Скачать книгу

Mimi. »Irgendwo in der Stadt gibt es jetzt vermutlich einen etwas bleichen Hamster mit sehr spitzen Eckzähnen, der demnächst herausfinden wird, dass er das Tageslicht meiden sollte.«

      »Oh nein, der Arme!«, rief Tom. »Können wir da gar nix machen?«

      Die Erfahrung hat gezeigt, dass das gar nicht nötig ist, meldete sich da wieder die Mumie zu Wort. Bedenke, junger Freund, dass der kleine Hamster nun ewig leben wird, zudem die Kräfte eines kleinen Bären hat, und bald wird er auch herausfinden, dass er sich des Nachts in Gestalt einer Fledermaus in die Lüfte erheben kann. Bislang waren alle Tiere, denen dieses Schicksal widerfuhr, hocherfreut.

      »Okay, so gesehen«, murmelte Tom. Er selbst hatte ja auch schon öfter darüber nachgedacht, wie es wohl wäre, wenigstens eine dieser Superkräfte zu besitzen, über die seine untoten Freunde im Überfluss verfügten. Doch auf der anderen Seite merkte Tom täglich, dass er als normaler Mensch auch Vorteile hatte. Er konnte unbehelligt vom Sonnenlicht am Tag herumspazieren, verwandelte sich bei Vollmond nicht in eine reißende Bestie, und, im Gegensatz zu Mimi, konnte er Dinge anfassen und festhalten, ohne einfach hindurchzugleiten.

      »Ihr meint also, dem Hamster, den Vlarad gebissen hat, geht’s gut?«, fragte Tom verwundert in die Runde.

      »Schau uns an«, lächelte Mimi, »sehen wir unglücklich aus?«

      Tom lächelte zurück. »Nein. Wirklich nicht.«

      »Siehst du. Und dem Vampirhamster wird’s auch gutgehen. Der wird sogar richtig Spaß haben, glaub mir.«

      »Na gut«, sagte Tom, »so weit der Vampirhamster, bleibt nur noch unser Hamstervampir.«

      Er sprang vom Sarg und rubbelte die Hände aneinander. »Dann machen wir es so. Mimi, du übernimmst bitte zusätzlich Vlarads Position. Wenn eine Gondel hier an der Kerker-Deko vorbeifährt, gleitest du durch den Sargdeckel und schwebst links die Gleise entlang und um die Ecke. Wenn die Gondel dann an deiner eigentlichen Position vorbeikommt, lässt du sie durch dich hindurchfahren und gleitest dann durch den Boden ungesehen zurück zu Vlarads Sarg. Das sollte in wenigen Sekunden machbar sein, sodass du bereit bist, wenn die nächste Gondel kommt, oder?«

      »Yes, Sir«, antwortete das Geistermädchen breit grinsend und deutete ein Salutieren an.

      »Danke dir.« Tom wandte sich an die Mumie. »Hop-Tep, du bist doch so irre begabt mit Nadel, Faden und Make-up. Könntest du dem Hamster-Vlarad vielleicht ein Ratten-Cosplay basteln? Ich finde, so eine dicke Ratte würde sich in der Deko super machen.« Er blickte zu dem Hamster. »Also, wenn es für dich okay ist, Vlarad, dass du als Ratte arbeitest, bis du wieder zurückverwandelt bist?«

      Der Hamster nickte sehr unhamsterartig, und Tom musste grinsen. »Supi, danke dir. Wenn wir den Magnetverschluss aus dem Sarg ausbauen, könnte unsere Riesenratte vielleicht sogar selbst den Deckel anheben und rauskrabbeln. Ginge das, Hop-Tep?«

      Das sind zwei sehr hübsche Ideen, junger Freund, und ich werde mich umgehend daranmachen, antwortete die Mumie.

      Tom schnaufte erleichtert durch und schaute zu den anderen. »Also, war’s das, oder haben wir sonst noch irgendwelche Probleme?« Natürlich erwartete er nun nichts anderes als ein vielstimmiges »Nein, alles okay, Tom«.

      Stattdessen antwortete Mimi mit einem verdrucksten »Na ja …«, und Tom sah sie groß an.

       Kapitel 3: Der Getodstag

      Hop-Tep, Welf und Wombie standen stumm in Toms Zirkuswagen. Der Zombie hatte seinen Kuschelhasen Odor bequem in der linken Armbeuge platziert, und in der rechten saß Vlarad der Hamster. Daneben schwebte Mimi.

      Vor ihnen im Bett kniete Tom und vollführte schon seit ein paar Minuten eine seltsame Übung. Er richtete sich auf, hob die Arme in die Luft und ließ sich dann ein ums andere Mal mit dem Kopf voran in sein Kissen plumpsen. Dort angelangt rief er ein dumpfes »Warummmmm?« in die Federn, schnaufte ein Mal geräuschvoll durch, richtete den Oberkörper wieder auf und wiederholte das Ganze immer und immer wieder.

      »Also wenn du die Antwort auf deine Frage wissen willst«, setzte Mimi schließlich an.

      Ohne den Kopf aus dem Kissen zu heben, streckte Tom beschwörend eine Hand aus und klappte seinen Zeigefinger hoch. »Moment«, mumpfte es dumpf aus dem Kissen. Er raffte sich auf und stellte sich aufrecht hin. Abermals breitete er die Arme aus und ließ sich dann aus dem Stand einfach nach vorne fallen. Sein Gesicht landete zielsicher direkt im Kissen, und er brüllte ein allerletztes, tief empfundenes »Warummmmmmmppffffff…« hinein. Ein paar Sekunden lang war es still.

      Dann erst atmete Tom ein letztes Mal tief in das Kissen, richtete sich schließlich auf und setzte sich auf die Bettkante. Er verschränkte die Beine und legte die Hände in den Schoß, und eigentlich wirkte er nun wieder wie ein ganz normaler vierzehnjähriger Junge. Bis auf das seltsam schiefe Lächeln, das eher wahnsinnig als freundlich wirkte.

      »Äh … alles okay, Tom?«, fragte Mimi vorsichtig.

      »Nein, Mimi, gar nichts ist okay«, antwortete Tom immer noch seltsam lächelnd, »aber es macht überhaupt keinen Sinn, euch zu erklären, was nicht okay ist. Also übergehen wir das doch einfach und legen direkt los mit unserem nächsten Problem.«

      Mimi schüttelte energisch den Kopf. »Nein, das ist doof! Ich will wissen, warum du so komisch bist.«

      »Na gut«, seufzte Tom, »ich versuche es mal zu erklären, obwohl ich genau weiß, dass es überhaupt keinen Sinn hat und wir damit nur wertvolle Zeit verlieren.«

      Er deutete in die Runde. »IHR WUSSTET genau, dass unser geschätzter Zombiefreund Wombie in wenigen Tagen seinen hundertsten Getodstag feiert. Oder sollte ich sagen feiern muss. Richtig?«

      Alle nickten, außer Wombie. Aber Tom wusste genau, dass der Zombie alles mitbekam, auch wenn er aussah, als würde er gerade nur seinen halb offenen Mund durchlüften.

      »Schön. IHR WUSSTET außerdem lange vor mir, dass der hundertste Getodstag eines Zombies mit einem ganz bestimmten Ritual gefeiert werden muss, weil der Zombie sonst sein untotes Leben verliert und nie wieder erweckt werden kann, richtig?«

      »Auch richtig«, antwortete nun Welf. »Aber warum …«

      »WEIL«, unterbrach ihn Tom schroff, »… weil ihr mir das also alles schon vor Wochen in aller Ruhe hättet erzählen können und nicht erst jetzt! Ich aber stand nichts ahnend in der Geisterbahn, wir hatten gerade erst das Hamsterproblem halbwegs gelöst, und nur weil ich mehr so aus Spaß nachgefragt habe, was denn sonst noch so ansteht, bekomme ich ganz nebenbei erzählt, dass unser armer Wombie hier in wenigen Tagen für immer zu Staub zerfällt, wenn wir nicht dieses Ritual durchführen! Da ist es doch völlig klar, warum ich … Da würde doch jeder … Ihr müsst doch verstehen, wieso ich … d… grmpf.«

      Tom unterbrach sich, als ihm lauter verständnislose Augen entgegenblickten. »Ihr versteht mich wirklich nicht, oder?«

      Alle schüttelten den Kopf. Unwillkürlich schaute Tom zu Wombie, und zu seinem Erstaunen schwenkte auch der den Kopf langsam, aber sichtbar einmal hin und einmal her.

      Okay, selbst der Zombie, um dessen untotes Leben es hier ging, konnte nicht nachvollziehen, wo das Problem lag. Das gab Tom den Rest.

      »Vielleicht sollte ich es in mein Handy sprechen und euch dann so oft vorspielen, bis ihr es verstanden habt«, murmelte Tom matt.

      »Oder du erklärst es uns einmal so, dass wir verstehen, was du meinst«, grummelte Welf. »Wenn du das aber nicht kannst, dann lass uns doch jetzt mal loslegen, denn wir haben nur noch ein paar Tage Zeit.«

      Da sprang Tom auf und deutete zitternd auf Welf. »Hahaaaa! Da! Da hört ihr es! Genau das meine ich! ›Wir haben

Скачать книгу