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      "Bringen Sie mich zum Hotel Plaza Athenee in der 64. Straße Ost, Hausnummer 37", sagte Carla Raines.

      "In Ordnung, Ma'am", antwortete der Taxifahrer. "Darf ich Ihr Gepäck nehmen."

      "Nein, das nehme ich lieber selbst."

      "Wie Sie wollen."

      Er zuckte die Schultern. Sie stiegen ein.

      Als Leder-Lady hatte sie die öffentlichen Toiletten betreten. Und in einem gänzlich anderen Outfit war sie eine Viertelstunde später zurückgekehrt und hatte nach dem Taxi gerufen. Sie trug jetzt ein konservativ geschnittenes Kostüm, mit dem sie sich in jeder Bank hätte bewerben können.

      Das Haar trug sie streng nach hinten frisiert. Das Make-up war dezent.

      Der Taxifahrer summte ein Lied mit, das gerade im Radio lief.

      Carla saß auf dem Rücksitz.

      Sie hatte nur einen kleinen Handkoffer bei sich und eine Handtasche aus dunklem Leder. Das einzige Teil, was von ihrem vorhergehenden Outfit geblieben war.

      Sie nahm die Handtasche und öffnete sie, während sich das Taxi durch den dichten New Yorker Verkehr den Broadway hinaufquälte.

      Sie holte einen Pass aus der Tasche heraus, schlug ihn auf.

      Ihr eigenes Foto blickte sie an. Carla Raines, amerikanische Staatsbürgerin. So stand es dort.

      Sie lächelte.

      Und dabei ließ sie langsam das Seitenfenster etwas hinabgleiten.

      Carla Raines ist tot, dachte sie. Sie existiert nicht mehr.

      Sie warf den Pass hinaus. Er segelte zu Boden. Ein Lieferwagen zermalmte ihn unter seinen Vorderreifen.

      Aus der Tasche holte sie dann mit einem in sich gekehrten Lächeln einen zweiten Pass heraus.

      Ein Schmunzeln flog über ihre Lippen, als sie den Namen sah, der dort eingetragen war.

      Rebecca Smith.

      Biederer ging es wohl kaum, dachte sie. Aus dem männermordenden Leder-Vamp war im Handumdrehen eine junge All-American Business-Frau geworden, wie man sie in den Banken- und Geschäftsvierteln des Big Apple zu hunderten antreffen konnte.

      Das Foto, das in dem Pass enthalten war, passte zu ihrer jetzigen Erscheinung nahezu perfekt.

      Ihr Schmunzeln veränderte sich, gefror zu einem eisigen Zug, der Entschlossenheit ausdrückte.

      Ein paar Tage noch, ging es ihr durch den Kopf. In ein paar Tagen war alles vorbei... Jetzt darf kein Fehler mehr passieren, Der Erfolg liegt in greifbarer Nähe...

      Die Frau, die sich jetzt Rebecca Smith nannte, legte den Pass zurück in die Handtasche.

      Neben den dunklen, schlanken Lauf der Automatik-Pistole.

      *

      Milo und ich fuhren nach Yonkers. Unsere Kollegen hatten dort Angehörige von Walid Kerim ausfindig gemacht und es war ja schließlich möglich, dass er Kontakt zu ihnen aufnahm.

      Ein Onkel, Michael Habbash, lebte dort und betrieb ein Fischrestaurant. Dort arbeitete auch Kerims Mutter. Nachdem ihr Mann bei einem Verkehrsunfall uns Leben gekommen war, hatte sie wieder geheiratet, so dass sie jetzt nicht mehr den Namen Kerim trug. Sie hieß jetzt Allison. Als wir sie in ihrem Vorstadt-Bungalow aufsuchten, war sie allein.

      "Kommen Sie herein", sagte Mrs. Allison, nachdem sie sich unsere Ausweise eingehend angesehen hatte.

      Sie führte uns ins Wohnzimmer.

      Auf einer Kommode bemerkte ich ein Bild von Walid. Es schien schon etwas älter zu sein. Er hatte die Haare länger und sah im ganzem jünger aus. Aber er war unzweifelhaft jener Mann, dem wir im Hotel Blackwood begegnet waren.

      "Mrs. Allison, wir suchen Ihren Sohn Walid", sagte ich ohne Umschweife.

      "Ich weiß", sagte sie. "Ich sehe schließlich fern und lese Zeitung. Sein Bild war ja oft genug zu sehen..." Dann sah sie mich direkt an. Ihr Blick hatte etwas Schmerzvolles. Mrs. Allisons Haar musste irgendwann mal blauschwarz gewesen sein. Jetzt war es von silbrigen Strähnen durchwirkt. "Sie erwarten doch sicher nicht im Ernst, dass eine Mutter ihren Sohn verrät, oder? Also können Sie sich dieses Gespräch sparen..."

      "Mrs. Allison..."

      "Sehen Sie sich meinetwegen im Haus um, wenn Sie mir nicht glauben wollen. Walid ist nicht hier."

      "Wann haben Sie ihn zum letzten Mal gesehen?"

      "Wir haben nicht mehr viel Kontakt", sagte sie. "Leider. Ich habe immer versucht, ihn zu beschützen. Ich habe versucht, ihn zu einem Menschen zu erziehen, der seinen Platz in diesem Land findet... Ich war wohl nicht sonderlich erfolgreich, Mr. Trevellian. Es tut weh, sich das eingestehen zu müssen. Es ist nicht das erste Mal, dass er Schwierigkeiten mit dem Gesetz hat... Und es wird auch nicht das letzte Mal sein."

      "Er hat zusammen mit einem Komplizen wild um sich geschossen, eine Geisel genommen und diese brutal misshandelt. Außerdem war er zweifellos in der Vorbereitung eines Überfalls beteiligt, bei dem zwei Wachleute auf brutale Weise ums Leben kamen... Mrs. Allison, die Leute, für die ihr Sohn arbeitet sind eiskalt. Für die ist ein Menschenleben nichts wert. Soweit ich weiß, hat Walid bisher noch niemanden getötet. Wenn er sich jetzt den Behörden stellt und über seine Hintermänner Auskunft gibt..."

      Sie unterbrach mich.

      "Bemühen Sie sich nicht, Mr. Trevellian..."

      "Sie sollten ihm das ausrichten, wenn Sie ihn sehen", erklärte ich ruhig.

      Sie antwortete mir nicht. Ihre Arme hatte sie verschränkt.

      Schließlich, nach einer längeren Pause, brachte sie dann heraus: "Ich habe schon lange keinen Einfluss mehr auf meinen Sohn. Tut mir leid, aber das ist die Wahrheit. Er jagt dem Geld hinterher wie die Motte dem Licht. Ich fürchte, Sie werden es ihm selbst sagen müssen, sobald Sie ihn finden..."

      "Wann war er das letzte Mal hier?", fragte ich noch einmal.

      "Vor zwei Wochen. Er war sehr guter Laune. 'Alles wird anders', hat er mir gesagt. Aber solche Anwandlungen hatte er öfter. Er kam mehr oder minder regelmäßig vorbei. Vorzugsweise dann, wenn mein Mann nicht da war. Die beiden haben sich nur gestritten. Walid hat mir des öfteren Geld zugesteckt."

      "Vor zwei Wochen auch?"

      "Ja."

      Sie ging an eine Schublade, zog sie ein Stück heraus und holte zwei Bündel mit Geldscheinen. Sie warf sie auf den Wohnzimmertisch.

      "Zwanzigtausend Dollar. Einfach so. Ich wollte sie nicht, aber Walid bestand darauf, dass ich sie nehme. Nehmen Sie sie ruhig mit, ich will dieses Geld nicht. Ich weiß nicht, wie viel Blut daran klebt."

      "Hat er Ihnen irgend etwas darüber gesagt, woher das Geld kam?"

      "Geschäfte, Mama, Geschäfte! Ich glaubte ihm kein Wort."

      "Hatte er eine Freundin?", mischte sich jetzt Milo ein. "Irgendjemanden, der ihm nahestand?"

      "Um ehrlich zu sein: Ich weiß es nicht. Einmal war er mit einer Frau hier. Vielleicht vor drei, vier Monaten."

      "Erinnern Sie sich an den Namen?"

      "Er nannte sie Leila. Ein arabischer Name. Er bedeutet Nacht..."

      "Sie haben eine Tochter, die Leila heißt", stellte ich fest.

      Mrs. Allison sah mich irritiert an. Ihre dunklen Augenbrauen bildeten jetzt eine Schlangenlinie. Sie schüttelte energisch den Kopf.

      "Was für eine Tochter? Ich habe keine Tochter. Ich weiß nicht, wer Ihnen das erzählt hat,

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