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Hannover zu einer Spezialabteilung gehörte, die quasi im Alleingang ein großes, mächtiges Netzwerk von Kriminellen auseinandergenommen hat, sich nach Biesbach versetzen lässt?”

      „Ich kann Ihnen sagen, warum ich mich hier her versetzen ließ”, sagte Calanoglu. „Ich hatte die Chance, Dienststellenleiter zu werden. Anderswo war so eine Position nicht vakant, da habe ich die Gelegenheit beim Schopf ergriffen und bin dann hier hängen geblieben. Aber es gefällt mir hier und ganz so ruhig, wie man vielleicht denkt, ist es auch in Vermont nicht.”

      „Und Sie meinen, Kommissar Gottlieb hat vor zehn Jahren auch plötzlich eine Vorliebe für das ruhige Landleben entdeckt?”

      „Was fällt Ihnen sonst für ein Grund ein?”

      „Es ist nur seltsam, dass alle Mitglieder der damaligen Spezialabteilung, die gegen die Liga von Hannover ermittelte, offenbar einen ähnlichen Wunsch hatte. Einer setzt sich nach Biesbach ab, ein anderer will nur noch Innendienst machen. Und obwohl ihnen allen die Türen offen gestanden hätten, macht keiner so richtig Karriere.”

      „Du vergisst Dieter Reims”, korrigierte Rudi mich. „Der ist immerhin stellvertretender Dienststellenleiter in Frankfurt.”

      „...und hat damit sicherlich mehr zu sagen als ich hier in Biesbach”, gab Calanoglu zu bedenken.

      „Ja, Rudi”, nickte ich, „Stellvertretender Dienststellenleiter - aber eben nicht Leiter eines BKA-Büro oder Kriminalinspektor, so wie wir beide. Und du kannst mir nicht erzählen, dass in den letzten zehn Jahren keine Dienststelle vakant gewesen wäre, die für so jemanden interessant gewesen wäre!”

      „Ich denke, dass das alles mit der familiären Verwurzelung zu tun hat”, glaubte Calanoglu. „Seine Frau stammt aus dieser Gegend. Und seine Söhne gehe hier zur Schule. Die Großeltern und die ganze Verwandtschaft mütterlicherseits lebt hier. Da geht man nicht einfach weg.”

      Ich lächelte. „Sie reden schon wie einer, der auch nie irgendwo anders gewesen ist.”

      „Sehen Sie! Genau das wird mit Jörn im Laufe der Zeit auch geschehen sein. Das glaube ich sogar fest, denn ich kannte ihn gut genug, um das zu beurteilen. Er war vollkommen integriert und ein beliebter Laienprediger in der örtlichen Pietistengemeinde. Und was er sonst noch an Ehrenämtern und dergleichen ausübte, kann ich kaum aufzählen.”

      In diesem Augenblick dachte ich für einen Moment tatsächlich, dass ich vielleicht mit meiner Vermutung, dass der Karriereverzicht der Ex-Task-Force-Super-Kommissars irgendetwas zu bedeuten hatte, auf dem Holzweg war.

      Aber nur für einen Moment.

      17

      Wir sahen uns noch kurz den Wagen an, der inzwischen in einer Garage stand, die dem Erkennungsdienst der örtlichen Polizei gehörte. Es handelte sich um ein geländegängiges Modell. Für Vermont sicher genau das Richtige. Die Standard-Untersuchungen waren durchgeführt worden. Der Wagen hatte keinerlei Macken, keine Spuren irgendeines Gewaltverbrechens und die Dinge, die im Handschuhfach zu finden gewesen waren, brachten uns auch nicht weiter. Eine Schachtel mit Mentholbonbons zum Lutschen, eine gültige Fahrlizenz, eine Packung Papiertaschentücher.

      „Was ist mit dem Navigationssystem?”, fragte ich.

      „Da war keins drin”, antwortete mir der Erkennungsdienstler, der sich gerade mit dem Fahrzeug beschäftigte. Er hieß Mario Reggers.

      „Wozu auch?”, meinte Calanoglu. „Jörn kannte jeden Strauch in dieser Gegend. Wieso hätte er ein Navigatonssystem gebraucht.”

      „Die GPS-Daten wären auf jeden Fall für uns interessant gewesen”, meinte Rudi.

      18

      Wir fuhren zusammen mit Calanoglu zu der Stelle, an der der Wagen gefunden worden war. Der Fundort lag zwanzig Meilen von der Stadt entfernt und war nur über eine holprige Piste erreichbar. Das letzte Stück ging es offroad durch den Wald.

      Wir konnten von Glück sagen, dass Calanoglu einen geländegängigen Wagen fuhr, der dieses letzte Teilstück des Weges problemlos hinter sich brachte.

      Das Gelände des Fundortes war mit gelbem Flatterband markiert. Wir stiegen aus. „Sie bekommen natürlich sämtliche Fotos vom Fundort”, versicherte uns Calanoglu. „Dürften so um die tausend Aufnahmen sein. Aus jeder nur denkbaren Perspektive und mit jedem Detail im Fokus, das vielleicht irgendwie relevant sein könnte.”

      „Danke”, sagte ich.

      „Wir haben natürlich auch die Reifenspuren genau analysiert.”

      „Und?”

      „Sie werden es auf den Fotos sehen: Jörns Wagen ist hier her gefahren und da der Boden feucht und tief ist, hat das die entsprechenden, unübersehbaren Spuren hinterlassen. Jetzt sind hier natürlich inzwischen auch etliche Spuren von Einsatzfahrzeugen, lassen Sie sich dadurch nicht verwirren.”

      „Aber zu Anfang waren nur die Spuren eines einzigen Wagen hier zu finden?”

      „So ist es.”

      Rudi mischte sich ein. „Dann könnte Kommissar Gottlieb seinen Wagen hier abgestellt und ausgestiegen sein, um dann zu Fuß weiter zu laufen.”

      „Richtig. Aber hier ist im weitem Umkreis nichts weiter als Wald. Wir haben mit zwei Hundertschaften

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