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X-World. Jörg Arndt
Читать онлайн.Название X-World
Год выпуска 0
isbn 9783865068736
Автор произведения Jörg Arndt
Жанр Религия: прочее
Издательство Автор
„Ich freue mich, dass du gewonnen hast“, sagte Lutz, „aber nun schlaf dich erstmal aus!“
„Von wegen, ich muss zur Arbeit!“
„Na dann, viel Spaß. Mir reicht’s für heute.“
Der Wirt öffnete die Tür für seinen letzten Gast und blickte hinaus. Ein schmutzig-grauer Sonntagmorgen dämmerte über der Stadt.
Zufrieden schloss Lutz ab und schaltete die LED-Anzeige im Fenster auf „closed“. Fast 24 Stunden war er jetzt auf den Beinen, aber es hatte sich gelohnt. Nicht nur, weil heute so viele Gäste hier gewesen waren, sondern vor allem, weil die Presse über ihn und das Event berichten würde.
Das Bit & Bytes war auf dem besten Weg, ein angesagtes Szenelokal zu werden. Natürlich für eine sehr spezielle Szene. Hier trafen sich diejenigen, die ihre Nächte normalerweise vor dem Bildschirm verbrachten. Gamer, Hacker und Computernerds. Manchmal war es gut, sich von Angesicht zu Angesicht zu sehen; Informationen nicht online weiterzugeben, keine Spuren im Internet zu hinterlassen. Ein Treffen im RL hatte unbestreitbare Vorteile.
Lutz grinste bei seinem letzten Gedanken. Ein normaler Mensch würde mit dieser Abkürzung nicht viel anfangen können, mit dem die Spieler das wahre Leben, das „Real Life“, bezeichneten. Auch sonst hätte der Durchschnittsbürger wohl Mühe, den Gesprächen im Lokal zu folgen, die sich meist um aktuelle Computerspiele, die neueste und schnellste Hardware und ähnliche Dinge drehten.
Das war auch nicht weiter schlimm, denn man blieb gerne unter sich – nicht zuletzt, weil hier vieles besprochen wurde, was eindeutig jenseits der Legalitätsgrenze lag. Cracks und Raubkopien gehörten da noch zu den harmloseren Dingen, richtig spannend wurde es erst, wenn die Hacker zu später Stunde über selbstverfasste Viren oder Einbrüche in geschützte Computersysteme diskutierten.
Der Angriff auf die deutsche Börse, der im vergangenen Jahr für Schlagzeilen gesorgt und beinahe eine Wirtschaftskrise hervorgerufen hatte, war in diesem Lokal vorbereitet worden.
An diesem Tresen waren die ersten Skizzen für „triple6death“ entstanden, einem der gefährlichsten Trojaner, der je sein Unwesen im Internet getrieben hat – und Lutz war maßgeblich daran beteiligt gewesen. Er verstand eine Menge von diesen Dingen.
Aber allein von einer Handvoll Hackern, die hier gelegentlich ein Bier tranken, konnte der Laden nicht existieren. Darum war Lutz auf die Idee mit den „eGames-Berlin“ gekommen, und er hegte die Hoffnung, dass sich die neu gewonnene Popularität seiner Kneipe recht bald in deutlich höheren Umsätzen niederschlagen würde.
Obwohl er schon so lange auf den Beinen war, fühlte er sich erstaunlich fit, was wohl auf die Auswirkungen illegaler Substanzen zurückzuführen war, die er gelegentlich zum Einsatz brachte. Er zapfte sich ein Bier – wenn Gäste in seinem Lokal waren, trank er grundsätzlich keinen Alkohol – und schaltete sein Notebook ein.
Von der Funkausstellung hatte er diesmal nicht viel mitbekommen. Allerdings interessierte ihn die offizielle Berichterstattung eher wenig. Stattdessen verfolgte er die Blogs einiger Bekannter, die ähnlich dachten wie er. Besondere Sensationen schien es in diesem Jahr nicht zu geben, und er wollte gerade abschalten, als sein Interesse plötzlich von einer kleinen Meldung geweckt wurde:
Ron Schäfer gesichtet! Der Star der Onlinewelten, der nach dem Skandal um „Wargames“ von der Bildfläche verschwunden ist, wurde am Samstag auf der IFA gesehen. Angeblich hat „Future Computing“ ihn zu einem Meeting eingeladen. Ob man für Rons nächste Welt einen Cyberhelm braucht? Wir sind gespannt.
Lutz’ Gesichtszüge verfinsterten sich.
Mit diesem Mann hatte er noch eine Rechnung offen.
2. JONTES WÜNSCHE
Ron arbeitete voller Energie an seiner neuen Welt. Mittlerweile war der anfängliche Schöpfungsrausch verflogen und hatte einer konzentrierten Stetigkeit Platz gemacht. Das war nichts Neues für ihn und lief häufig so. Bei den meisten Projekten kam schon nach wenigen Tagen ein vorzeigbares Ergebnis heraus, während die Arbeit an den Details oft Wochen in Anspruch nahm. Aber gerade diese Details waren es, die eine mittelmäßige Software von einer wirklich guten unterschieden.
Es klingelte an der Tür, und er erhob sich, um zu öffnen. Vor ihm standen Lisa und Jonte. Es gab ihm einen Stich ins Herz, als er seine attraktive Exfrau vor sich sah. Er liebte sie nach wie vor, aber er hatte einsehen müssen, dass sie mit keinem Mann zusammen sein wollte, der mehr Nächte an seinem Computer als in ihren Armen verbrachte.
„Hallo Lisa“, sagte er freundlich, „ist denn heute schon Freitag?“
Sie funkelte ihn an und warf ihre dunkelblonden Locken mit einer energischen Kopfbewegung in den Nacken. „Allerdings“, schnaubte sie. „Sag nicht …“ Sie ließ den Satz unvollendet, doch ihre Körperhaltung sprach Bände.
„Nein, nein, alles gut, ich freue mich!“, sagte Ron schnell und streckte die Arme nach seinem kleinen Sohn aus. „Wir werden bestimmt viel Spaß haben, was, Jonte?“
Der Junge strahlte. „Klar, Papa! Ist die Welt fertig, die du mir versprochen hast?“
„Noch nicht ganz, aber du kannst sie schon ausprobieren. Du wirst staunen!“
„Und lass das Kind nicht wieder das ganze Wochenende vor dem Computer sitzen, hörst du?!“, sagte Lisa. „Draußen ist schönes Wetter, geht in den Park oder unternehmt etwas zusammen!“
„Ja, Mama!“, sagte Jonte ungeduldig. „Papa soll mir ja nur die Welt zeigen, die er für mich programmiert hat!“
„Mach dir keine Sorge, Lisa“, sagte Ron. „Ich achte schon darauf, dass er nicht zu viel am Bildschirm sitzt …“
„Davon bin ich überzeugt“, fauchte Lisa und drückte ihm einen kleinen Koffer in die Hand. „Ich hole ihn am Sonntag wieder ab.“
Sie drehte sich um und rauschte davon, ohne Ron Zeit für eine Erwiderung zu lassen.
Er grinste in sich hinein. Sein Sohn würde an diesem Wochenende wirklich nicht viel vor dem Bildschirm sitzen. Schließlich hatte er ja jetzt einen Cyberhelm.
Ron war gespannt, wie Jonte die Demo-Welt gefallen würde. Er schloss die Haustür, stellte den Koffer in den Flur und ging in sein Arbeitszimmer, das der Kleine bereits zielsicher angesteuert hatte.
„Na, wie ist es, willst du nicht erst mal was essen? Ich habe unser Super-Spezial-Gericht eingekauft!“ Aber sein Sohn war nicht bereit, noch länger zu warten.
„Nein Papa“, sagte er energisch. „Du musst mir jetzt das neue Spiel zeigen. Ich habe schon so lange darauf gewartet!“
„Na gut“, sagte Ron. Der Eifer seines Sohnes amüsierte ihn.
„Vorher muss ich dir aber noch ein paar Dinge erklären. Du bekommst gleich diesen Helm auf. Ich hoffe, er passt einigermaßen …“
Jonte blickte mit großen Augen auf den geheimnisvollen schwarzen Gegenstand, den sein Vater in den Händen hielt. „Cool“, sagte er beeindruckt.
„Sei vorsichtig damit, das ist ein Prototyp“, mahnte ihn sein Vater.
„Ja, ganz bestimmt“, flüsterte der Kleine ehrfürchtig.
„Außerdem bekommst du Cyber-Handschuhe und diese Gamaschen an. Damit steuerst du das Spiel. Jede Bewegung, die du machst, wird vom Computer direkt umgesetzt.“
Jonte nickte stumm. Er war fasziniert und konnte es kaum erwarten, die Sachen auszuprobieren.
„Sobald du den Helm aufsetzt, kannst du mich nicht mehr hören und ich dich auch nicht mehr. Wenn du zu mir sprechen willst, tust du Folgendes …“
Ron