kreis und wir sind wieder bei der Wahrhaftigkeit. Selbstliebe bringt unfehlbar das Bewusstsein des eigenen Wertes hervor, auf dem jedes Selbstvertrauen fußt. Dies macht die Wahrhaftigkeit in jeder liebenden Beziehung zur Selbstverständlichkeit. Wo Selbstvertrauen regiert, da sind dem Vertrauen in den anderen Tür und Tor geöffnet. Verurteilung wird immer nur dort erwartet und gefürchtet, wo es an Selbstakzeptanz mangelt. Ein Mensch, der mit sich selbst im Reinen ist, ist unangreifbar und bleibt immer unantastbar und völlig intakt in seinem Selbstwert. Ein solchermaßen sich selbst liebender Mensch birgt immer Segen und Bereicherung für sein Lebensumfeld, kann und wird er doch unfehlbar diese Selbstliebe an alle anderen weitervermitteln, indem er sie ausdrückt und vorlebt. Liebe bringt immer nur Segen hervor und wirkt in alle Richtungen gleichzeitig. Somit stimmt also auch der Umkehrschluss: Wo das liebevolle Feedback des anderen die Selbstliebe bestätigt und nährt, da werden sowohl die Selbstliebe als auch die Nächstenliebe erneut gestärkt und vermehrt. Und so dreht sich die Liebesspirale stetig und wunderbar in alle Richtungen weiter, höher, tiefer.

      »Wo eine Wahrheit nicht aus Liebe

      ausgesprochen wird,

      da ist die Liebe selbst die Lüge.

      Weil Wahrheit immer der Liebe dient,

      enttarnt sie Lieblosigkeit.«

      Regulus

      Treue

      Meine liebe Freundin, mein lieber Freund, als einer weiteren Tugend der Liebe wollen wir uns nun der Treue zuwenden. Ganz allgemein gesprochen stellen sich die Menschen unter dem Begriff ›Treue‹ mitunter unterschiedliche und verschiedene Wesenszüge und Lebenskonzepte vor. So mancher von Euch ist in dem grundlegenden Irrtum gefangen, die Treue zum Selbst stünde in unvereinbarem Widerspruch mit der Treue zum anderen. Im Grunde und in Wahrheit gibt es nur ein einziges Prinzip von Treue, das wirklich und wahrhaftig sinnvoll ist und unfehlbar glücklich macht: Die Treue zur Liebe selbst!

      Wer der Liebe zu sich selbst wie auch aller Liebe aus sich selbst heraus treu bleibt, der wird nie und nimmer in eine verfängliche, widersprüchliche oder unhaltbare Situation kommen. Wo wirklich Liebe ist, da sind die Bedürfnisse, Wünsche und Ziele niemals in Widerstreit miteinander. Die Selbstliebe gebietet immer die Treue zum eigenen Wesen.

      Treue zum eigenen Sosein kann auch Kompromiss bedeuten, der auf Liebe begründet niemals wie ein Opfer anmuten kann, sondern freudig gegebenes Geschenk ist. Im Zuge der in Mode gekommenen ›Selbstverwirklichungshysterie‹ (Anm. der Verfasserin: Scherzhaft gesagt) wird vielerorts das Kind mit dem Bade ausgeschüttet. Wenn Treue zu sich selbst zu Erstarrung und Sturheit mutiert, ist sie gewiss fehlverstanden. Hier wird oftmals der Gesamtkontext aller Persönlichkeitsmerkmale außer Acht gelassen und die Liebe übergangen, wo sie doch ursprünglich das Fundament allen Handelns sein sollte. Treue zu sich selbst impliziert die Treue zu allen eigenen Werten. Ihr könnt nicht behaupten, Ihr liebt die Natur und ehrt sie nicht. Ihr könnt nicht behaupten, Ihr liebt Eure Kinder und lasst sie nicht los. Ihr könnt nicht behaupten, Ihr liebt Euren Partner und erfreut Euch nicht in jedem Augenblick an ihm. Ihr könnt nicht behaupten, Ihr liebt Gott und sucht Ihn nicht. Treue ist gelebte Liebe, Treue ist ›Liebe zum Anfassen‹.

      Treue ist Konsequenz im Sein und Liebe ist hochgradig konsequent.

      Wie wir anfangs sagten, gibt es für die Liebe keine ›Auszeiten‹, die Liebe kennt keine blinden Flecken, in denen sie unwirksam wäre. Im Zuge der vielgerühmten sogenannten sexuellen Befreiung in den letzten Jahrzehnten – wir sprachen in Band I Des Menschen Wunsch und Gottes Wille davon – wurde und wird der Begriff der Treue immer wieder neu und anders definiert. Verwirrung und Unsicherheit machten sich allenthalben breit, wo doch Aufklärung das erklärte Ziel hatte sein sollen. Das Bestreben, die Sexualität von der Treue zu trennen und abzuspalten und die Treue auf eine doch recht dubiose und diffuse zwischenmenschliche psychoemotionale Ebene einzugrenzen, wird niemals fruchten, Gott sei Dank!

      Treue ist nicht der ›Preis‹ der Liebe, Treue ist ihr wärmender Umhang, ihr tiefstes Glück und ihr süßestes Geheimnis. Die Treue ist das Zuhause der Liebe. An dieser Stelle sei betont, dass es uns nicht um Verurteilung geht, wie es uns nie um Verurteilung geht, es geht nicht um Moral, sondern vielmehr um ein Verständnis der Dinge. Was wir wirklich verstehen, das verurteilen wir nicht!

      Moralische Entrüstung ist niemandem dienlich, am wenigsten dem, der sich ihrer bedient, denn sie gründet nie auf Liebe. Moralische Entrüstung bestätigt die Rechtschaffenheit, und zwar nicht etwa die des sich in Entrüstung Ergießenden, sondern vielmehr die des angeblichen ›Missetäters‹. (Anm. der Verfasserin: Scherzhaft gesagt).

      Ein liebendes Herz stört sich nicht an moralischen Prinzipien, ein liebendes Herz handelt nach ethischen Prinzipien und Werten. Wo es dem Menschen weit mehr um Moral als um Ethik geht, da hat die Bedeutung der Form längst die des Inhaltes verdrängt und somit die wirklichen Werte ausgehöhlt, sinnentleert und schließlich ad absurdum geführt.

      Ein ›untreuer‹ Mensch ist kein ›schlechter‹ Mensch. Ein ›untreuer‹ Mensch ist auch kein freier Mensch. Ein ›untreuer‹ Mensch ist auf der Suche nach sich selbst. Wir sollten und dürfen niemals die grundlegende und vollkommene Schuldunfähigkeit des Menschen vergessen. Wo Schuld wahrgenommen wird, kann immer nur Irrtum und Illusion sein. Wann immer der Mensch ein Urteil fällt, da ist er auf dem Holzweg.

      So sind wir denn bei jenem Aspekt der Treue, der den meisten von Euch wohl die größten Schwierigkeiten bereitet, der Treue zu Eurer Menschlichkeit. Die verständnisvolle und liebende Akzeptanz der eigenen Menschlichkeit führt immer und unfehlbar zur Erkenntnis der eigenen Göttlichkeit, denn Gott ist im Menschen, wie der Mensch in Gott ist!

      Gerechtigkeit

      Meine liebe Freundin, mein lieber Freund, was ist Gerechtigkeit? Gerechtigkeit – und darin sind wir uns wohl alle einig – bedeutet, dass jedem Menschen das ihm Zustehende zufließen sollte. Nun sind wir uns wohl ebenso einig darin, dass jeder Mensch das ihm Zustehende, einmal abgesehen von den großen gemeinsamen Lebensthemen, individuell und für sich selbst, vollkommen persönlich und anders definiert.

      Des Menschen grundsätzlichstes, höchstes und allererstes Recht ist das Recht auf seine Individualität, auf seine absolut ausnahmslose Einmaligkeit. Es ist des Menschen heiliges Recht, wie das jeden Wesens in der Schöpfung, ganz und gar er selbst zu sein. Dieses Recht ist so unantastbar und fundamental, weil Gott selbst Dich schuf, so zu sein, wie Du bist. Nur ein Blinder im Herzen kann glauben, einen Menschen verurteilen und somit Gott ins Unrecht setzen zu können. Er muss also im Irrtum über sich selbst sein, denn Irrtum über sich selbst hat unentrinnbar Irrtum über den anderen zur Folge. Verurteilung ist immer nur da und dort möglich, wo ein Mensch ohne Liebe angeschaut

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