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Die böse Macht. C. S. Lewis
Читать онлайн.Название Die böse Macht
Год выпуска 0
isbn 9783865064301
Автор произведения C. S. Lewis
Жанр Контркультура
Издательство Автор
Keiner der beiden anderen schenkte dieser letzten Bemerkung auch nur die geringste Beachtung.
»Das sieht Feverstone wieder mal ähnlich«, sagte Cosser zu Steele.
Steele wandte sich zu Mark. »Ich würde Ihnen raten, nicht allzu viel darauf zu geben, was Lord Feverstone hier sagt«, meinte er. »Das geht ihn nämlich überhaupt nichts an.«
»Ich will mich keineswegs«, sagte Mark und wurde puterrot, »auf eine falsche Stelle setzen lassen. Ich bin nur hier, um mir einen Überblick zu verschaffen. Es ist mir ziemlich gleichgültig, ob ich für das Institut arbeite oder nicht.«
»Wissen Sie«, sagte Steele zu Cosser, »in unserer Mannschaft ist gar kein Platz für einen weiteren Mann – schon gar nicht für einen, der den Betrieb nicht kennt.«
»Stimmt«, sagte Cosser.
»Mr. Studdock, glaube ich«, sagte eine neue Stimme neben Mark, eine Fistelstimme, die nicht zu dem Berg von Mann passen wollte, den Mark sah, als er den Kopf wandte. Er erkannte den Sprecher sofort. Das dunkle, glatte Gesicht und die schwarzen Haare waren so unverkennbar wie der ausländische Akzent. Es war Professor Filostrato, der bekannte Physiologe, der bei einem Abendessen vor zwei Jahren Marks Tischnachbar gewesen war. Er war fett in einem Maße, das auf der Bühne komisch gewirkt hätte, an dem aber im wirklichen Leben nichts Lustiges war. Mark fühlte sich geschmeichelt, dass ein so bekannter Mann sich seiner erinnerte.
»Es freut mich sehr, dass Sie sich uns anschließen wollen«, sagte Filostrato, nahm Mark beim Arm und zog ihn sanft mit sich, fort von Steele und Cosser.
»Um Ihnen die Wahrheit zu sagen«, sagte Mark, »ich bin mir keineswegs schlüssig, ob ich bleiben werde. Feverstone hat mich mitgebracht, aber er ist verschwunden, und Steele – anscheinend wäre ich für seine Abteilung vorgesehen – scheint überhaupt nichts von mir zu wissen.«
»Ach, Steele!«, sagte der Professor. »Alles halb so wild. Er plustert sich bloß auf. Eines Tages werden wir ihm den Kopf zurechtsetzen. Vielleicht werden Sie derjenige sein, der es tut. Ich habe alle Ihre Arbeiten gelesen, si, si. Machen Sie sich seinetwegen keine Gedanken.«
»Ich lasse mich sehr ungern auf einen falschen Stuhl set-zen …«, begann Mark.
»Hören Sie zu, mein Freund«, unterbrach ihn Filostrato. »Sie müssen sich solche Gedanken aus dem Kopf schlagen. Machen Sie sich vor allem klar, dass das Institut eine ernsthafte Angelegenheit ist. Nichts Geringeres als der Fortbestand der menschlichen Rasse hängt von unserer Arbeit ab: unserer wirklichen Arbeit, verstehen Sie? Unter dieser canaglia, diesem Pöbel gibt es immer Reibereien und Unverschämtheiten. Sie verdienen sowenig Beachtung wie die Abneigung gegen einen Waffengefährten, wenn die Schlacht ihren Höhepunkt erreicht hat.«
»Solange ich eine Arbeit habe, die der Mühe wert ist«, sagte Mark, »lasse ich mich von solchen Dingen nicht stören.«
»Ja, ja, das ist gut so. Und unsere Arbeit hier ist wichtiger, als Sie momentan verstehen können. Sie werden sehen. Diese Steeles und Feverstones – sie sind unwichtig. Solange Sie mit dem stellvertretenden Direktor gut stehen, können Sie auf die anderen pfeifen. Hören Sie auf keinen als auf ihn, verstehen Sie? Ach ja – und da ist noch etwas. Machen Sie sich die Fee nicht zur Feindin. Alle anderen brauchen Sie nicht ernst zu nehmen.«
»Die Fee?«
»Ja. Sie wird hier so genannt. O mein Gott, eine schreckliche Inglesaccia! Sie ist die Chefin unserer Polizei, der Institutspolizei. Ecco, da kommt sie. Ich werde Sie vorstellen. Miss Hardcastle, gestatten Sie, dass ich Ihnen Mr. Studdock vorstelle.«
Mark zuckte unter dem Händedruck – kräftig wie der eines Heizers oder Fuhrmanns – eines mächtigen Weibes in schwarzer Uniform mit kurzem Rock zusammen. Trotz ihres Busens, der einer viktorianischen Bardame Ehre gemacht hätte, war sie eher stämmig als fett, und ihr eisengraues Haar war kurz geschnitten. Sie hatte ein kantiges, strenges, bleiches Gesicht und eine tiefe Stimme. Als einziges Zugeständnis an die Mode hatte sie in gewaltsamer Missachtung der wirklichen Form ihres Mundes ein wenig Lippenstift mehr aufgeschmiert als aufgelegt, und zwischen ihren Zähnen rollte oder kaute sie einen langen schwarzen, nicht angezündeten Stumpen. Wenn sie sprach, nahm sie den Stumpen aus dem Mund, blickte angestrengt auf die Mischung von Lippenstift und Speichel am zerkauten Ende und klemmte ihn dann fester als zuvor zwischen die Zähne. Sie setzte sich ohne Umschweife in einen Sessel, schwang das rechte Bein über eine Armlehne und fixierte Mark mit einem Blick kalter Vertraulichkeit.
3 _______
Schritte hallten auf der anderen Seite der Mauer durch die Stille, dann wurde die Tür geöffnet, und Jane stand einer großen Frau gegenüber, die ungefähr so alt war wie sie selbst. Diese Person musterte sie mit einem durchdringenden, unverbindlichen Blick.
»Wohnt hier eine Miss Ironwood?«, fragte Jane.
»Ja«, sagte die Frau, machte die Tür aber weder weiter auf, noch trat sie zur Seite.
»Ich möchte sie bitte sprechen«, sagte Jane.
»Sind Sie angemeldet?«, fragte die große Frau.
»Nun, eigentlich nicht«, antwortete Jane. »Professor Dimble hat mich hergeschickt. Er kennt Miss Ironwood. Er hat gesagt, ich könnte unangemeldet hierher kommen.«
»Oh, Sie kommen von Professor Dimble, das ist etwas anderes«, sagte die Frau. »Kommen Sie herein. Warten Sie einen Moment, bis ich wieder zugeschlossen habe. So, das wär’s. Dieser Weg ist zu schmal für zwei, Sie müssen also entschuldigen, wenn ich vorangehe.«
Die Frau führte sie einen gepflasterten Weg an einer von Obstbäumen gesäumten Mauer entlang und dann nach links über einen bemoosten Pfad zwischen Reihen von Stachelbeersträuchern hindurch. Dann kam eine kleine Rasenfläche mit einer Schaukel in der Mitte und einem Gewächshaus dahinter. Sie befanden sich in einer Art kleinem Weiler, wie man sie zuweilen in sehr großen Gärten antrifft. Sie gingen eine richtige kleine Straße hinunter zwischen einem Stall und einer Scheune auf der einen und einem zweiten Gewächshaus, einem Schuppen und einem Schweinestall auf der anderen Seite – letzterer bewohnt, wie Jane aus dem Grunzen und dem nicht sehr angenehmen Geruch schloss. Danach führten schmale Pfade durch einen Gemüsegarten, der an einem ziemlich steilen Hang lag, und vorbei an in ihrem Winterkleid ganz starren und stacheligen Rosenstöcken. An einer Stelle gingen sie über einen Pfad, der aus einzelnen Planken bestand. Das erinnerte Jane an irgendetwas. An einen sehr großen Garten wie … wie … ja, nun hatte sie es: wie der Garten in Peter Rabbit. Oder wie der Garten im Rosenroman? Nein, in keiner Weise. Oder wie Klingsors Garten? Oder der Garten in Alice im Wunderland? Oder wie der Garten auf irgendeinem mesopotamischen Zikkurat, auf den manche Leute die Legende vom Paradies zurückführten? Oder einfach wie alle von einer Mauer umgebenen Gärten? Freud hatte gesagt, wir lieben Gärten, weil sie Symbole des weiblichen Körpers seien. Aber das musste ein männlicher Standpunkt sein. In den Träumen von Frauen bedeuteten Gärten sicherlich etwas anderes. Oder vielleicht doch nicht? War es möglich, dass Männer wie Frauen ein Interesse am weiblichen Körper hatten und sogar, auch wenn dies lächerlich klang, auf dieselbe Weise? Ein Satz kam ihr in den Sinn: »Die Schönheit des Weibes ist der Quell der Freude für Weib und Mann, und nicht zufällig ist die Göttin der Liebe älter und stärker als der Gott.« Wo in aller Welt hatte sie das gelesen? Und was für einen schrecklichen Unsinn hatte sie in den letzten paar Minuten gedacht! Sie schüttelte all diese Gedanken über Gärten ab und beschloss, sich zusammenzunehmen. Ein seltsames Gefühl sagte ihr, dass sie sich auf feindlichem oder zumindest fremdem Boden befand und gut daran täte, einen klaren Kopf zu behalten. Fast im gleichen Augenblick traten sie zwischen Rhododendron- und Lorbeerbüschen hindurch ins Freie und gelangten nach ein paar Schritten an eine Regentonne und eine kleine Seitentür in der Längsseite eines großen Hauses. Als sie stehen blieben, wurde oben ein Fenster zugeschlagen.
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