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werden kann. Das andere Auto muss auf der Straße geparkt werden. Der Parkraum ist eng und wird durch Pflanzenkübel beschränkt, die der Kunststraße einen wohnlichen Charakter vermitteln.

      Eines Morgens möchte Hans sein Auto aus der Garage fahren. Die Zufahrt wird jedoch von Georgs Auto blockiert. Hans ist ärgerlich, denn er muss dringend zur Arbeit. Hans klingelt am Nachbarhaus. „Es gibt sicher eine bessere Möglichkeit sich kennenzulernen“, denkt er.

      Gerda erklärt, dass ihr Sohn noch im Bett liege. Hans bittet sie, ihn zu wecken. Als Georg erst nach 15 Minuten erscheint, um das Auto wegzufahren, kann Hans nicht anders, er muss die Situation kommentieren und sagt: „Junger Mann. Etwas mehr Fleiß, Anstand und Rücksichtnahme helfen Ihnen sicher, wenn Sie mal wollen, dass etwas Vernünftiges aus Ihnen wird!“

      Am nächsten Tag klebt ein Kaugummi an dem BMW von Hans. Natürlich vermutet Hans, dass Georg diesen Gruß hinterlassen hat. Er kann es aber nicht beweisen, beseitigt also ärgerlich den Kaugummi.

      Am Tag darauf klebt ein Kaugummi nicht nur an seinem BMW, sondern auch an dem Twingo von Rosi. Der Verdacht gegen Georg wächst. Hans und Rosi fühlen sich bedrängt, sie sind sicher, dass man sich so etwas nicht gefallen lassen muss. Deshalb schreibt Rosi mit Lippenstift eine Ermahnung auf die Windschutzscheibe des Autos von Georg. „Pass auf!“ sind ihre Worte. Sie hat sie so auf die Windschutzscheibe platziert, dass die Sicht beim Fahren beeinträchtigt wird. Die Situation eskaliert.

      Hans informiert das Ordnungsamt über den gesamten Vorfall. Hinsichtlich des Zuparkens wird ihm gesagt, dass man für die vergangenen Fälle nichts machen könne. In Zukunft könne man ja mal vorbeischauen, ob korrekt geparkt wird. Aber weil es nur eine Seitenstraße ist, seien die Chancen schlecht. Für mögliche Sachbeschädigungen sei das Ordnungsamt nicht zuständig. Hans fühlt sich von den Behörden im Stich gelassen. Die Situation wird von Tag zu Tag unerträglicher.

      Längst ist es nicht mehr nur der Kaugummi, der an der Windschutzscheibe klebt. Das Lebensgefühl in der Kunststraße wird beeinträchtigt. Hans und Rosi wissen nicht mehr weiter.

      Was ist die beste Lösung? Die erste Frage, die Sie sich stellen sollten, lautet: „Habe ich überhaupt einen Konflikt?“ Oder anders formuliert: „Was genau regt mich so daran auf, dass ein Rotzlöffel aus der Nachbarschaft einen Kaugummi auf meine Windschutzscheibe klebt?“

      Oft geht es gar nicht um den Kaugummi, sondern um die Frechheit und die damit einhergehende Zumutung. „Was nimmt der sich heraus?“ Man empfindet eine persönliche Zurückweisung.

      In einem solchen Fall mag man sich überlegen, wer darüber entscheidet. Ist es der Angreifer oder der, der angegriffen wird? Man mag sich auch fragen, warum man es dem Anderen überlässt zu entscheiden, was für einen selbst Respekt bedeutet und was nicht.

      Offenbar ist Hans Einschätzung und Reaktion dem Nachbarsjungen wichtig, sonst müsste er sich nicht so viel Mühe machen, Hans zu zeigen, dass er sich nicht einschüchtern lässt.

      Die Frage nach dem eigentlichen Konflikt wird im Kapitel „Den Konflikt lösen“ (siehe Seiten 35 ff.) ausführlicher besprochen.

      Versetzen Sie sich in die Situation von Hans hinein: Hier ist die erste Weichenstellung, die Sie zu treffen haben. Spielen Sie das Spiel des Nachbarsjungen mit oder spielen Sie Ihr eigenes Spiel? Geht es um die Sache (also darum, dass die Belästigung in Zukunft unterbunden wird oder um Schadenersatz) oder darum, Respekt einzufordern?

      Im ersten Fall sollten Sie überlegen, wie Sie den Nachbarn zu dem gewünschten Verhalten bewegen können. Suchen Sie das Gespräch. Wenn der Nachbarsjunge dafür nicht zur Verfügung steht, sprechen Sie mit Gerda und schildern Sie Ihre Not. Gerda hat sicherlich Einfluss auf ihren Sohn.

      Im letzteren Fall sollten Sie überlegen, warum dafür das Verhalten anderer wichtig ist.

      Bei jeder Vorgehensweise muss berücksichtigt und bedacht werden, dass eine Aktion eine Reaktion hervorruft und dass sich der Nachbar dann nicht als der agierende (= aggressive), sondern als der reagierende Teil (= Verteidiger) sehen mag.

      Bedenken Sie auch, dass Ihre Reaktion für den Nachbarn stimulierend ist. Überlegen Sie bitte, was der Nachbarsjunge wohl macht, wenn seine Angriffe ins Leere gehen und keine Reaktion bei Ihnen hervorrufen? Wer eine Eskalation vermeiden will, sollte also zunächst mit sich selbst im Reinen sein und dann – falls es überhaupt noch nötig ist – das Gespräch suchen.

      Gesetz und Recht: Juristisch betrachtet, besteht sowohl für das Ankleben des Kaugummis wie für die Beschriftung mit dem Lippenstift ein Beseitigungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB, ein Schadenersatzanspruch nach § 823 BGB, wenn ein Schaden an dem Fahrzeug entstanden ist, oder ein Unterlassungsanspruch (§ 1004 Abs. 1 BGB), wenn Wiederholungen zu befürchten sind. Ob das Verhalten des Nachbarsjungen in diesem Fall bereits als eine Beleidigung angesehen werden kann, ist mehr als fraglich.

      Die Rechtslage ist schwierig. Es muss plausibel nachgewiesen werden können, wer den Kaugummi an die Scheibe klebt. Ein Schaden dürfte kaum entstehen, wenn der Kaugummi restlos beseitigt werden kann. Auch eine Wiederholungsgefahr ist darzulegen.

      Wie geht es weiter? Zu empfehlen wäre es, bei einer guten Gelegenheit das Thema in einem Gespräch mit dem Nachbarn anzusprechen. Ideal wäre es, wenn das Gespräch aus einer zwanglosen Situation entwickelt wird. Wenn das Gespräch direkt mit Vorwürfen und Forderungen beginnt, neigt der Gesprächspartner entweder zu Gegenangriffen oder er macht dicht, das heißt, er lässt sich auf die Forderungen gar nicht ein. In dem Gespräch geht es also darum, dass der Gesprächspartner ein Ohr für die eigenen Nöte bekommt. Es ist also geschickt, das Gespräch so zu führen, dass das Thema wie zufällig aufkommt. „Apropos parken: Gestern habe ich in der Zeitung gelesen, dass jemand die Feuerwehrzufahrt im Nachbarort zugeparkt hat. Deshalb sind Menschen gefährdet worden. … Ich habe da übrigens auch ein Problem …“

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       Immer wieder Hundehaufen!

      Das kann richtig teuer werden, wenn der Nachbar Klage vor Gericht erhebt. Ein Tierhalter sollte aber ohnehin verhindern, dass sein Hund den Nachbargarten als Toilette benutzt.

      Wenn das nichts bringt, muss man massiver werden. Drohungen sollten immer mit dem Angebot verbunden werden, einen anderen Weg zu gehen: „Ich überlege, dich anzuzeigen. … Was würde sich daraus ergeben? … Vielleicht ist es schlau, wenn wir beide das vermeiden …“

      image Streunende Hunde und Katzen

      Auch Eigenheimbesitzer können wegen ihrer Vierbeiner Ärger mit dem Nachbarn bekommen – vor allem, wenn ihr Hund regelmäßig seine Haufen in dessen Garten hinterlässt

      Antons Hund läuft gelegentlich auf das Grundstück von Nachbar Bruno, um dort seine Geschäfte zu verrichten. Bruno ist darüber sehr verärgert, Anton bietet deshalb an, die Hinterlassenschaften jeweils zu entfernen. Dies passt Bruno jedoch nicht. Er erklärt: „Das fehlt noch, dass Sie hier einfach in meinem Garten rumlaufen, um irgendwelche Haufen zu entsorgen! Kommt ja gar nicht infrage, sorgen Sie dafür, dass Ihr Hund nicht auf mein Grundstück kommt, sonst werde ich selbst dafür sorgen.“ Er droht an, den Hund zu vergiften oder zu erschießen. Wenig später wird der Hund verletzt aufgefunden.

      Was ist die beste Lösung? Das Thema Hund kann schon deshalb herausfordernd sein, weil Hunde emotional besetzt sind. Für den Hundehalter ist das dann so, als wenn die eigenen Kinder angegriffen werden. Die müssen um jeden Preis beschützt und entschuldigt werden. Themen wie Hundeverhalten können leicht in Grundsatzdebatten enden, sodass sich kaum noch eine Lösung finden lässt. Dann kommen Argumente auf wie: „Ein Hund hat auch Persönlichkeit und ein Recht auf Freiheit“ oder ähnlich. Es lohnt nicht, sich auf solche Argumente einzulassen.

      Ein Gespräch

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