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Giuna.

      Er zog sich trotzdem nicht zurück. Wohin auch, in dem winzigen Beiboot? »Tut mir leid. Privatsphäre gibt es in diesem Gefährt nicht.«

      »Bald werden wir schlimmere Probleme haben.«

      »Eben.« Er nestelte in der Beintasche seines SERUNS und zog eine kleine Dose heraus. »Ich wollte mir das hier nicht bei den beiden Agenten gönnen, und einen Raum für mich allein habe ich leider nicht zur Verfügung.« Er schraubte den Behälter auf.

      »Was ist ...?«

      »Ein Extrakt der Muhl-Drüse der größten Affenart von Manturla III«, erklärte er, ehe sie ihre Frage beenden konnte. »Besser bekannt als Prytokain.«

      »Ein Medikament?«, fragte sie skeptisch.

      »So kann man es auch nennen. Es beruhigt meine Nerven.«

      Giuna fühlte Zorn in sich aufsteigen. So kann man es auch nennen? »Soll das etwa heißen, der Arzt, der meinen komatösen Mann behandelt und mit dem ich gerade in einen selbstmörderischen Einsatz ziehe ... nimmt Drogen?«

      Der Ara griff mit Daumen und Zeigefinger ein wenig von dem Pulver und streute es sich auf die Zungenspitze. Kurz hielt er den Mund geschlossen, ehe er vorschlug: »Bleib doch bei der Bezeichnung Medikament. Klingt besser. Und keine Sorge: Ich habe es unter Kontrolle.«

      Ihr lag Das sagen alle auf der Zunge, aber sie verkniff sich diese Bemerkung. Eine Diskussion hätte nichts gebracht. »Wenn du meinst«, sagte sie stattdessen.

      »Ich lebe mit diesem Zeug seit meinem ersten Tag in den Diensten des hochgeschätzten Kondayk-A1. Es ist sogar im Vertrag geregelt. Paragraph 78.«

      »Du ... musst es nehmen?«

      »Diese Vertragsergänzung stammt von mir. Ich habe mich lediglich abgesichert, dass mir niemand einen Strick daraus drehen kann.«

      Im selben Moment wechselte die Beleuchtung; ein wenig Rotlicht mischte sich hinein. Im Beiboot herrschte ab sofort eine stille Alarmstufe.

      »Wir gehen in einen Orientierungsstopp«, ertönte Cyprians Stimme über Funk. »Kein Grund zur Besorgnis. Die Positronik berechnet den restlichen Überlichtflug. Hier ist das Ergebnis. Wir wechseln in Kürze erneut auf Überlichtgeschwindigkeit. Verbleibende Flugdauer: 28 Minuten. Genießen wir das Leben bis dahin, ehe der Vital-Suppressor auf uns wirkt.«

      »Eben«, meinte der Ara und gönnte sich eine weitere Dosis Prytokain.

      »Falsch«, dröhnte die Stimme von Kondayk-A1 durch die Funkverbindung. »Finale Einsatzbesprechung: Jetzt! Ich erwarte alle sofort im Pilotenraum.«

      Doktor Spand verdrehte die Augen. Gemeinsam mit ihm verließ Giuna den Raum. Sie gingen durch einen winzigen Gang, an dessen Seiten sich Aggregate und technische Geräte stapelten, deren Sinn Giuna nicht erkannte – Lanko wäre daraus mit einiger Wahrscheinlichkeit schlau geworden.

      Am Ende des Gangs warteten die beiden Kampfroboter im Stand-by-Modus. Es handelte sich um Maschinen in Form zweier aufeinanderliegender Würfel, die vor allem durch ein Merkmal glänzten – die Offensivbewaffnung.

      Dem Minikorridor schloss sich eine Tür an, die automatisch zur Seite glitt, als sie sich ihr näherten. So erreichten sie den einzigen anderen Raum des Beiboots, in dem sich die beiden NDE-Agenten auf den Pilotensitzen zu den Neuankömmlingen umdrehten.

      »Es wird Zeit, die letzten Details zu besprechen«, dröhnte Kondayk-A1, dessen wuchtige Gestalt den Sitz zu sprengen drohte. Er musste sich ohnehin überall ducken, denn das Beiboot war ein terranisches Modell und nicht für Barniter gedacht, die den Terranern zwar sehr ähnelten, aber um einiges größer und breiter waren.

      »Wir haben in der TREU & GLAUBEN nicht alle Einzelheiten genannt«, ergänzte Cyprian. »Man weiß nie, ob die Cairaner mithören.«

      »In eurem Schiff?«, fragte Giuna. »Ernsthaft?«

      »Es ist mein Schiff«, verbesserte Kondayk. »Und ich fühlte mich dort gut aufgehoben. Doch wie mein Kollege schon sagte: Man weiß nie. Sicher ist sicher. Seit wir dich aufgenommen haben, Giuna, und nebenbei den ersten Flüchtling von einer Ausweglosen Straße, leben wir gefährlicher. Trotzdem hoffen wir, dass es keine Spuren bis zu uns gibt.« Er machte eine wegwerfende Handbewegung. »Bei unserem zurückliegenden Vorstoß in die Strafanstalt konnten wir ein paar Sonden ausschicken und Daten aufzeichnen.«

      »Wieso weiß ich davon nichts?«, entfuhr es ihr.

      »Weil wir keinen Grund sahen, dich darüber zu informieren«, antwortete der Barniter trocken. »Es sind NDE-interne Details.«

      Giuna schluckte den Ärger hinunter. »Und diese Daten helfen uns jetzt?«

      »Exakt.« Cyprian tippte am Armbandkommunikator seines SERUNS und projizierte ein Holo vor sich.

      Ein winziges Abbild der Ausweglosen Straße zeigte den eigentlich mehrere Kilometer durchmessenden Ring, dessen Seiten scheinbar offen blieben, tatsächlich aber durch ein glasartiges Material verschlossen wurden. Die Strafanstalt stand im Orbit des Eisriesen Pelorius im Afallachsystem. Ein Teil der gewaltigen Krümmung des Eisplaneten war am Rand des Holos zu sehen – eine weiß glitzernde Wüste mit zerklüfteten, viele Kilometer hohen schroffen Bergen.

      Cyprian zoomte näher heran, bis das Holo nur noch das halbe Gebilde zeigte, schließlich einen Teil der metallenen Wandung. »Wir fliegen im Schutz eines Deflektors heran. Kein Zweifel, dass uns die Schutzsysteme der Cairaner früher oder später entdecken. Hoffentlich später. Sobald ein Schutzschirm geschaltet wird, feuern wir so lange, bis er kollabiert ... oder bis wir abziehen müssen. In dem Fall ist die Mission gescheitert und wir können nur hoffen, mit dem Leben davonzukommen. Fragen?«

      Alle schwiegen.

      »Wenn wir durchkommen, landen wir genau dort.« Cyprian tippte auf eine Stelle der Metallwand – zumindest sah es so aus. Tatsächlich bot das Holo natürlich keinerlei Widerstand. »Wir schleusen aus, in den SERUNS und mit der Medokapsel, jeder mit individuellem Deflektorschutz und damit für die Cairaner und ihre Roboter unsichtbar. Das Beiboot wird in einer hübschen Explosion vergehen und uns vielleicht etwas Zeit verschaffen. An der von mir bezeichneten Stelle des Rings gibt es eine Mannschleuse. Sie führt in einen Korridor, der uns zu einer Innenschleuse bringt. Wir gehen durch und sind drin.« Der hagere Terraner grinste. »Ende des ersten Teils.«

      »Wie stark ist dieser Bereich bewacht?«, fragte Doktor Spand.

      »Das konnten wir leider nicht herausfinden. Vermutlich dienen robotische oder sonstige Schutzsysteme eher dazu, unbewaffnete Gefangene am Ausbruch zu hindern als dazu, Eindringlinge abzuwehren. Das sollte uns eine Chance geben.«

      »Es klingt nicht sehr überzeugend«, gab der Ara zum Besten. »Ich könnte einige Möglichkeiten nennen, die ...«

      »Einsatzpläne für heikle Missionen können nie alle Eventualitäten abdecken«, meinte Kondayk-A1 trocken. »Das definiert eine heikle Mission. Also, weiter. Sind wir erst mal drin, ziehen wir uns zurück, verbergen uns ... und suchen den Vital-Suppressor. Er ist das Hauptziel. Noch Fragen?«

      Ungefähr tausend kamen ihr in den Sinn, aber Giuna schwieg.

      Während Cyprian die genauen Details des Plans nannte, dachte Giuna nur: für Lanko. Vielleicht konnten sie danach irgendwie verschwinden, sich aus diesem ganzen Irrsinn zurückziehen.

      4.

      Highlights und Prioritäten

      Das Holo zeigte ohne Zweifel eine auf wenige Meter komprimierte, extrem detailreiche Darstellung der Milchstraße, aber etwas unterschied sie von allem, was Rhodan kannte. Er fühlte es schon, ehe sein Verstand es erfasste.

      Die größte Helligkeit strahlte nicht im unmittelbaren Zentrum der Galaxis, wo die höchste Sternendichte herrschte. Es blieb dort sogar eher dunkel.

      Weitaus grelleres Licht kam aus verschiedenen, scheinbar wahllos verteilten Regionen der Sterneninsel. Soweit es Rhodan beurteilen konnte, entsprachen Verteilung

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