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in den Wagen und komme zu Ihnen.« Stattdessen bekam Jane nur schnell die gewünschte Information und ein hastiges »Gute Nacht«. Mrs. Dimbles Stimme war ihr etwas seltsam vorgekommen. Sie hatte das Gefühl, mit ihrem Anruf ein Gespräch unterbrochen zu haben, dessen Gegenstand sie selbst gewesen war – nein, nicht sie selbst, sondern etwas anderes. Wichtigeres, das in irgendeinem Zusammenhang mit ihr stand. Und was hatte Mrs. Dimble mit »Sie werden …« gemeint? »Sie werden dort erwartet?« Schreckliche, kindisch-albtraumhafte Vorstellungen von denen, die sie erwarten mochten, gingen ihr durch den Kopf. Sie sah Miss Ironwood ganz in Schwarz gekleidet dasitzen, die gefalteten Hände auf den Knien; dann führte jemand sie vor Miss Ironwood, sagte »Sie ist gekommen« und ließ sie dort allein.

      »Zum Teufel mit den Dimbles!« murmelte Jane vor sich hin, und dann machte sie es in Gedanken schnell rückgängig, mehr aus Angst als aus Reue. Und nun, da der rettende Telefondraht in Anspruch genommen worden war und keinen Trost gebracht hatte, brach der Schrecken, wie ergrimmt über ihren vergeblichen Versuch, ihm zu entfliehen, mit voller Macht wieder über sie herein. Sie konnte sich später nicht erinnern, ob der grässliche alte Mann und der Mantel ihr tatsächlich in einem Traum erschienen waren oder ob sie bloß zusammengekauert dagesessen hatte, ängstliche Blicke um sich warf und inständig hoffte, ja sogar betete (obwohl sie an niemanden glaubte, zu dem sie hätte beten können), dieser schreckliche Greis möge sie verschonen.

      Und so kam es, dass Mark Jane völlig unerwartet auf der Türschwelle vorfand. Äußerst schade, dachte er, dass dies ausgerechnet an einem Abend passieren musste, an dem er so spät kam und so müde und – um die Wahrheit zu sagen – nicht mehr ganz nüchtern war.

      3 _______

      »Fühlst du dich heute Morgen besser?«, fragte Mark. »Ja, danke«, sagte Jane kurz angebunden.

      Mark lag im Bett und trank eine Tasse Tee. Jane saß halb angekleidet vor der Frisierkommode und bürstete ihr Haar. Marks Blick ruhte mit trägem, morgendlichem Vergnügen auf ihr. Wenn er von der mangelnden Übereinstimmung zwischen ihnen nur sehr wenig spürte, dann lag dies zum Teil an unserer unverbesserlichen Gewohnheit zu projizieren. Wir halten das Lamm für sanft, weil seine Wolle sich weich anfühlt. Männer nennen eine Frau sinnlich, wenn sie sinnliche Gefühle in ihnen weckt. Janes Körper, weich und doch fest, schlank und doch rund, war so sehr nach Marks Geschmack, dass es ihm nahezu unmöglich war, ihr nicht die gleichen Empfindungen zuzuschreiben, die sie in ihm erregte. »Bist du ganz sicher, dass dir nichts fehlt?«, fragte er wieder. »Absolut«, sagte Jane wortkarg.

      Sie dachte, sie sei ärgerlich, weil ihr Haar so widerspenstig wäre und weil Mark so ein Getue machte. Natürlich ärgerte sie sich wegen ihres Anfalls von Schwäche am Vorabend auch über sich selbst. Er hatte sie zu dem gemacht, was sie am meisten verabscheute – zu dem zitternden, tränenreichen Frauchen sentimentaler Romane, das sich Trost suchend in männliche Arme flüchtet. Aber sie glaubte, dieser Ärger existiere nur irgendwo hinten in ihrem Kopf, und ahnte nicht, dass er durch jede Ader pulsierte und die Ungeschicklichkeit in ihren Fingern bewirkte, die ihr Haar so widerspenstig erscheinen ließ.

      »Denn wenn du dich auch nur im Geringsten unwohl fühlst«, fuhr Mark fort, »könnte ich den Besuch bei diesem Wither verschieben.« Jane sagte nichts.

      »Wenn ich fahre«, sagte Mark, »werde ich sicher eine Nacht fortbleiben müssen; vielleicht auch zwei.«

      Jane presste die Lippen ein wenig fester zusammen und sagte noch immer nichts.

      »Angenommen, ich fahre«, sagte Mark. »Willst du nicht Myrtle bitten herüberzukommen?«

      »Nein, danke«, sagte Jane mit Nachdruck und fügte hinzu: »Ich bin es gewohnt, allein zu sein.«

      »Ich weiß«, sagte Mark abwehrend. »Zurzeit ist im College der Teufel los. Hauptsächlich aus diesem Grund überlege ich auch, eine neue Stelle anzunehmen.«

      Jane schwieg.

      »Hör zu«, sagte Mark, richtete sich mit einem Ruck auf und schwang seine Beine aus dem Bett. »Es hat keinen Sinn, um den heißen Brei herumzureden. Ich gehe nicht gern fort, wenn du in diesem Zustand bist …«

      »In welchem Zustand?« fragte Jane, die sich nun umwandte und ihn zum ersten Mal ansah.

      »Nun – ich meine … ein bisschen nervös, wie es jeder manchmal ist.«

      »Weil ich zufällig einen Albtraum hatte, als du gestern Abend – oder, besser gesagt, heute Morgen nach Haus kamst, brauchst du noch nicht so zu tun, als ob ich eine Neurasthenikerin wäre.« Das war ganz und gar nicht, was Jane hatte sagen wollen.

      »Es hat doch keinen Sinn, gleich loszulegen, als ob …«, begann Mark.

      »Als ob was?« fragte Jane eisig, und bevor er etwas erwidern konnte, fuhr sie fort: »Wenn du meinst, ich werde verrückt, kannst du ja Brizeacre kommen und mich einweisen lassen. Es wäre günstig, es während deiner Abwesenheit zu erledigen. Sie könnten mich ohne großes Aufhebens abtransportieren, während du bei Mr. Wither bist. Ich werde mich jetzt um das Frühstück kümmern. Wenn du dich nicht schnell rasierst und anziehst, bist du nicht fertig, wenn Lord Feverstone kommt.«

      Das Ergebnis war, dass Mark sich beim Rasieren einen sehr bösen Schnitt zuzog (und sich sofort vorstellte, wie er, einen großen Wattebausch auf der Oberlippe, mit dem überaus bedeutenden Mr. Wither sprach), während Jane aus verschiedenen Gründen beschloss, Mark ein ungewöhnlich reichhaltiges Frühstück zu bereiten – lieber wäre sie gestorben, als selbst davon zu essen. Sie tat das mit den schnellen, geschickten Bewegungen einer zornigen Frau, nur um im letzten Moment alles über dem neuen Herd zu verschütten. Sie saßen noch am Frühstückstisch und taten beide so, als läsen sie Zeitung, als Lord Feverstone kam. Bedauerlicherweise traf Mrs. Maggs gleichzeitig mit ihm ein. Mrs. Maggs war jenes Element in Janes Haushalt, das sie mit der Redewendung zu umschrei-ben pflegte: »Ich habe eine Frau, die zweimal in der Woche kommt.« Zwanzig Jahre früher hätte Janes Mutter eine solche Frau einfach mit »Maggs« angeredet und wäre ihrerseits als »Madam« tituliert worden. Aber Jane und ihre Zugehfrau nannten einander Mrs. Maggs und Mrs. Studdock. Sie waren ungefähr gleichaltrig, und das Auge eines Junggesellen hätte in der Art, sich zu kleiden, keinen großen Unterschied gesehen. So war es vielleicht nicht unentschuldbar, dass Feverstone, als Mark ihn seiner Frau vorstellen wollte, Mrs. Maggs die Hand schüttelte; aber es machte die letzten Minuten, bevor die beiden Männer wegfuhren, nicht gerade angenehmer.

      Unter dem Vorwand, einkaufen zu gehen, verließ Jane gleich darauf ebenfalls die Wohnung. »Ich könnte Mrs. Maggs heute wirklich nicht ertragen«, sagte sie zu sich selbst. »Sie ist furchtbar geschwätzig.« Das war auch Lord Feverstone – dieser Mann mit dem lauten, unnatürlichen Lachen, dessen Mund an einen Hai erinnerte, der offensichtlich keine Manieren hatte und zudem anscheinend ein ziemlicher Dummkopf war. Was konnte es Mark nützen, mit einem solchen Mann zu verkehren? Sein Gesicht hatte Janes Misstrauen geweckt. Sie hatte einen Blick dafür – er wirkte irgendwie verschlagen. Wahrscheinlich hielt er Mark zum Narren. Mark war so leicht hereinzulegen. Wäre er bloß nicht in Bracton! Es war ein grässliches College. Was fand Mark nur an Leuten wie Mr. Curry und dem abscheulichen alten Geistlichen mit dem Bart? Und was war mit dem Tag, der ihr bevorstand, und der Nacht, und so weiter – denn wenn Männer sagen, dass sie möglicherweise zwei Nächte ausbleiben, dann bedeutet das mindestens zwei Nächte und wahrscheinlich eine ganze Woche. Ein Telegramm (niemals ein Ferngespräch) brachte das für sie in Ordnung. Sie musste etwas tun. Sie dachte sogar daran, Marks Rat zu befolgen und Myrtle einzuladen. Aber Myrtle war ihre Schwägerin, Marks Zwillingsschwester, und sie blickte viel zu ehrfürchtig zu ihrem erfolgreichen Bruder auf. Sie würde über Marks Gesundheit und seine Hemden und Socken reden, und in allem würde eine unausgesprochene, aber unverkennbare Verwunderung über Janes Glück mitschwingen, einen solchen Mann geheiratet zu haben. Nein, bestimmt nicht Myrtle. Dann dachte sie daran, als Patientin Dr. Brizeacre aufzusuchen. Er war ein Bracton-Mann und würde ihr deshalb wahrscheinlich nichts berechnen. Aber als sie sich vorstellte, wie sie ausgerechnet Brizeacre die Art von Fragen beantworten sollte, die er mit Gewissheit stellen würde, erwies sich dieses Unterfangen als unmöglich. Aber sie musste etwas tun. Schließlich entdeckte sie gewissermaßen zu

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