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an die Kante. Kerim presste sich an der Wand entlang, bis zu der Leiter, an der er und Jespers eigentlich hätten heruntersteigen sollen. Ein Schwall von Beton rutschte in die Grube. Die Mischung war ziemlich flüssig. Der Boden war innerhalb von wenigen Augenblicken bedeckt. Es war nur eine Frage von Augenblicken, wann die beiden Leichen endgültig begraben sein würden.

      Kerim zog die Füße aus dem weichen Beton und stieg die erste Stufe der Leiter hinauf. Er fragte sich, wie hoch die Grube wohl abgefüllt sein würde, wenn der Mischer seine gesamte Ladung abgelassen hatte. Aber selbst wenn er nur bis zu den Knien im Beton stand, konnte er dort nicht bleiben.

      Sonst stand er innerhalb kurzer Zeit buchstäblich wie angewurzelt da. Beton konnte verflucht schnell trocknen...

      Kerim sah einen seiner Gegner über den Grubenrand auftauchen. Er zögerte keine Sekunde und feuerte.

      Kerim war ein guter Schütze.

      Auf der Stirn seines Gegners bildete sich ein roter Punkt, der rasch größer wurde. Der Killer knallte zu Boden.

      Kerim spürte den Beton an seinen Füßen. Er stieg noch eine weitere Stufe hinauf. Die Kleinkaliberwaffe steckte er hinter seinen Hosenbund, um sich mit einer Hand festhalten zu können. Immer höher kam der Beton. Ein graues Leichentuch für Jespers und den Mann mit dem Goldzahn, dessen Hand gerade noch an der Oberfläche schwamm.

      Jetzt setzte Kerim alles auf eine Karte.

      Er kletterte die Leiter hinauf, hechtete dann sofort zu Boden und rollte sich herum, während einige Schüsse über ihn hinwegpeitschten. Kerim riss die Waffe hoch, die er dem Mann mit dem Goldzahn abgenommen hatte. Er feuerte. Ein heiserer Schrei mischte sich mit dem Getöse des Betonmischers. Kerim hatte einen seiner Gegner erwischt. Der Mann klappte zusammen wie ein Taschenmesser und blieb reglos liegen. Die anderen duckten sich und feuerten auf ihn.

      Kerim sprang auf und hatte einen Sekundenbruchteil später hinter dem Betonmischer Deckung gefunden. Er spurtete los, riss die Beifahrertür des Mischers auf und feuerte sofort.

      Ohne zu zielen, ohne zu schauen, ob überhaupt jemand hinter dem Steuerrad saß.

      Der Fahrer sackte zu Boden.

      Kerim duckte sich als ein Schuss die Frontscheibe zertrümmerte und feuerte sofort zurück. Dann durchsuchte er den Gürtel des Fahrers nach dessen Waffe. Er zog sie aus dem Gürtelholster, öffnete die Tür und schob den Toten hinaus.

      Der leblose Körper kam mit einem dumpfen Geräusch auf dem harten Betonboden auf.

      Kerim rutschte hinter das Steuerrad. Er löste die Handbremse und ließ den Motor aufheulen. Ein Geschoss zischte dicht an ihm vorbei. Kerim fuhr los. Er blieb in geduckter Haltung und feuerte blindlings durch die zerstörte Frontscheibe hindurch. Hier und da sah er seine Gegner in Deckung springen.

      Kerim gab Vollgas.

      Er fuhr einfach geradeaus, auf das große Tor zu.

      Ein furchtbares, metallisches Geräusch ertönte bei der Kollision. Die Halterungen des Tores brachen aus dem Mauerwerk heraus. Dann hatte Kerim es geschafft. Er war draußen. Schüsse peitschten. Die Hinterreifen des Betonmischers zerplatzen. Kerim riss die Tür auf, sprang hinaus. Einer seiner Gegner tauchte beim Tor auf. Kerim feuerte, traf aber nicht.

      Der Killer ging in Deckung, während Kerim auf den Mercedes zuspurtete. Dabei feuerte er unablässig in Richtung des Tors, bis die Waffe leergeschossen war. Dann warf er sie weg. Er erreichte den Mercedes, hechtete hinter den Kotflügel und holte die Waffe hervor, die er dem Fahrer des Mischers abgenommen hatte. Geduckt gelangte er zur Fahrertür des Mercedes, öffnete sie und sprang hinein. Dann startete er. Die Killer hatte den Schlüssel steckenlassen. Wer hätte ihnen auch den Wagen stehlen sollen? Sicher nicht der Mann, dem sie hier ein kaltes Grab bereiten wollten.

      Kerim ließ den Mercedes mit quietschenden Reifen losjagen.

      Er schlug einen Haken, riss das Lenkrad herum und hörte im Hintergrund noch ein paar Schüsse, eher er hinter der nächsten Halle verschwunden war.

      *

      "Hören Sie zu, Mr. Trevellian, das wird Konsequenzen für Sie haben", ereiferte sich Guy Carini. "Sie belästigen mich hier und beschuldigen mich auf eine Weise, die wirklich..."

      "Niemand hat Sie beschuldigt, Mr. Carini", stellte ich klar. "Aber Sie werden doch verstehen, dass wir hellhörig werden, wenn sich herausstellt, dass zwei Männer, die unzweifelhaft an dem Überfall auf den Druckplatten-Transport beteiligt waren, Verbindungen zu Ihnen haben."

      "Sie können mir nichts vorwerfen", rief Carini. "Meinetwegen können Sie gerne meine Läden nach diesen Druckplatten durchsuchen. Sie werden Sie nicht finden."

      "Das glauben wir sofort", warf Milo ein.

      Carini verzog das Gesicht. Wir hatten uns mit ihm in ein weiträumiges Büro zurückgezogen. An der Wand hingen großformatige Bilder von Künstlern, die gerade Furore machten. Carinis Geschäfte schienen nicht schlecht zu gehen.

      "Bis wann war Kevin Fernandez bei Ihnen als Leibwächter beschäftigt?", fragte Milo.

      "Was weiß ich?", fauchte Carini. "Das muss vor zwei, drei Jahren gewesen sein."

      "Und Sie haben ihn seitdem nicht mehr gesehen?"

      "Man läuft sich halt in einem Dorf wie New York City immer wieder über den Weg, G-man. Sie wissen doch, wie das ist."

      Milo warf mir einen verzweifelten Blick zu. Was Carini anging, drehten wir uns immer wieder im Kreis. Und wir wussten genau, das wir gegen ihn nichts in der Hand hatten. Kein Richter in den USA hätte uns einen Durchsuchungsbefehl ausgestellt, von einem Haftbefehl ganz zu schweigen.

      "Hören Sie, ich habe ein paar Fehltritte hinter mir. Aber ich bin seit langem sauber. Sie können mir nichts nachweisen. Nicht das geringste." Carini hob die Hände. "Ich bin ein ehrbarer Geschäftsmann mit großem Einfluss. Ein Einfluss, der bis in höchste Stellen reicht."

      "Wir haben Ihre Drohung gut verstanden", sagte Milo. "Aber so leicht lassen wir uns nicht einschüchtern."

      "Das war keine Drohung."

      "Ach, nein? Hörte sich in meinen Ohren ganz so an."

      "Es war nur eine Beschreibung der Tatsachen. Und wenn Sie klug sind, Mr. Tucker, dann ziehen Sie und Ihr Kollege die Konsequenzen daraus... Man begegnet sich immer zweimal, G-man! Denken Sie daran!"

      "Ich denkew an nichts anderes, Mr. Carini."

      "Das freut mich zu hören."

      "Sie haben vor einiger Zeit für Walid Kerim eine Kaution gestellt. Warum?", fragte ich dann sachlich.

      Carini seufzte.

      "Mein Gott, helfen Sie mir ein bisschen auf die Sprünge. Meinen Sie, ich habe solche Sachen noch jahrelang im Kopf?"

      "Es war vor drei Jahren. Kerim war wegen schwerer Körperverletzung angeklagt."

      "Ich glaube, das war einfach nur ein Gefallen, den ich jemandem getan habe."

      "Wie kamen Sie dazu, Kerim einen Gefallen zu tun?"

      "Nicht Kerim", behauptete Carini. "Den kannte ich gar nicht."

      "Sondern?"

      "Es ging um eine Frau..." Carini sah mich an und zögerte.

      Dann kratzte er sich am Hinterkopf. "Ich lernte sie in einer Bar kennen. Leila Kerim. Walid ist ihr Bruder. Und als der in Schwierigkeiten geriet, habe ich ihm aus der Patsche geholfen. Leila hat mich darum gebeten. Ich konnte ihr damals einfach nichts abschlagen..."

      "Haben Sie noch Kontakt zu dieser Leila?", fragte ich.

      "Nein. Sie war eines Tages einfach verschwunden." Er zuckte die Achseln. "Wie auch immer, Mr. Trevellian, ich denke n Ihre Frage ist damit hinreichend geklärt!"

      *

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