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alten Kata ziehen kann.10

      Die folgenden Kata sind die wichtigsten der aus den beiden Hauptströmungen des Okinawa-te überlieferten. Die heutigen japanischen Namen stehen in Klammern.

      Aus dem Naha-te (später Shôrei-ryû), der Schule Meister Higashionnas, stammen die Kata Seishan (Hangetsu), Seienchin (Saipa), Sanchin, Sanseru, Sûpârinpai (Sûpârimpai), Kururunfa, Shisôchin, Sôchin, Jitte (Jutte), Jion und Naihanchi (Tekki). Die Kata Tenshô und Gekisai wurden erst später durch Miyagi Chôjun geschaffen.

      Aus dem Shuri-te (später Shôrin-ryû) stammen die Kata Pinan (Heian), Kûshankû (Kankû), Wanshu (Enpi), Chintô (Gankaku), Passai (Bassai), Useishi (Gojûshiho), Rôhai (Meikyô), Chinte, Jiin und Wankan aus der Schule von Meister Itosu, und die Kata Niseishi (Nijûshiho) und Unsu (Unsui) aus der Schule von Meister Niigaki.

      Die fünf Pinan-Kata wurden 1907 durch Itosu Ankô geschaffen, in der Absicht, sie für die Ausbildung im okinawanischen Schulwesen zu verwenden, wo Karate als Körperertüchtigung im Lehrplan stand. Als Grundlage hierfür verwendete er die Kata Kûshankû und Bassai. Funakoshi Gichin übernahm sie später in seinen Shôtôkan-Stil, wobei er sie in Heian umbenannte und einige Modifikationen vornahm. Nach 1930 trennte Ôtsuka Hironori sich von Meister Funakoshi, bei dem er Karate studiert hatte, und gründete den Stil des Wadô-ryû. Er gab den fünf Kata wieder ihren ursprünglichen Namen und kehrte auch hinsichtlich der Techniken teilweise zu den alten Formen der Pinan zurück.

      Um 1940 entwickelte Nagamine Shôshin zusammen mit Miyagi Chôjun, dem Gründer des Gôjû-ryû, die Kata Fukyu shôdan und Fukyu nidan.11 Diese Formen waren für Anfänger gedacht, auf die die Schwierigkeiten der Pinan-Kata allzu abschreckend wirkten. Die Shôdan-Form ähnelt im übrigen stark der Taikyoku shôdan, aber die Positionen sind wesentlich höher. In der gleichen Absicht wurden im Shôrin-ryû die Kata Gekisai, Gekiha und Kakuha entwickelt.

      Nach der großen Auswanderungswelle der Experten in verschiedene Länder und dem Ende des »feudalen« Karate, das durch den direkten Unterricht des Schülers durch den Meister charakterisiert war, kam es natürlich zu Veränderungen der ursprünglichen Stile. Dies war unausweichlich bei einer Lehre, die allein auf mündlicher Weitergabe beruht. Eine wichtige Rolle spielten in diesem Zusammenhang Unterschiede in den Auffassungen und nicht zuletzt auch im Körperbau der Experten. Doch die audiovisuellen Techniken mit ihren Vergleichsmöglichkeiten haben die zerbrechlichen Schranken zwischen den Stilen zu Fall gebracht, und somit ist heute die »Stunde der Wahrheit« für die Kata gekommen. Der beste Garant für Qualität sind alte Kata, die die Zeiten überdauert haben und die durch Meister mit starker Persönlichkeit bewahrt, weitergegeben und verteidigt wurden. Es ist angeraten, modernen Kata und allen persönlichen Interpretationen gegenüber mißtrauisch zu sein, zumindest, wenn sie von sehr jungen Experten stammen.

      Früher wurden die Kata entsprechend ihrer Zielsetzung klassifiziert. So gab es Kata für die Muskelentwicklung, für die Entspannung, Atmemkata, Kata, durch die Schnelligkeit trainiert wurde, Kata mit dem Schwerpunkt auf Blocktechniken usw. Seit es in den Karateklubs jedoch um die »Weiterentwicklung« nach Plan geht, werden sie entsprechend ihrem Schwierigkeitsgrad eingeordnet. Dies führt zu verschiedenen Irrungen: So vernachlässigen oftmals Träger des 1. und selbst schon des 2. Kyû willentlich die fünf Pinan-Kata, die als »geringer« eingeschätzt werden, um sich die »interessanteren« und ihrem Rang angemessener erscheinenden Kata Kankû oder Bassai anzueignen, ohne sich der diesen Kata innewohnenden Fehler bewußt zu sein.

      Als Funakoshi Gichin 1922 nach Japan kam, brachte er lediglich 15 Kata mit sich: die fünf Heian, die drei Tekki, Bassai dai, Kankû dai, Jion, Jutte, Enpi, Hangetsu und Gankaku. Die anderen heute im Shôtôkan-ryû praktizierten Kata wurden später hinzugefügt. Manche davon wurden anderen Stilrichtungen entnommen, die heute die Herkunft für sich reklamieren. Das führt nicht selten zu Konflikten hinsichtlich der »Orthodoxie« der Kata.

      Um in dieser Hinsicht mehr Klarheit zu gewinnen und um gemeinsame Nenner für die vielen »Katameisterschaften« zu finden, schuf man im Jahre 1986 das System der Shitei kata: Jeder der vier Hauptstile sollte seine beiden repräsentativsten und bekanntesten Kata auswählen, die als Grundlage für Meisterschaften dienen sollten und darüber hinaus auch für die offiziellen Lehrsysteme der Stile und die entsprechenden Gürtelprüfungen. Die folgenden Kata wurden ausgewählt:

      Für den Shotokan-ryû die Kata Jion und Kankû dai, für den Wadô-ryû die Kata Seishan und Chintô, für den Shitô-ryû die Kata Seienchin und Bassai und für den Gôjû-ryû die Kata Seipai und Saifa.

      Jede Bewegung einer Kata hat ihren Sinn, ihre Interpretation: das Bunkai. Mitunter ist das Bunkai offensichtlich, manchmal schwer zu erkennen, mitunter sogar trügerisch. Die jeweilige Vorläufer- und Nachfolgetechnik kann helfen, es aus dem Ablauf heraus zu verstehen, aber auch das Niveau des Praktizierenden – vor allem das geistige, weniger das physische – ist für das Verständnis von Bedeutung. Jeder Karateka, der hinreichend lange trainiert, wird erkennen, daß seine Möglichkeiten, die Bunkai zu begreifen, sich mit der Zeit verändern. Zunächst unverständliche Sequenzen in den Kata werden nach einigen Jahren der Praxis und des Nachdenkens immer klarer. Zu Beginn muß man sich mit dem vorgegebenen Schema zufriedengeben. Dieses erscheint einem schon bald als unvollständig, und doch muß man sich lange Zeit gründlich damit befassen, sich genau danach richten. Später wird einem das Schema der Bunkai als eine Möglichkeit von mehreren erscheinen, und eines Tages hat man sein persönliches Bunkai gefunden – doch ohne auch nur das mindeste an den Techniken selbst zu ändern! Man darf nicht vergessen, daß die Kata auch eine Art Rätsel ist, damit, auch wenn man sie unermüdlich wieder und wieder übt, der Geist niemals einschlummert. Es gibt sogar echte Fallen, die den Praktizierenden von wirklichem Verständnis abhalten, doch auch diese erkennt man erst mit der Zeit. Dies ist Teil der fernöstlichen Lehrprinzipien und kann unserer westlichen Geisteshaltung als übertrieben erscheinen. Doch solche Dinge selbst zu entdecken, allen Widrigkeiten zum Trotz, ist ein unvergleichlicher Lohn.

      Man sollte niemals eine Bewegung einer Kata ausführen, ohne dabei das entsprechende Bunkai im Sinn zu haben, und dies wiederum entsprechend dem erreichten Niveau. Es ist aber wichtig, immer weiter zu forschen. Mit der Zeit wird das Bunkai sich ändern. Es ist auch von Vorteil, von Zeit zu Zeit Bunkai kumite zu üben, bei dem zusammen mit einem Partner bestimmte Kata-Passagen praktiziert werden. Dabei sollte man so nah wie möglich an der Kata bleiben. Ist einem das nicht möglich, so sollte man lieber ein anderes Bunkai auswählen. Niemals sollte man sich jedoch berechtigt fühlen, die Kata zu verändern! Es gibt keine zwei Arten Karate, eine für den Kampf und eine der Kata. Tatsächlich existiert für jede Technik eine praktische und realistische Anwendung. Doch vor allem darf nie vergessen werden, auch das zu suchen, was sich hinter der Technik verbirgt.

      Dieser im Budô gebräuchliche Ausdruck bedeutet »eine Kata in drei Jahren«. Sein Sinn ist klar: Man studierte eine Kata mindestens drei Jahre lang, bevor man sich der nächsten zuwandte. Auch im chinesischen Boxen gibt es einen alten Sinnspruch, der besagt, daß man drei Jahre braucht, um die Position zu erlernen, drei weitere Jahre, um sich die eigentliche Technik anzueignen und schließlich noch drei Jahre, um ein Gefühl für die Bewegung zu entwickeln. Solche Formulierungen stellen zwar bewußte Übertreibungen dar, aber sie sollen verdeutlichen, daß die oberflächliche Annäherung an eine Kata nutzlos ist. Früher war es üblich, daß große Experten nicht mehr als drei oder vier Kata in ihrem Leben kennenlernten. Dies war mehr als ausreichend, um alles zu finden, was es darin zu entdecken gab. Es kann interessant sein, eine Vielzahl

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