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Hekate. Thomas Lautwein
Читать онлайн.Название Hekate
Год выпуска 0
isbn 9783944180007
Автор произведения Thomas Lautwein
Жанр Религия: прочее
Издательство Автор
In Lagina fand man 198 Inschriften, die die Bedeutung des Kultortes bezeugen. Eine Inschrift stammt von einem Eunuchen, der Priester des Tempels war (Lagina 188/IStraton 544). Dass die Hekate-Priester aber keineswegs alle Eunuchen waren, wird z. B. durch die Inschrift Nr. 193 belegt, in der ein ungenannter Priester bezeugt, dass seine Frau und seine Tochter ebenfalls priesterliche Funktionen wahrnahmen. Die in ionischem Dialekt abgefasste, altertümelnde Inschrift ist schwer zu übersetzen, sie lautet:
Alles, was Kraft für die Armut beständig erlangte, sei dein Opfer, Göttin, du Erhabne. Auch meine Gattin habe ich zu deiner Priesterin gemacht, aus Asien, das eine reizende Art hat, Moschion, dazu noch Klodiane, ein reizendes Mädchen, das die Schlüssel mit ihren zarten Händen berührt, zur Schlüsselhüterin. Wieviel ich beim Mahl und Gelage geopfert, weiß zahlreich mein Zuhause zu bezeugen. Alles habe ich geopfert, wie es ärmliche Kraft mir gegeben, ja für dich und um dich, Dämon (oder: Göttin) fernzuhalten.49
Die Hekate-Priesterschaft war im Übrigen „die höchste Ehre, die den Mitgliedern des Priesteradels zuletzt nach der des Zeus Panamaros und des Zeus Chrysaor gewöhnlich nur einmal verliehen wurde“50 .
Ein weiteres Hekataion befand sich in Ephesus hinter dem Artemis-Tempel; dort befand sich laut Strabon (XIV, 1,23) eine Hekate-Statue des Thrason, von welcher der ältere Plinius behauptet, die Marmorstatue der Göttin habe einen so blendenden Schein von sich gegeben, dass die Fremdenführer die Besucher aufforderten, die Augen zu schützen (in cuius contemplatione admonent aeditui parcere oculis, tanta marmoris radiatio est, Nat. Hist. XXXVI, 32).
Das älteste archäologische Zeugnis der Hekate-Verehrung ist ein archaischer Rundaltar, der im Heiligtum des Apollon Delphinios zu Milet stand. Aus der Inschrift auf dem Stein geht nur hervor, dass drei Prytanen während ihrer Amtszeit den Altar stifteten, so dass „Hekate eine gewiss nicht unbedeutende Rolle im offiziellen Kult Milets gespielt haben dürfte“51. Die meisten Fundstücke lassen erkennen, dass Hekate (zusammen mit dem ithyphallischen Hermes oder Hermes Enodios, „Hermes Wegschützer“) im Kultus die Funktion einer Türhüterin und Entsühnerin zukam. So wird im Kultgesetz des Molpos, das um 100 v. Chr. aufgezeichnet wurde, festgelegt, dass bei der großen Prozession nach Didyma zwei gylloi (wahrscheinlich Steinwürfel) mitgeführt werden sollen, von denen der erste, bekränzt und mit ungemischtem Wein besprengt, παρ’ Έκάτην τήν πρόσθεν πυλέων, par’ Hekatên tên prosthen pyléôn, bei der Hekate vor den Toren, niedergelegt werden sollte.52 Dieser Brauch bedeutete wohl eine Entsühnung der Schwelle, die Unheil abwehren sollte, möglicherweise ist das Besprengen mit Wein Ersatz für ein Blutopfer in früherer Zeit. Ein ausdrücklicher Bezug zur Unterwelt ist nicht direkt zu erkennen, aber durchaus wahrscheinlich, da Hekate später ausschließlich mit chthonischen Göttinnen verschmolz: „Es ist unbedingt davon auszugehen, dass bereits die kleinasiatische Hekate in irgendeiner Weise unterweltliche Züge trug.“53
Eine Inschrift auf einer Asklepios-Säule aus Hassanlar (in Lydien) erwähnt Hekate und Men, den kleinasiatischen Mondgott, und weist darauf hin, dass Hekate auch eine Heilgöttin gewesen sein muss: Als Erfinderin der Gifte kann Hekate mit ihnen auch heilen statt schaden (auf die Dosis kommt es an). Dass Aristaios, der Vater des legendären Götterarztes Paion (Ilias 5, 401 u. 900), in einem Scholion zu Apollonios von Rhodos (3, 467) auch zum Vater der Hekate gemacht wird, bestätigt dies. Auf dem berühmten Pergamon-Fries kämpft Hekate an der Seite der olympischen Götter gegen die Titanen.
In Thrakien assimilierte Hekate jedenfalls Züge der Jagdgöttin Bendis, während sie in Thessalien mit der Wegegöttin Enodia und der wilden Brimo („die Wutschnaubende“) von Pherai verschmolz. Enodia wird auf Münzen aus Pherai als fackeltragende Reiterin dargestellt, die zur Nachtzeit erscheint und einen Bezug zur Unterwelt hat, da auch das Pferd als Todestier galt und Tote in Thessalien als Reiter dargestellt wurden (s. LIMC II, 1, 687 ff.). Anführerin der „wilden Jagd“ bleibt Hekate dann auch in der Folgezeit. In dieser Hinsicht ähnelt sie der deutschen Holle bzw. Percht.
In Antiochien soll Kaiser Diokletian (284 - 305) neben einem Apollo-Tempel einen unterirdischen Tempel der Hekate gebaut haben, der 365 Stufen hatte, wie der byzantinische Historiker Johannes Malalas berichtet (XII,38).54 Sollten die 365 Stufen darauf hindeuten, dass Hekate auch Herrin der Zeit ist? Jedenfalls wird sie in den spätantiken Zaubertexten auch als akroubórê bezeichnet, d.h. als die, die ihre Schwanzspitze frisst, was auf das in sich selbst zurücklaufende Jahr bezogen ist.55
Der Name der Göttin ist bis heute rätselhaft und allem Anschein nach nichtgriechischen Ursprungs, so dass die etymologischen Erklärungen der Alten wohl kaum seine ursprüngliche Bedeutung treffen. Auffällig ist hierbei, dass ihr Name als weibliches Gegenstück zu dem Apollo-Namen „Hekatos“ gedeutet werden kann, was „Strahlender“ oder „Fernwirkender“ (´εκάς = fern) heißen soll, wie schon der italienische Humanist Lilius Gyraldus 1548 mutmaßt: Hecate primum sic nuncupata, quod ´εκάς hekas – id est longe – radios iaciat.56 Einer anderen Erklärung zufolge leitet sich beides aus „wekat“ (indogermanisch. *Veknt-) „wollend“ (griech. ´εκών), ab. Ein Holz, an das Verbrecher zur Auspeitschung gebunden wurden, hieß nach Hesychios ebenfalls „΄εκάτη“. Am wahrscheinlichsten ist, Hekate als die „Strahlende, Fernwirkende“ zu übersetzen – was wieder an einen Ursprung als Sonnengöttin denken lässt. Die Vorstellung einer in die Ferne reichenden Wirkung begünstigte sicherlich die Gleichsetzung mit der Pfeile verschießenden Jägerin Artemis-Diana, mit der Hekate in der Spätantike oft verschmilzt. Die „Pfeile“, die die Götter verschießen, sind jedoch nicht nur Lichtstrahlen, sondern können auch Krankheiten und Schmerzen sein, wie man im ersten Gesang der „Ilias“ und bei den Tragikern sehen kann.57 In Ägypten wurde Hekate mit dem ägyptischen Begriff „heku“ in Verbindung gebracht, der soviel wie „Magie“ oder „magische Kraft“