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kann zwar die Wirkung des Gens außer Kraft setzen, aber in der Perimenopause führt ein niedriger Östrogenspiegel möglicherweise dazu, dass eine Frau mit diesen kurzen Serotonin-Transporter-Genen plötzlich, scheinbar über Nacht, völlig in Stress gerät und depressiv wird.

      Catechol-O-Methyltransferase (COMT): COMT ist eines der Enzyme, die Ihr Gehirn bei der Verarbeitung der Catecholamine, d.h. von Neurotransmittern im Gehirn, unterstützt; zu ihnen gehören Dopamin, Adrenalin und Noradrenalin. Das normale COMT-Gen gibt es in der Variante „COMT-Met“ und COMT-Val“; das bezieht sich auf die Aminosäuren in der DNA. Frauen mit der „Met“-Variante haben Schwierigkeiten mit der Verstoffwechselung von Östrogen.

      Neurotropin (BDNF): BDNF ist eine chemische Substanz im Gehirn, die das Wachstum von Nervenzellen und die neuronale Plastizität insbesondere in den Teilen des Gehirns fördert, die mit dem Lernen, dem Langzeitgedächtnis und der Fähigkeit zu komplexem Denken in Zusammenhang stehen. (Bei der neuronalen Plastizität handelt es sich um die Eigenschaft von Synapsen, Nervenzellen oder auch von ganzen Hirnarealen, sich je nachdem, wie sie verwendet werden, in ihren Eigenschaften zu ändern; Anm. d. Übers.) Der BDNF-Spiegel wird vom BDNF-Gen gesteuert. Östrogen erhöht BDNF, Sport auch. Es überrascht also nicht, dass Cortisol die Bildung von BDNF reduziert. Ein weiteres Beispiel für die Kommunikation zwischen Hormonen, Neurotransmittern und Ihren Genen: Wenn in der Perimenopause der Cortisolspiegel steigt und der Östrogenspiegel sinkt, kann BDNF abnehmen.

      Liegt das Problem in der Mutterschaft begründet?

      Ich musste mich fragen, ob meine nachlassende Energie mit Ende Dreißig damit zu tun hatte, dass ich zwei Kinder habe. Seinerzeit kämpfte ich mich durch 120-Stunden-Wochen an der Universität und die Facharztausbildung, doch die Jahre nach der Geburt meiner Kinder fand ich viel strapaziöser. Es schien wie ein Nullsummenspiel, in dem ich ständig einen mir lieb gewordenen Aspekt meines Lebens einem anderen opferte. Es schien, als sei ich nie in der Lage gewesen, meine Batterien wieder ganz aufzuladen und in der Folge litten meine Leistungsfähigkeit und meine Geduld. Das ist nicht nur meine Erfahrung; die Amerikanerinnen insgesamt berichten, dass ihr psychisches Wohlbefinden zwischen 35 und 50 am schlechtesten ist und meist mit vermehrten Sorgen und Traurigkeit einhergeht.

      Bestand das Problem darin, Mutter zu sein? Nein, es lag an den Hormonen. Woher ich das weiß? Weil 20 Prozent meiner Patientinnen in den Vierzigern keine Kinder haben und sich mit denselben Problemen herumschlagen. Sie schlafen regelmäßig schlecht, klagen über zusätzliche Pfunde auf den Rippen, und sie fragen sich, warum sie sich nicht mehr so lebendig fühlen und nicht mehr so aussehen wie früher.

      Auf der Suche mit 40 plus

      In seinem Buch The Tree of Yoga (zu Deutsch etwa: „Der Baum des Yoga“) beschreibt K. S. Iyengar die vier Entwicklungsstadien im indischen System der Ashrams: Schüler, Haushaltungsvorstand, Waldbewohner, Entsagender. (Sie sind den von C. G. Jung und Erik H. Erikson beschriebenen nicht unähnlich.) Iyengar sagt, dass dieses System es dem Menschen im mittleren Lebensalter (dem Waldbewohner) ermöglicht, frei von familiären und gesellschaftlichen Verpflichtungen zu sein, um nach der Versenkung des Yogi zu streben. Mit anderen Worten, es wird Ihnen am besten ergehen, wenn Sie sich mit etwa 42 Jahren der äußeren Welt und ihren Zwängen allmählich zu entziehen beginnen und sich nach innen wenden.

      Das klingt gut, aber ich war durch die Schwangerschaften beansprucht. Nun bin ich Mitte Vierzig und wäre sehr gerne eine Waldbewohnerin, doch jetzt sind da diese zwei aufgeweckten Kinder (zum Zeitpunkt der Entstehung dieses Buches 8 und 13 Jahre alt), die mich brauchen. Ich würde gerne hundertprozentig zur Verantwortung für meine Familie stehen, aber ich fühle mich oft, als würden mein Gehirn und mein Körper mich lieber als Suchende sehen, die sich ganz legal aus den dem unmittelbaren Tagesgeschäft ausblenden darf.

      Mit diesem Gefühl stehe ich nicht alleine da. Frauen in den Vierzigern sind hormonell darauf ausgerichtet, Sucherinnen zu sein, frei von häuslicher Verantwortung, aber viele von uns wurden erst später Mutter. In der Zeit, die unser Körper eigentlich dafür vorgesehen hat, Waldbewohnerinnen zu sein, stecken wir frustriert und belastet durch die Pflichten des Haushalts fest.

      Dr. Louann Brizendine ist Psychiaterin an der Universität von Kalifornien in San Francisco und betreibt Forschung zu den Themen Hormone sowie Frauen und ihre Gemütslage. Ihre Schlussfolgerung: Durch die Haushaltspflichten – abgesichert durch einen Partner und mit Kindern – führen die vorhersehbaren hormonellen Veränderungen zwangsläufig dazu, dass sich Frauen in der familiären Erziehung und Pflege einrichten. Manche bezeichnen diese Haltung als hormonelle Wolke oder hormonellen Vorhang. Und dann, in den Vierzigern, wachen wir auf (wahrscheinlich so gegen zwei Uhr nachts) und sind überzeugt davon, dass wir die Scheidung wollen. Wir haben die Nase von all den hilfsbedürftigen, egozentrischen Narzisten in unserem Leben, wir sind zu Tode erschöpft und wir brauchen eine Auszeit. Wir sind gerüstet und bereit und instinktiv darauf gepolt, Waldbewohnerinnen zu sein.

      Das ist nicht alles schlecht. Sie erinnern sich, die Perimenopause ist eine natürliche Lebensphase, keine Krankheit. Das Tolle daran ist, wenn Sie erst einmal die Jahre als Haushaltungsvorstand hinter sich haben, interessiert es Sie weniger, was andere Leute denken. Sie kümmern sich weniger um Klamotten und Make-up, um die Meinung Ihrer Mutter über Ihre Frisur, oder darum, ob Sie mit Ihrer Meinung anderen auf den Schlips treten. Warum ist das so? Ihre Eierstöcke bilden weniger Östrogen – und am Östrogen liegt es, dass Sie Kinder haben, hübsch aussehen und den Menschen gefallen wollen. Weniger Östrogen bedeutet, dass Sie aufhören, es Menschen kritiklos recht zu machen und schließlich sogar damit herausplatzen, was Sie, seit Sie 25 Jahre alt waren, schon immer einmal loswerden wollten.

      Das chinesische Schriftzeichen für Krise hat zwei Bedeutungen: Gefahr und Chance. Frauen in der Perimenopause sind gefährlich, denn wir machen uns eben nicht mehr länger Liebkind bei allen oder, wie wir es aus dem Englischen übernommen haben, wir sind nicht mehr „Everybody‘s Darling“. Wir sagen jetzt: „Das ist schön, aber, bei allem Respekt, es interessiert mich nicht.“ Wir stehen nicht mehr länger unter dem hormonellen Druck des „Lass mich dir zu Gefallen sein“, wie es in den Zwanzigern und Dreißigern war, sondern wir beginnen uns zu begeistern, wir werden weiser, kreativer. Wir kommen ganz in die eigene Kraft.

      Und die Verrücktheit hört wirklich auf, glauben Sie mir. In Ihrem Buch „Weisheit der Wechseljahre“ erinnert uns Dr. Christiane Northrup daran, dass wir in der Perimenopause aus den Jahren der hormonellen Schwankungen in eine Zeit des Lebens überwechseln, die sich in gleichmäßigeren Gewässern abspielt, in der wir (wie vor der Pubertät) jeden Tag denselben Hormonspiegel haben. Und das bedeutet schließlich mehr Stabilität im Leben nach der Menopause. Das verspreche ich Ihnen.

      Die goldene Mitte

      Ich habe festgestellt, dass es zwei Möglichkeit gibt, mit der Menopause umzugehen: Auf der einen Seite steht die Schulmedizin; hier bieten Ärzte allen Frauen, ohne Rücksicht auf ihre individuellen Symptome, die gleiche Behandlung an. Im Allgemeinen heißt das, die „Pille“ für jüngere Patientinnen und eine Hormonersatztherapie für Frauen ab Mitte Vierzig. Alternativ verschreiben immer mehr Schulmediziner seit 2002, als viele verängstigte Frauen keine Hormone mehr einnehmen wollten (hier bezieht sie sich auf die WHI-Studie, die vorzeitig abgebrochen werden musste, weil sie statt zu den gewünschten Erfolgen zu einem erhöhten Krebsrisiko führte; Anm. d. Übers.), für alles, worunter Patientinnen im mittleren Alter leiden – von Angstzuständen über Zwangsstörungen bis hin zum einfachen Gefühl der Überforderung – Antidepressiva.

      Aber die Sache hat einen Haken: Kennen Sie den Warnhinweis auf den Beipackzetteln all dieser Medikamente? Antidepressiva haben durchschnittlich 70 mögliche Nebenwirkungen und manche sage und schreibe 500. Gelegentlich widersprechen sie sich auch: Ein Medikament soll müde machen, doch wenn Sie ein bisschen weiter lesen, verursacht es auch Schlaflosigkeit.

      Auf der andere Seite stehen all diejenigen, die mit Medikamenten nichts zu tun haben wollen und von dem Gedanken fasziniert sind, eine Frau könne die Perimenopause bewältigen, wenn sie extrem auf ihren Lebensstil achtet. Und das sieht dann in etwa so aus: Kein Alkohol! Nur gefiltertes Wasser,

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