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der Traubenmasse herum, was uns unendlichen Spaß machte. Mein Onkel sammelte die Trauben, die von den anderen Familienangehörigen in Eimer geerntet wurden in der Kiepe auf seinem Rücken ein. Diese Ladung kippte er uns dann immer wieder vor die Füße. Der ein oder andere von uns bekam auch schon mal eine Ladung über sich, wenn wir nicht rechtzeitig zur Seite hüpften. Am Ende der Ernte klebten wir natürlich von Kopf bis Fuß. Mutter ging dann anschließend mit uns zum nicht sehr weit entfernten Bach. Wir mussten uns bis auf die Unterhose ausziehen und uns von Kopf bis Fuß von dem klebrigen Most befreien. Warum immer nur wir Jungs bei diesen Arbeiten helfen mussten, ist mir bis heute nicht klar.

      Die Mädchen waren dann bei der Kartoffel- und Gurkenernte gefragt. Die Erwachsenen gingen mit großen Erntekörben durch die Kartoffelzeilen, die zuvor mit Pflug und Pferd unter Führung meines Onkels umgebrochen wurden. Unsere Aufgabe war es, die kleinen Kartoffeln, welche von den Erwachsenen liegen gelassen wurden, in kleinen Körben zu sammeln und in Säcke zu füllen. Diese wurden dann als Schweinefutter verwendet. Heute geht das alles mit Maschinen und die kleinen Kartoffeln werden als „Spitzenware“ zu teuren Preisen verkauft, besonders in der Spargelzeit.

      Bei der Gurkenernte versuchte ich mich allerdings möglichst zu drücken. Das stachelte so unangenehm. Es ging darum, die Gurken zu zupfen und anschließend in die verschiedenen Kisten zu sortieren. Die kleinsten Gurken wurden am besten bezahlt, da diese als Delikatessgürkchen eingestuft waren. An der Sammelstelle im Dorf wurde die Menge gewogen und notiert. Am Ende der Saison bekamen meine Eltern das Geld auf ihr Konto gutgeschrieben. Die Summe wurde dann zusätzlich zur Abzahlung des Hauses verwendet.

      In den Tagen meiner Jugend war ich oft und viel mit meinem Vater im Wald und in der Natur unterwegs. Er erklärte mir das Wachstum in der Natur, zeigte mir einzelne Dinge am Wegesrand, die mir sonst nicht aufgefallen wären Oft ermahnte er mich, jetzt ganz leise zu sein. Tatsächlich entdeckten wir kurz darauf ein Reh mit seinem Jungen, einen äsenden Hirsch oder ein Paar Auerhähne, die miteinander kämpften. Diese waren allerdings schon lange vorher zu hören. Auch die Käfer lernte ich kennen, die in den Wäldern und Feldern zu finden waren. Am interessantesten fand ich die Hirschkäfer, welche im Unterboden des Waldes ihre Zweikämpfe ausführten. Mein Vater zeigte mir, wie ich sie anpacken konnte, ohne von den kräftigen Zangen ihres Geweihes verletzt zu werden. Diese Tage genoss ich immer ganz besonders.

      Vielleicht doch besser einen Bauernhof?

      Neben dem Haus hatte mein Vater mir ein kleines Stück Garten angelegt. Allerdings hatte er es nur grob vom Gras befreit. Alles andere war dann meine Aufgabe. Umgraben, die Schollen klein machen, Mist unterheben und einsäen. Alles durfte ich alleine machen. Eines Tages brachte mein Vater einige Erdbeersetzlinge mit und zeigte mir, wie ich diese pflanzen sollte. Ich weiß noch, wie stolz ich war, später die ersten, eigenen Erdbeeren ernten zu können.

      Eines Tages entdeckte ich beim Umgraben meines kleinen Gartens einen dicken Regenwurm in der Scholle. Interessiert zerbröselte ich den ganzen Erdklumpen, zählte die Würmer, die Käfer und das ganze andere Getier. Ich war begeistert. Ich war überzeugt, später mal ein berühmter Biologe zu werden. Andererseits hatte ich von meinem Großvater ein Buch bekommen: „Der deutsche Bauer“. Darin wurden die ganzen Tiere eines Bauernhofes beschrieben. In meinen Tagträumen sah ich diesen Bauernhof schon vor mir. In einem der Schulhefte fing ich an, zu berechnen, wie viele Hühner, Hasen, Schweine, Kühe und sonstiges Viehzeug ich brauchte, um davon gut leben zu können. Am Stand auf dem Wochenmarkt konnte ich die Eier und die ganzen anderen Produkte aus Feld und Hof bestimmt gut verkaufen. Sah alles nicht so schlecht aus, bedeutete aber viel Arbeit. So ließ ich diese Idee bald wieder fallen.

      Stolpersteine auf dem Weg nach Oben

      Da wir ohnedies jedes Jahr zwei Schweine im Stall hatten und im Frühjahr und Herbst je eine Sau geschlachtet wurde, wusste ich, wie schwer das Ausmisten des Stalles war, geschweige denn, wie unerträglich im Sommer der Gestank werden konnte. Auch half ich meinem Vater bei der Zucht der Kaninchen. Wir gingen jeden zweiten Tag mit Sense und Schubkarren auf die rund einen Kilometer entfernte Wiese und holten frisches Gras. Morgens fütterte Papa die Kaninchen bevor er zur Arbeit ging, abends war es meine Aufgabe. Es machte mir viel Spaß, war aber auch eine oft nicht leichte Sache. Mit den Jahren übernahm ich diese Arbeit ganz, nur das Schlachten blieb Sache meines Vaters. Mit 14 oder 15 Jahren wurde mir auch diese Aufgabe übertragen. Ich lernte schnell. Nur das „Köpfen der Hühner“ durfte ich nur einmal erledigen. Da die drei Hühner, die ich enthauptete, alle anschließend kräftig mit den Flügeln schlugen, ließ ich sie einfach los. Auch ohne Kopf hüpften sie noch durch die Gegend. Das erste Huhn sprang gegen die weiße, frisch gestrichene Hauswand. Es war sehr schwierig, diese wieder sauber zu bekommen. Das dritte Huhn flog aufs Hausdach und blieb in der Dachrinne hängen. So musste mein Vater die große Leiter anstellen und das tote Huhn runterholen. „Zum Schlachten der Hühner bist du zu doof, das lassen wir lieber bleiben“, war sein ganzer Kommentar. War mir recht. Das Rupfen der Hühner war dann Sache meiner Mutter.

      Obwohl wir Kaninchen, Schweine und Hühner hatten, gab es nur sonntags Fleisch. Unter der Woche wurde vielleicht mal ein Huhn zur Suppe verarbeitet oder vom Sonntagsbraten was aufgewärmt. Fleisch gab es meist nur für Papa, da er schwer auf dem Bau arbeiten musste.

      Ich erinnere mich auch noch gut an eine Begebenheit, über die wir bis heute noch oft lachen. Wir hatten eine Ziege im Stall, die von meiner Mutter immer gemolken wurde. Keiner von uns Kindern mochte diese Milch. Mutter hat sie immer selbst getrunken, oder den kleinen Ferkeln ins Futter gemischt. Im Frühling wurde die Ziege dann meist zum Ziegenbock des Nachbarn gebracht und, oh Wunder, sie wurde danach immer dicker, bis eines schönen Tages im Stall ein, zwei oder sogar drei kleine Zicklein herumhüpften. Mit diesen spielten wir Kinder immer gerne, gaben ihnen Namen und ließen sie im Hof laufen. Oft kam es dann auch vor, dass sie einfach aus dem Hof liefen und auf die Straße rannten. Wir rannten dann auch – zur Mutter. Und diese rannte dann ebenfalls, um die kleinen Geißen wieder einzufangen. Das gab dann immer ein lautes Geschrei und wir Kinder lachten uns halb tot. Die Ohrfeigen, die wir danach manches Mal bekamen, nahmen wir gerne in Kauf. Jetzt aber zurück zu der „Begebenheit“. Waren die kleinen Ziegen groß genug, wurden sie von Papa zum Metzger im Dorf gebracht. Dort fand ihr junges Leben ein jähes Ende. Das Fleisch wurde vom Metzger mit Schweine- und Rindfleisch gemischt und zu Wurstteig verarbeitet. So wurde ich nach der Schule mit dem Fahrrad zum Metzger geschickt, um den Wurstteig zu holen. Die Straßen waren damals, Ende der 60.er Jahre noch nicht geteert, sondern nur mit Splitt bestreut. Auf dem Rückweg fiel mir die große Blechschüssel vom Gepäckträger des Fahrrades und landete – wie sollte es anders sein – auf der Straße, natürlich: Teig nach unten. „Oh je, das gibt bestimmt Ärger…“ So packte ich den Wurstteig wieder in die Schüssel, darauf achtend, dass möglichst wenig Steinchen im Teig verblieben. Einige waren natürlich noch in der klebrigen Masse versteckt. So achtete ich darauf, dass man dem Wurstteig äußerlich nichts ansah. Zu Hause packte meine Mutter den Teig in Dosen und kochte diese ein. Später biss jeder irgendwann beim Essen dieser Dosenwurst mal auf ein Steinchen. Schließlich musste ich den kleinen Unfall gestehen, da mir keiner meine Vermutung abnahm, dass der Metzger da etwas falsch gemacht hätte.

      Gerne habe ich mit meiner Mutter in der Küche gearbeitet. Sie brachte mir die Grundbegriffe des Kochens und Backen bei und es machte mir richtig Spaß, mit ihr ein komplettes Mittagessen zuzubereiten. Meinem Vater gefiel das weniger.

      „Kochen ist was für Schlappschwänze, geh lieber mit dem Hund spazieren.“ So lange ich zurückdenken konnte, hatten wir immer einen Hund. Der schwarze Teufel, den wir zu jener Zeit hatten, war ein bissiges Tier. Nur bei meinem Vater getraute er sich das nicht.

      „Geh doch mit deinem bissigen Köter selbst spazieren. Dann bin ich eben ein Schlappschwanz (damals wusste ich nicht, was dieser Ausdruck bedeutete). Eine Ohrfeige war die Antwort und Mutter und Vater hatten sich in der Wolle, was sehr selten geschah. Damit nichts anbrannte, rührte ich in den Töpfen, bis sie sich geeinigt hatten, wer Recht hatte. Papa ging mit dem Hund, ich kochte mit Mutter weiter.

      Einige Wochen später wurde der Hund vom Förster erschossen, da er meinen Vater gebissen hatte.

      Fast täglich spielten wir mit den Nachbarskindern zusammen auf der Straße oder im nahegelegenen Wald. Mein Freund Kurt und sein Bruder aus der oberen

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