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einzuschlagen gilt. Der Song lädt zum Fingerschnippen und Tanzen ein und enthält zugleich klare Botschaften. »The Word« ist der Beginn der »Message-Songs«, die Lennon fortan in den Sinn kommen, viele davon noch vor seiner ersten Begegnung mit Yoko Ono. Damit wird der Musiker frühzeitig zur kulturellen Leitfigur, zum Vorbild für Jugendliche, die seither von ihm Antworten erwarten – auf persönliche Zweifel, auf soziale Unsicherheiten, auf private Probleme oder auf spirituelle Sehnsüchte. Lennon – auch das zeichnet ihn aus – macht sich jeweils einige Zeit vor der breiten Masse Gedanken und setzt Trends, indem er vage Stimmungen und Visionen auf Kernaussagen fokussiert.

      Im selben Jahr schreibt er Cynthia wieder einen seiner Reue-Briefe: »Ich bin so traurig und es tut mir leid, dass ich gar nicht bemerkt habe, wie groß Julian schon geworden ist. Er ist jetzt ein kleiner Mann, und er fehlt mir schrecklich. Ich war ein richtiger Scheißkerl. Ich habe keine Notiz von ihm genommen, und beim Zeitunglesen habe ich ihn aus dem Zimmer geschafft, weil er zu laut war.«

      Das Rätsel um John Lennons Eigensinnigkeit und Isolation jener Jahre ist auch das Rätsel um seinen Egoismus und vor allem um seine Gewaltausbrüche. Am deutlichsten wird das in Cynthias Erinnerungen: »Stuart und ich kamen ebenfalls gut miteinander aus. Ich hatte einen Heidenrespekt vor seiner Begabung, aber er konnte auch amüsant sein und ein angenehmer Unterhalter. Ich war froh, dass John einen Freund hatte, der die Kunst ernst nahm, sah in Stuart aber nie viel mehr als einen Kumpel, der sich mit John und mir die Zeit vertrieb. Eines Abends waren wir auf einer Party, und ich tanzte mit Stuart, ohne mir etwas dabei zu denken. Aber John drehte schier durch. Wir brachen den Tanz sofort ab, als ich Johns wütenden Gesichtsausdruck sah, und daraufhin versicherte ich ihm einmal mehr, wirklich nur ihn zu lieben. Damit schien er sich auch zufriedenzugeben, doch am nächsten Tag ging er mir in der Kunstakademie bis zu den im Keller gelegenen Mädchenklos nach. Als ich herauskam, empfing er mich mit einem finsteren Gesichtsausdruck. Bevor ich etwas sagen konnte, hob er die Hand und schlug mir mitten ins Gesicht, so dass mein Kopf gegen die Rohre hinten an der Wand schlug. Dann trabte er ohne ein Wort davon und ließ mich zitternd, benommen und mit einer Verletzung am Kopf zurück.«

      Imagine all the people living life in peace. Die Angst vor seiner eigenen Aggressivität lässt Lennon zum Friedensbotschafter werden. Unsicherheit, Besitzansprüche, Eifersucht, Verlustängste, Größenwahn: Ein explosives Gemisch manifestiert sich in seiner Macho-Attitüde, die Cynthia zutiefst verunsichert. »Ich war völlig schockiert: Es war das erste Mal, dass John nicht nur verbal gewalttätig wurde. (…) Nach diesem Vorfall wollte ich lange nichts mehr mit John zu tun haben. Ich tat mein Bestes, den Rückstand im Studium aufzuarbeiten, und verabredete mich sogar ein paarmal mit einem Jungen aus meiner Nähe. Aber in der Schule lief er mir natürlich ständig über den Weg. In der Kantine oder im Unterricht sah er häufig zu mir herüber, und wenn sich unsere Blicke trafen, wusste ich, dass wir einander nach wie vor sehr viel bedeuteten. (…) Drei Monate später rief er mich an und bat mich, zu ihm zurückzukehren. (…) Er entschuldigte sich dafür, dass er mich geschlagen hatte, und versprach, es würde nie wieder vorkommen. Ich zögerte einen Moment, aber dann sagte ich doch ja, und John hatte es ehrlich gemeint: Er schämte sich zutiefst für das, was er getan hatte – ich glaube, es schockierte ihn selbst, dass er zu so etwas überhaupt fähig gewesen war. Und er hielt sein Versprechen: Verbal konnte er zwar weiterhin manchmal unfair und verletzend sein, aber körperlich wurde er mir gegenüber nie mehr gewalttätig. Und mit der Zeit ließen auch seine verbalen Demütigungen und Angriffe nach. Offenbar brauchte er diese Zeit, um sich meiner Liebe noch sicherer zu werden und seine oftmals rüden, rüpelhaften Attitüden mehr und mehr aufzugeben.«

      Diese Erinnerung zeigt wie keine andere, wie es Cynthia dank ihrer Geduld und Einfühlsamkeit gelingt, John zu zähmen und ihm zu zeigen, dass Emotionen wie Trauer, Wut und Unsicherheit nicht in Gewalt münden müssen. Es setzt ein langer Prozess ein, auch hinsichtlich des Songschreibens, der unter anderem durch Bob Dylans unnachahmliche Artikulationsfähigkeit dazu führt, dass sogar der Tod der Liebsten einen Ausdruck finden kann.

      »Only the good die young« – in jungen Jahren verliert John Lennon gerade die Menschen, die er am meisten braucht: Mutter Julia, Freund Stuart, Manager Brian und viele Freunde wie Brian Jones. Unschwer lässt sich hier eine Wurzel seiner Gewaltbereitschaft erkennen. An seinem eigenen Todestag, am 8. Dezember 1980, also kurz bevor die Menschen den einen verlieren, den sie besonders lieben, sagt er zu Dave Sholin: »Ich betrachte mich als glücklich. Aber das brauchte Zeit. Man muss durch Versäumnisse lernen. Und ich habe viele Fehler gemacht. Ich glaube noch immer an Liebe und Frieden. Es dämmerte mir, dass Liebe die Antwort sei, als ich noch jünger war, auf dem Beatles-Album ›Rubber Soul‹. Ich drückte es zuerst in einem Lied mit dem Titel ›The Word‹ aus. Das Wort ist Liebe in den guten wie in den schlechten Büchern, die ich gelesen habe. ›Das Wort ist Liebe‹ schien mir immer das zugrunde liegende Thema. Und es war ein Kampf, zu lieben, geliebt zu werden und das auszudrücken. Liebe ist etwas Phantastisches, auch wenn ich nicht immer eine liebende Person bin. Ich will es sein.«

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