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mit einem untrüglichen Gefühl der Zuversicht, dass sie endlich ihre Bestimmung gefunden hatte, auf den Beifahrersitz gleiten.

      Eine sanfte Hunter-Hays-Melodie erklang aus Marks Lautsprechern, während der Porsche auf die Golfküste zuhielt.

      Reggie kuschelte sich in das italienische Leder und betrachtete die leuchtend roten Streifen am westlichen Horizont. Konnte das Leben perfekt sein? Oder fast perfekt? Das erste Mal, seitdem Mama gestorben war, als sie noch ein Kind gewesen war, ergab ihr Leben einen Sinn. Oder? Aber sicher doch.

      Mit Al eine Firma zu gründen und an dem Challenger zu arbeiten, hatte ihr Halt gegegben, hatte ihre Ruhelosigkeit gezügelt. Ihr Herz hatte aufgehört zu fragen, ob da noch etwas sei.

      »Gestern habe ich mit Eric Backlund Golf gespielt.« Mit seinen dreißig Jahren war Mark einer der führenden Immobilienunternehmer in Florida. Er aß mit Kongressabgeordneten zu Mittag und spielte mit Vorstandsvorsitzenden Golf. Er entwickelte sich immer weiter fort von dem knochigen Schlüsselkind mit den traurigen Augen, das in einem gammeligen Wohnwagen gelebt hatte.

      »Hat er immer noch ein Handicap von sieben?«, fragte sie. Ihr ehemaliger Chef nutzte jede Gelegenheit, um den Leuten in seinem Büro zu erzählen, wie gut er doch darin war, einen kleinen weißen Ball mit einem dünnen Schläger sonstwohin zu befördern.

      »Er hat nach dir gefragt. Er wollte wissen, wann du wiederkommst.«

      »Wenn ein Schneesturm Tallahassee begräbt.« Sie öffnete ihr Fenster. Die feuchte Luft flog an ihrem Gesicht vorbei und kühlte die aufkommende Hitze in ihrer Unterhaltung.

      »Reg, nun komm schon. Du musst klug sein, an die Zukunft denken. Ja, bravo, du hast einen Oldtimer restauriert.« Er nahm für einen kurzen Applaus die Hände vom Lenkrad. »Du hast dir und allen anderen bewiesen, dass du es mit den großen Jungs aufnehmen kannst. Aber jetzt ist es Zeit, an deine Zukunft zu denken.«

      »Noch nicht mit den ganz großen Jungs. Wir haben einen einzigen Wagen restauriert. Und dein Sarkasmus ist mir egal.« Wollte er sie im selben Atemzug ermahnen und ernüchtern?

      Reggie ignorierte das Schuldgefühl, das anklopfte, das Streben in ihr, allen gefallen und sich fügen zu wollen. Das zu tun, was andere von ihr erwarteten, hatte sie überhaupt erst in diese ganze Wirtschaftsprüfergeschichte hineingebracht. Daddy hatte gedacht, es sei ein guter Beruf für sie. Er hatte Recht gehabt. Eine Zeitlang. Aber sie hatte ihre Lektion gelernt. Jetzt war sie an der Reihe. Jetzt war es Zeit, das zu tun, was sie wollte.

      »Ein bisschen Sarkasmus hilft manchmal dabei, blinde Augen sehend zu machen«, sagte Mark.

      »Komisch, dass Jesus nie welchen gebraucht hat, als er herumging, Gutes tat und Leute heilte.« Sie wandte sich ihm zu. »Schau her, Mark, ich gehe nicht wieder zu Backlund & Backlund zurück. Auch nicht, wenn das mit der Autorestauration nicht klappen sollte. Also schlag dir das aus dem Kopf. Oder aus den Köpfen anderer Leute. Da tüte ich lieber im Supermarkt Einkäufe ein.« Sie lehnte sich zurück und sah nach vorne, beobachtete, wie die Scheinwerfer eine Schneise in die Dunkelheit schlugen, und spürte, wie sich das Wohlgefühl von eben auflöste.

      »Na gut, dann vergiss die Buchhaltung«, sagte Mark. Seine Stimme machte sich für Plan B bereit. Sie kannte Mark nun seit fast zwanzig Jahren, und er hatte immer einen Plan A und zusätzlich einen Plan B, C, D und E. »Aber Reg, um Himmels willen, Autos? Noch dazu alte Autos? Du bist zu klug und zu talentiert und viel zu schön, um den ganzen Tag im Blaumann zu stecken und den Kopf unter einer stinkenden Motorhaube zu versenken.« Er verlangsamte die Fahrt und lehnte sich nach vorne, um einen Wegweiser an einer Nebenstraße besser sehen zu können, der hinter einem Baum versteckt war.

      »Du kannst gut mit Menschen«, fuhr er fort. »Sie gehen einfach auf dich zu und erzählen dir ihre Geschichte. Erinnerst du dich an die Frau aus meinem Büro bei der Weihnachtsfeier im letzten Jahr? Sie hat dir in der Schlange am Büfett mal eben ihre Lebensgeschichte erzählt. Die redet immer noch von dir.« Er schüttelte den Kopf und gab Gas, während er auf der Suche nach dem nächsten Wegweiser den Hals reckte. »Wie wäre es, wenn du in die Politik gingst?«

      »Ha! Politik? Da würde ich dann doch lieber für die Gauner der freien Wirtschaftsprüfer von Backlund & Backlund arbeiten.

      »Haha. Backlund hat einen tadellosen Leumund, und das weißt du auch.«

      »Selbst wenn das nicht so wäre, würde ich lieber für sie arbeiten, als in die Politik zu gehen.« Sie sah Mark an. »Kennst du mich denn so gar nicht? Nach all den Jahren?«

      »Doch. Ich kenne dich. Vielleicht kenne ich dich sogar besser, als du dich selbst kennst. Reg, du wärst eine gute Politikerin. Du würdest dir mehr Gedanken um die Menschen machen, als um deine eigene Macht oder deinen Wohlstand.« Er bremste am nächsten Straßenschild und bog von der Straße nach links in eine weiche, sandige Auffahrt ab. Mit einem Knurren schaltete er herunter. »McCandless managt millionenschwere Bauvorhaben. Man sollte meinen, er könnte seine eigene Auffahrt pflastern lassen.«

      Aber er hatte zu früh gejammert. Das Auto kam auf einer Lichtung heraus, und sie fanden sich auf einer geschwungenen Kiesauffahrt wieder, die sich unter einem Säulengang auf den Haupteingang zuschlängelte.

      Reggie sah durch die Windschutzscheibe zum Obergeschoss mit seinen hohen Regenrinnen. »Ein Palast, hier in Wakulla County.« Sie lachte. »Und ich dachte, ich hätte schon alles gesehen.«

      »McCandless ist ein bisschen exzentrisch, aber er kennt sich mit Immobiliengeschäften aus.«

      »Lass mich raten. Du möchtest, dass er dir bei einem deiner Projekte den Rücken stärkt.«

      »Ein Projekt drüben auf St. George.« Mark legte den Leerlauf ein, während ein Angestellter in einer roten Uniform die Treppe am Haupteingang heruntereilte. Ein zweiter Bediensteter öffnete Reggies Tür. Ihr Magen meldete sich, als sie das kräftige Aroma von gebratenem Fisch roch.

      »Angestellte«, sagte sie, als Mark auf ihre Seite kam und zusah, wie der Mann seinen Wagen wegfuhr. »Schick, schick. Das ist jedenfalls nicht typisch Wakulla County.«

      Wakulla County, das waren Rednecks, Hinterwäldler, wie die Menschen hier spaßhaft genannt wurden. Keine Dienstboten, die die Freitreppe zum Haupteingang eines Palastes heruntereilten.

      »Das alles hier …«, Mark legte ihr einen Arm um die Taille, »das alles hier wird eines Tages genau meine Kragenweite sein, Baby.«

       Baby?

      »Nun ja, meine jedenfalls nicht.« Reggie wand sich aus seinem Arm und ging vor ihm einen beleuchteten Weg entlang. Vielleicht litt sie ja unter Verfolgungswahn, aber ihr kam es so vor, als wollte Mark sie Stück für Stück in seine Feine-Pinkel-Landschaft hineinmalen. In eine Umgebung, in die sie nicht hineingehörte. Was war los mit ihm? Wann hatte sich die Atmosphäre zwischen ihnen verändert? Sie waren jetzt schon so lange befreundet. Und zwar nur befreundet.

      Obwohl sie eine »Verabredungs-Verabredung« hatten. Wenn einer von ihnen eine Begleitung zu einer Hochzeit, Weihnachtsfeier, einem Familienfest oder einer geschäftlichen Veranstaltung brauchte und sonst niemanden fand, kam der andere mit. Aber Mark hatte eine Menge Freundinnen. Er war schon mit vielen Traumfrauen ausgegangen.

      »Hast du mal wieder was von Monica gehört?«, fragte Reggie beiläufig, als er zu ihr aufschloss. Mark hatte die dunkelhäutige Schönheit bei einem Mittagessen im Kongress getroffen, und Reggie hatte ihn hinterher vier Monate lang nicht mehr gesehen. »Ich dachte, sie wäre vielleicht die Richtige.«

      »Sie ist wieder nach Hause gezogen und hat sich mit ihrem Freund vom College verlobt.«

      »Was, schon? Das ging ja schnell.«

      »Ich war nur ein Trostpflaster, und ich habe ehrlich gesagt auch nie eine Zukunft für uns gesehen.« Mark berührte sie am Ellbogen und lenkte sie behutsam den Weg hinunter zu einem weißhaarigen Mann, der aussah wie Colonel Sanders, dem Gründer und Gesicht von Kentucky

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