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tragen wird, und den Hammer Mjöllnir, eine Waffe von großer Macht, die nach jedem Wurf wieder in die Hand ihres Besitzers zurückkehrt. Doch bei der Fertigung wurde derjenige Bruder, der in den Glutofen blasen musste, von einer lästigen Fliege abgelenkt, weshalb der Griff Mjöllnirs etwas kurz geraten ist. Trotzdem wird der Hammer als schönste aller Waffen angesehen, und die Götter entscheiden, dass nur Thor, der Beschirmer vor den Riesen, sein Besitzer sein solle. Als Loki anschließend versucht, der Begleichung seiner Wettschuld bei den Zwergenbrüdern zu entgehen, kann er zwar seinen Hals retten, aber zur Strafe werden seine Lippen zusammengenäht.

      Bei einem kritischen Blick würde sich dieser Mythos in hohem Maße als Erfindung Snorris entlarven. Doch die aufwendigen Details der Erzählung sind bestechend, zum Beispiel, dass dem Werkzeug Namen gegeben werden, und dass Lokis Lippen schließlich mit einem Riemen zusammengenäht werden. Dass der Griff Mjöllnirs zu kurz geraten sei, war eine weit verbreitete Annahme, die auch in einer separaten dänischen Überlieferung zu finden ist, wie bei Saxo Grammaticus, wo der Fehler als Folge einer Schlacht zwischen Göttern und Riesen erklärt wird, bei welcher der Hammer beschädigt wurde. Auch für den Namen ‚Mjöllnir’ werden mehrere Erklärungen geboten: eine ist, dass sich der Name vom altnordischen Wort mjöll ableitet, was ‚Neuschnee’ bedeutet; eine andere, besonders ansprechende Erklärung besagt, dass er eine Verfälschung des altslawischen Wortes mluniji (russisch: molnija) sei, was „Blitz“ bedeutet, einen der wesentlichen Aspekte Mjöllnirs.

      Mjöllnir ist Gegenstand noch eines anderen Mythos, in welchem seine heilige, rituelle Funktion beschrieben wird; aber auch hier sind bereits Zweifel an der Authentizität dieses Mythos aufgekommen. In diesem Falle liegt das Problem allerdings genau umgekehrt, da dieser Mythos nur in einem einzigen Eddalied auftritt und bei Snorri keine Erwähnung findet. Die ‚Þrymskviða’ (Thryms Lied) erzählt vom Diebstahl von Thors Hammer durch einen Riesen und von der List, die sich die Götter erdachten, um ihn zurückzuerlangen. Es ist eine ausgesprochen witzige Erzählung, in deren Verlauf Thor tief erniedrigt wird. Diese Respektlosigkeit veranlasste einen Wissenschaftler anzunehmen, dass es sich um die Verballhornung eines altnordischen Mythos durch einen christlichen Verfasser handelt, der möglicherweise auch Snorri selbst gewesen sein könnte.17 Gegen diese Behauptung wurde angeführt, dass das Bild der Götter in heidnischer Zeit nicht zwangsläufig auf den feierlichen Ernst beschränkt war, der für den christlichen Glauben charakteristisch ist; in der Tat wurde das Possenspiel an sich in den altnordischen Mythen durchaus geachtet. Ein komisches, respektloses Verhalten der Götter ist durchaus ein besonderes Merkmal einiger Eddalieder, bei denen man von einer Niederschrift vor der Bekehrung ausgeht.

      In der ‚Þrymskviða’ stellt Thor beim Erwachen fest, dass sein Hammer fehlt. Daraufhin borgt sich Loki von der Fruchtbarkeitsgöttin Freyja einen magischen Umhang, der ihn befähigt zu fliegen. Im Land der Riesen trifft er auf Thrym, der zugibt, Mjöllnir gestohlen und acht Meilen unter der Erdoberfläche vergraben zu haben. Thrym will den Hammer nur dann zurückgeben, wenn er Freyja zur Braut bekommt – ein Antrag, den die Göttin bei Lokis Rückkehr erbost zurückweist. Die Götter beratschlagen, was zu tun sei, und Heimdall schlägt vor, Thor als Freyja zu verkleiden, damit er seinen Besitz zurückholen und gebührende Rache nehmen könne. Thor ist wenig begeistert über diesen Vorschlag, aber als Loki ihn daran erinnert, dass ‚bald Riesen im Ratersaal [sitzen], holst du nicht heim den Hammer dir’, gibt er nach.18 Thor, als Freyja verkleidet, macht sich mit Loki, der wie eine Magd gekleidet ist, in seinem Streitwagen auf den Weg. Sie kommen an, begleitet von einer Feuersbrunst und einem die Erde erschütternden Lärm, und der Riese glaubt, es sei seine Braut, die sich nähert. Auf Thryms Hof wird Thor mit einem Festmahl begrüßt, bei dem er einen Appetit zeigt, der dem Riesen etwas merkwürdig erscheint. Nachdem Thrym versichert wurde, dass Freyja tagelang so aufgeregt gewesen sei, dass sie nichts habe essen können, fragt er nach ihren Furcht erregenden, feurigen Augen, worauf ihm wiederum versichert wird, dass Freyja seit längerer Zeit auch nicht geschlafen habe. Thryms Schwester kommt herein und fordert ein Geschenk von der zukünftigen Braut. An diesem Punkt besteht Thrym darauf, Mjöllnir auf Thors Schoß zu legen, um die Ehe zu segnen und damit – vermutlich – der Braut Fruchtbarkeit zu bringen. Thor hingegen hat anderes mit Mjöllnir im Sinn und richtet verheerende Verwüstungen an, wobei er Thrym, dessen Schwester und die ganze Sippe des Riesen tötet.

      Obwohl nirgendwo sonst auf diese possenhafte Erzählung Bezug genommen wird, ist die Existenz eines Riesen namens Thrym mit ziemlicher Gewissheit keine Erfindung Snorris, da Thrym in der Namensliste der Riesen in der ‚Skáldskaparmál’ erwähnt wird, und ein Ort namens Thrymheim (‚Thryms Heim’ oder – wörtlicher –‚Haus des Donners’) wird sowohl in der ‚Gylfaginning’ als auch in dem Lied ‚Grímnismál’ genannt, wenngleich es in diesen Fällen heißt, dass er der Wohnsitz eines Riesen namens Thjazi sei. Ein möglicher und spannender Hinweis auf Thrym könnte hinter der Kenning stehen, die der Dichter Bragi Boddason im neunten Jahrhundert verwendete und die Snorri in der ‚Skáldskaparmál’ anführt. In dieser Kenning bezieht sich Bragi auf Thor als den ‚Zerschmetterer der neun Häupter des Thrivaldi’, über den sonst nichts weiter bekannt ist, und beglückwünscht ihn dann dafür, dass er ‚die Rosse gehalten hat mit dem berühmten Riesen-Gelage-Trinker’.19 Falls mit ‚Riesen-Gelage-Trinker’ Thrym gemeint ist – ein Name, der auch ‚Donner’ bedeuten könnte – und damit eine Anlehnung an die Ankunft des Donnergottes auf Thryms Hof, dann verschmelzt Bragi – kaum merklich – Namen, Handlung und Szenen aus der ‚Þrymskviða’ miteinander. Dass dies von einigen für eine kühne Spekulation gehalten wird, dürfte kaum überraschen.

       Hrungnir und Geirröd

      Zwei Geschichten von Thors Zusammenstößen mit Riesen werden in der ‚Skáldskaparmál’ aufeinanderfolgend erzählt, anscheinend als Erklärung für die Hintergründe bestimmter Kenningar. Beide Mythen gründen auf vorchristlichen Skaldenversen.

       Hrungnir

      In der ersten Geschichte ist Thor, wie so oft in solchen Fällen, zunächst abwesend und ‚nach Osten gegangen, um Trolle zu erschlagen.’20 Odin wählte diesen Moment, um auf seinem achtbeinigen Ross Sleipnir ins Riesenland zu reiten: Als er am Haus des Riesen Hrungnir ankommt, prahlt er mit seinem Pferd und sorgt damit schnell für Streit. Es folgt eine Verfolgungsjagd, bei der Hrungnir, auf dem Rücken seines Pferdes Gullfaxi, Odin aus dem Riesenland und direkt durch die Tore von Asgard treibt. Die anderen Asen halten es für klug, dem Riesen ein Getränk anzubieten, worauf dieser eine so große Menge an Bier konsumiert, dass er betrunken wird und sich polternd damit brüstet, dass er Walhall ins Riesenland tragen, Asgard zerstören und Freyja und Sif entführen wolle. Beunruhigt rufen die Götter Thor zu Hilfe, der im Nu erscheint. Thor möchte kurzen Prozess mit Hrungnir machen, doch der Riese protestiert, dass er unter Odins Schutz stehe und dass er seine Waffen – seinen Wetzstein und sein Schild – nicht bei sich habe. Stattdessen bietet er Thor einen Zweikampf an den Grenzen des Riesenlandes an. Thor nimmt dies begierig an, denn niemand hat bisher je gewagt, ihn derart herauszufordern.

      Weil Hrungnir der schlagkräftigste seiner Art ist, sind sich die Riesen sicher, dass er siegen werde. Aus Lehm formen sie einen enormen Riesen namens Mökkurkalfi (‚Nebelwade’), dem sie Leben verleihen, indem sie ihm das Herz einer Stute einsetzen. Sie stellen ihn neben Hrungnir mit dem steinernen Herzen, der, mit seinem Wetzstein und seinem Schild bewaffnet, auf Thors Ankunft wartet. Doch Thors Diener Thjálfi geht seinem Herrn voraus und teilt Hrungnir mit, dass Thor ihn von unten her angreifen werde, woraufhin Hrungnir sich auf seinen Schild stellt. Doch dies ist eine geschickte Täuschung, denn im richtigen Augenblick kommt Thor, inmitten von Blitz und Donner, vom Himmel herabgebraust und schleudert seinen Hammer gegen den Kopf des Gegners. Während Mökkurkalfi so ängstlich daneben steht, dass, wie erzählt wird, ,er Wasser lassen musste, als er Thor sah’,21 antwortet Hrungnir mit seinem Wetzstein, den er dem Gott entgegenschleudert. Die beiden Wurfgeschosse treffen sich in der Mitte, und der Wetzstein zerbricht in zwei Teile, von denen einer in Thors Kopf einschlägt. Doch Mjöllnir ist nicht vom Kurs abgewichen und fährt mit Wucht in Hrungnirs Schädel, der daraufhin zerspringt. Derweil Thjálfi Mökkurkalfi zerstört, kippt der tote Hrungnir nach vorn; das Bein des Fallenden reißt Thor zu Boden und hält ihn dort fest. Keiner der Götter kann es vom Fleck bewegen, mit Ausnahme von Thors erstaunlichem kleinem Sohn Magni. Sein

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