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gleichzeitig.

      »Wir holen dich raus«, hörte sie Cyprians Stimme.

      Ein weiß glänzender Kampfroboter flog auf sie zu.

      Und etwas zupfte an ihrem Arm. »Giuna.«

      Sie drehte sich um. Es war Lanko.

      Ihr Herz blieb stehen, vor Freude und Entsetzen. Sein Gesicht war eine starre Maske, die Augen blutunterlaufen, das dunkle Blau der Iriden wie mit einem milchigen Schleier überzogen. Auf der rechten Kopfseite waren die Haare büschelweise ausgerissen und schmutzig rote Krusten zurückgeblieben. Er konnte sich kaum auf den Beinen halten. Das war der Mann, der sie auf dem Rücken den Ranlo-Berg hochgetragen hatte?

      Und dennoch, trotz seines elenden Zustands hatte letztlich nicht sie ihn gefunden, sondern er sie.

      Ihre Lippen zitterten. »Du gehörst also zu den Narren, die ausharren und die Hoffnung nicht aufgeben?«

      »Wieso Narren?«, fragte er. »Du bist hier, oder nicht?«

      Dann feuerte der Kampfroboter. Die Welt explodierte, und wo einen Augenblick lang Feuer loderte, blieb nur Schwärze.

      Giuna Linh fiel ins Dunkel.

      11.

      Der Start der BJO BREISKOLL

      Sie waren die Ersten, die die Zentrale der BJO BREISKOLL betraten, Perry Rhodan und Farye Sepheroa-Rhodan, seine Enkelin. Sie setzte sich in den Kontursessel der Pilotin; er blieb neben ihr stehen. Der Panoramaschirm erhellte sich. Farye fühlte sich in diesem Sessel des Piloten sichtlich wohl.

      Wie jung sie immer noch wirkt, wie mädchenhaft, fiel ihm auf. Dabei zählte sie inzwischen knapp über 60 Jahre. Die Kinder von Zellaktivatorträgern, dachte er. Was für eine Gnade, dass wir so lange an ihrem Leben teilnehmen dürfen.

      Wie immer hatte sie ihre braunen Haare in die Stirn gekämmt. Er strich ihr mit einer fast ungewollten Bewegung die Haare aus der Schläfe und fuhr mit seinen Fingern sacht über die daumennagelgroße, leichte Vertiefung, die man nur sah, wenn man um sie wusste.

      Sie ließ es geschehen.

      Dort, an den Schläfen, hatten bei ihrer Großmutter die Vortex-Augen gelegen. Rhodan hatte keinen Zweifel: Diesem Erbe verdankte Farye ihr fast intuitives Verständnis für Flugmanöver, für Routen und Wege im Weltall.

      Er hätte sich ihr jederzeit blind anvertraut.

      Als er sie kennengelernt hatte, damals, vor über dreißig Jahren, war sie Pilotin der KRUSENSTERN gewesen. Ihrer Mutter – seiner Tochter – war er nie begegnet, ja, er hatte nicht einmal von ihrer Existenz gewusst.

      Wie wir manchmal verlieren, was wir nie besessen haben, dachte er. Und wie schwer uns dieser Verlust belastet.

      Die ersten der anderen Mitglieder der Zentralebesatzung betraten den Raum, grüßten und nahmen ihre Plätze ein. Rhodan rückte behutsam von Farye ab.

      Kurz darauf war die Besatzung in der Zentrale wie in der gesamten BJO BREISKOLL vollständig. Rhodan meldete der RAS TSCHUBAI volle Einsatzbereitschaft.

      Das Mutterschiff löste der Reihe nach die Verbindungen zum Kreuzer. Da kein Notstart vorgesehen war, würde diese Prozedur etwa eine Minute in Anspruch nehmen. Rhodan stand noch neben dem Kontursessel der Pilotin.

      Im Panoramaholo glänzte das stille Rad der Milchstraße.

      »Hast du Angst?«, fragte Farye so leise, dass nur er es hören konnte. »Ich meine: Angst vor dem, was uns dort erwartet?«

      »Nein«, sagte er.

      »Was fühlst du dann?«

      »Sorge«, sagte er. »Ich sorge mich.«

      »Er sorgt sich«, sagte sie wie zu sich selbst. »Der Ex-Resident und Ex-Ritter der Tiefe. Major Großvater. Der diensthabende Risikopilot der Menschheit. Ihr Pfadfinder zu den Sternen.« Sie grinste ihn über ihre Schulter hinweg an. »Aber Angst vor dem, was diese Sterne ihm in dieser Cairanischen Epoche bereithalten, hat er nicht.«

      »Hat er nicht«, bestätigte er.

      »Warum eigentlich nicht?«

      Er beugte sich wieder ein wenig zu ihr vor und sagte leise, die rechte Hand auf die Rückenlehne ihres Kontursessels gelegt: »Weil diese Hunderte von Milliarden Sonnen bloß Gasbälle sind, die ihre Energien in die Kälte verschleudern. Zu Sternen werden sie erst, wenn wir nach ihnen greifen.«

      »Ist das so?«

      »So ist das.«

      »Aye«, sagte sie und dann, mit erhobener und fester Stimme: »Farye Sepheroa-Rhodan an RAS TSCHUBAI. Wir starten.«

      12.

      Giunas Zukunft

      Giuna Linh erwachte und wusste, dass sie verloren hatte.

      Die Cairaner schicken ein Augenschiff, der Kampfroboter greift an, die Horde der Gefangenen richtet sich gegen mich. Vielleicht wirft sich Lanko vor mich, um mich zu schützen und ... und wird ebenfalls erschlagen?

      Aber wieso blieb alles still?

      Sie schlug die Augen auf. Über ihr glänzte sauberes, helles Holz an der Decke. Es roch frisch. Irgendwo piepte etwas.

      Und Giuna lag bequem.

      Sie drehte sich. Ihr Rücken schmerzte, aber dumpf, wie in weiter Ferne oder hinter einem Schleier aus Betäubung. Ihre Schmerzen wurden unterdrückt, begriff sie, durch Medikamente.

      Sie setzte sich auf. Die dünne Decke über ihrem Körper verrutschte. Sie trug ein Shirt, luftig, frisch und sauber.

      An der Wand gegenüber hing ein Holobild, das ein kleines Sonnensystem zeigte: eine orangerote Sonne mit einem einzelnen Planeten. »Barnit«, stand darunter.

      Dies war eine Medostation.

      Links neben ihr entdeckte sie ein zweites Bett. Der Mann darin war dünn und ausgezehrt und noch schlimmer zugerichtet, als sie ihn diesen kurzen, kostbaren Augenblick lang hatte sehen dürfen, ehe die Welt explodierte. Und doch war er wunderschön, weil er lebte.

      Giuna stand auf, um die zwei Schritte zu ihm zu gehen. Sie knickte ein und wäre zusammengebrochen, wenn sie nicht ein Roboter aufgefangen hätte, woher immer er kam.

      »Du musst dich schonen«, forderte die Maschine, während sie Giuna zurück ins Bett hob.

      »Nein«, sagte sie. »Lanko, was ist mit ihm? Wie geht es ihm?«

      »Warte einen Moment.«

      »Sag es mir!«

      Die Tür öffnete sich, und Cyprian Okri trat ein. »Es ist gut«, sagte er. »Bleib liegen, Giuna, denn alles ist gut.«

      »Alles?«

      Er lächelte. »Irgendwann vielleicht. Wir sind auf dem Weg dorthin.«

      Dann erzählte er.

      Wie er mit Kondayk-A1 aus dem Schutz der Unsichtbarkeit heraus Giuna und Lanko aus den Trümmern gerettet hatte, die der Kampfroboter mit einem ersten brutalen Schuss hinterlassen hatte. Zwei Gefangene waren dabei gestorben.

      Wie sie geflohen waren, die beiden reglosen Menschen umklammert. Der Roboter hatte sie verfolgt, bis sie ihn zerstörten. »Für die Cairaner und alle anderen gilt das allerdings als dein Werk«, ergänzte er. »Sie denken, du warst allein.«

      »Aber die Daten des Transmitters ...«

      »Wir haben ihn vernichtet. Oder besser gesagt – du hast das getan. Wir kamen zur Felsnadel, während Beiboote des Augenschiffs landeten und starke Truppenkontingente ausschleusten. Sie nehmen es ernst.«

      »Gab es viele Fallen auf dem Weg zum Transmitter?«

      Er setzte sich auf die Kante ihres Bettes. »Ohne unsere Anzüge wären wir nicht einmal in die Nähe gekommen.

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