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die wallenden Schlieren des Linearraums ersetzt.

      Die schlauchartigen Energiebündel waren weiterhin da. Rhodan zählte vier, fünf, sechs von ihnen. Wenn überhaupt, schienen sie sich noch näher als zuvor an der BJO BREISKOLL zu befinden, als hätten sie genau gewusst, wo der Kreuzer wieder in den Halbraum eintreten würde. Sie waren in der holografischen Darstellung nur Millimeter von dem Schiff entfernt.

      Also Plan B!, dachte Rhodan. »Sofortige Rückkehr in den Normalraum!«

      In diesem Moment schien eines der Energiebündel einen Satz zu machen, eine Ausstülpung zu bilden, vorwärts zu schnellen; Rhodan konnte es nicht genau sagen. Auf dem Holo schmiegte sich violettes Leuchten um die BJO.

      »Linearflug sofort beenden!« Plötzlich juckte Rhodans Narbe auf dem Nasenflügel wie verrückt.

      Nichts geschah. Das Holo zeigte weiterhin das wesenlose Wallen des Linearraums.

      2.

      BJO BREISKOLL

      Wurmbefall

      »Fahrt stoppen!«, rief Rhodan. Gespannt beobachtete er die Holos.

      Er wartete, wartete viel zu lange, doch sie veränderten sich nicht. Die BJO BREISKOLL blieb im Halbraum.

      Ungläubig schüttelte Perry Rhodan den Kopf. Was war da los? Was er in der dreidimensionalen Darstellung sah, widersprach den Naturgesetzen, die für ihn seit dreitausend Jahren Gültigkeit hatten. Wie war es möglich, dass das Schiff einfach im Halbraum verharrte?

      »Den Hawk abschalten!« Es musste ihnen irgendwie gelingen, die BJO aus dem Linearraum zu bekommen! Ohne Antrieb würde sich das Schiff nicht in diesem Kontinuum halten können.

      Abrupt wurde es leiser im Schiff. Rhodan glaubte zumindest, dass einige kaum wahrnehmbare Hintergrundgeräusche nicht mehr zu hören waren. Auch das ganz leichte Vibrieren schien aufgehört zu haben. Das Hawk-Triebwerk arbeitete nicht mehr.

      Rhodan kniff die Augen zusammen, doch die Ortungsholos veränderten sich noch immer nicht. Die violette Energiehülle schien sich sogar enger um den Kreuzer zu schmiegen. Längst umschloss sie ihn lückenlos wie eine zweite künstliche Haut, doch nun schien sie sich zusammenzuziehen, als wolle sie das Schiff in ihrem Würgegriff zerquetschen.

      »Das ist unmöglich!«, murmelte er. Er zwang sich, das Unfassbare noch einmal zu denken, um es vielleicht irgendwie akzeptieren zu können.

      Die BJO BREISKOLL bleibt im Linearraum! Obwohl die Techniker das Überlichttriebwerk abgeschaltet haben, hängt der Kreuzer hier fest!

      »Was geschieht hier?«, fragte er laut. »Liegen erste Analysen vor?«

      »Spontan würde ich es als ... Vakuole bezeichnen«, antwortete Solemani nach vier, fünf Herzschlägen. »Ich will damit nicht behaupten, dass das Ding organisch ist, aber es umschließt die BJO, wie eine Membran, die eng um das Schiff liegt und es isoliert ...«

      »Ist sie dafür verantwortlich, dass die BJO nicht in den Normalraum zurückfällt?«

      »Die Untersuchungen und Analysen laufen!«, rief Ninasoma. »OXFORD kann aber noch nicht mit Ergebnissen aufwarten.«

      Rhodan musste sich zwingen, der unglaublichen Realität ins Auge zu sehen. Alles lief auf eins hinaus. Das war ein Angriff!

      »Alarmzustand rot!«, sagte er.

      Durch die Zentrale und das ganze Schiff jaulten die Sirenen. Rhodan konnte sich bildlich vorstellen, was nun überall geschah: Besatzungsmitglieder ließen alles stehen und liegen, womit sie gerade beschäftigt waren, schlüpften hektisch in ihre Uniformen, falls sie Freischicht hatten, und rannten dann los, um so schnell wie möglich zu ihren Stationen oder Posten zu gelangen.

      »OXFORD!«, sagte Rhodan eindringlich. »Ich brauche Informationen! Womit haben wir es zu tun?«

      »Analyse folgt«, kündigte die zentrale Positronik des Schiffes an. »Dringlichkeit verändert. Ich stelle eine Beschädigung der Hülle fest. Bilder folgen ... ich muss über einige Kameras auf den Geschütztürmen gehen!«

      Also doch!, dachte Rhodan. Ein weiteres Holo erhellte sich. Er starrte wie gebannt auf die dreidimensionale Darstellung.

      Ein Energieschlauch hatte dort durch die Wand der Vakuole an dem Schiff angedockt.

      Rhodan fluchte leise. »OXFORD, wir brauchen mehr Daten! Womit haben wir es zu tun?«

      Ohne gesicherte Fakten waren ihnen die Hände gebunden, konnten sie keinen Plan ausarbeiten, wie sie wirksam gegen diese bedrohlichen Halbraumphänomene vorgehen konnten.

      »Wir haben keine neuen Erkenntnisse. Ich bin auf Beobachtungen angewiesen. Das Innere des Schlauchs scheint mit einer Atmosphäre gefüllt zu sein.«

      Rhodan kniff die Augen zusammen und sah, dass das energetische Gebilde leicht pulsierte. Es konnte tausend andere Ursachen dafür geben, doch wenn die Schiffspositronik von einer Atmosphäre ausging, würde sie gute Gründe haben. Es handelte sich bei ihrer Aussage zumindest um eine sehr begründete Vermutung.

      Eine Atmosphäre konnte aber nur eines bedeuten ...

      »Falls dieser Schlauch tatsächlich mit einer Atmosphäre gefüllt ist, halten sich dort wahrscheinlich Lebewesen auf«, überlegte er fast wie im Selbstgespräch. »Kannst du die Atmosphärenzusammensetzung näher bestimmen? Sauerstoff oder lebensfeindlich?«

      »Bisher nicht. Aber zur Beschädigung der Schiffshülle an der Kontaktstelle liegen erste Daten vor. Etwas löst sie wie mit einem Desintegrator auf, will sie offensichtlich durchdringen.«

      »Wird das gelingen?«

      »Die Hülle wird beunruhigend schnell dünner.«

      »Verdammt!« Was war imstande, eine Raumschiffshülle aus Ynkonit einfach ... aufzulösen? Das Wabenverbund-Zellensystem aus dem festen, beschussverdichteten rötlich blauen Material in Kombination mit exotischen Ultraleicht-Keramik-Faserverbundstrukturen in fünfschaliger Sandwich-Panzerbauweise zählte zu den widerstandfähigsten Produkten, die die Galaktiker jemals entwickelt und zum Einsatz gebracht hatten. Die zusätzliche Aussteifung der ausgeschäumten Wabenstruktur und integrierte Projektoren zur Schwingungs- und Vibrationsabsorption, die überdies durch eine Kristallfeldintensivierung verstärkt wurde, sorgte für eine unvergleichliche Festigkeit der Hülle.

      Und ein derartiges Material verwandelte sich unter dem Einfluss einer unbekannten Waffe einfach in Gas?

      Perry Rhodan sah sich in der Zentrale um. Die Besatzungsmitglieder arbeiteten schnell und konzentriert. Manche Stationen waren bereits doppelt besetzt, die Männer und Frauen, die Freischicht gehabt hatten, unterstützten nun ihre diensthabenden Kollegen. Über vielen Konsolen entstanden Datenholos. Ihre Informationen wurden abgerufen, und die Holos lösten sich auf, nur um umgehend von neuen ersetzt zu werden.

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      Illustration: Swen Papenbrock

      Die Gesichter der Spezialisten blieben weitgehend ratlos. Sie konnten keine neuen Erkenntnisse weitergeben.

      »Mobile Schirmfeldprojektoren in der Nähe der Angriffsstelle postieren!«, befahl Rhodan.

      »Ist bereits veranlasst!«, sagte Ninasoma, ohne von seiner Konsole aufzusehen. Seine Finger huschten über die Sensorfläche.

      »Wann wird die Hülle brechen?«, fragte Farye.

      »Das lässt sich nicht genau sagen. Den bisherigen Werten zufolge in vierzig Sekunden.«

      »In vierzig Sekunden?« Damit hatte Rhodan nicht gerechnet. War diese unbekannte Waffe wirklich imstande, mit konventionellen Mitteln in zwei Minuten ein Loch durch Ynkonit zu treiben?

      »TARAS und Raumsoldaten zu der zu erwartenden Bruchstelle!«, befahl er. »Waffen an die gesamte Mannschaft ausgeben!«

      Diese Anweisung war keineswegs übertrieben. Rhodan hatte mittlerweile

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