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auf ihn hinunter, drangen bis tief in seine Brust.

      »Verräter«, hauchte Jaxson. »Unreines Stück.«

      Angewidert erhob er sich. Er trug seine offizielle Kleidung, den MacGregor-Tartan, und hielt sein Schwert in der Hand. Cian versuchte, sich hochzustemmen, aber er war zu schwach. Zu nackt und erbärmlich. Und er stank.

      Das Metall der Klinge wirkte schwarz, als Jaxson die Schwerthand hob. »Verräter«, zischte er. »Ich wollte dich zu meinem Partner machen. Ich wollte, dass du an meiner Seite bist. Mein Omega.« Seine Züge verzerrten sich, wurden scharfkantig wie Messer. »Ich muss dich bestrafen, Cian.«

      »Ja«, schluchzte Cian. »Es tut mir leid. Es tut mir so leid, Jaxson. Ich bin deiner unwürdig. Ich bin eine Scheußlichkeit, ein Stück Dreck, ein«, er schluckte, »ekelhaftes Vieh. Ich verdiene dich nicht.«

      Jaxson nickte. Dann hob er das Schwert. Schatten krochen über die Klinge. Der Wald zog sich um sie herum zusammen und Cian schrie.

      »Nein!«

      Das Schwert bohrte sich in seinen Bauch. Blut floss über die harten Muskeln, über die hässlichen Brandnarben, über seinen gigantischen Prügel. Schreiend sah er auf seine Hände, aber es waren nicht länger seine. Es waren die Pranken eines Tiers.

      ***

      »Nein!« Cian fuhr hoch. Und stöhnte. Sein Körper war steifgefroren und fühlte sich an, als würde er bei jeder Bewegung splittern. Leises Wimmern kroch durch die Dämmerung. Sein Wimmern. Sein Körper, in dem er immer noch steckte, fror. Cian sah sich um.

      Der Waldweg war leer. Nebel verdeckte alles, das mehr als ein paar Schritt weit entfernt war. Dornen und krallenartige Zweige stachen aus dem Grau. Kälte kroch über Cians Haut. Es war Morgen.

      Er unterdrückte ein Schluchzen. Niemand war gekommen, um ihm zu helfen. Niemand hatte ihn gefunden. Er fror so sehr, dass er glaubte, nie wieder warm zu werden. Seine Zunge klebte am Gaumen, ihm war schwindlig vor Durst und die verkrustete Wunde in seinem Nacken brannte. Tau und Regen durchnässten seine Kleidung. Samen rann seinen Oberschenkel hinab und erinnerte ihn an den grauenvollen Alptraum der letzten Nacht. Sein ganzer Körper schmerzte und seine Blase drückte. Er hatte Hunger. Er stank.

      »So ein Mist«, murmelte er und hustete. Hoffentlich hatte er sich in diesem höllischen Wald keine Lungenentzündung geholt. Die konnten nicht einmal die Mönche mit all ihrem Wissen über Kräuter kurieren. Er sah sich um, lauschte. Aber keine Schritte waren zu hören. Bei seinem Glück hätten die auch nur zu weiteren Sutherlands gehört.

      Die Sutherlands. Immer wieder kehrten sie in sein Gehirn zurück, während er den Kilt hob und sich wie ein Tier am Wegesrand erleichterte. Warum hatten sie ihn mitgenommen? Was hatten sie mit ihm gewollt? Hatte Jaxson wirklich nach ihm geschickt? Wussten die Sutherlands, dass er Jaxson versprochen war? Hatten sie versucht, die Verbindung zu verhindern? Die Allianz zwischen den MacKays und den MacGregors war alt und stark. Cians und Jaxsons Verbindung war nur ein weiterer Stein, der die Burgmauer verstärkte. Allerdings ein großer. Sein Erzeuger war sehr glücklich gewesen, als Jaxson um Cians Hand gebeten hatte.

      Das habe ich gehofft, hatte er gesagt.

      Hatte er Cian zu den MacGregors mitgenommen, damit der sich in Jaxson verlieben würde? Oder Jaxson in ihn? Natürlich hatten sein Vater und sein Erzeuger ihm vorher erklärt, dass Jaxson MacGregor eine gute Partie war. Aber die Wahl war Cians gewesen. Und dann wieder nicht. Sein Herz hatte schon kapituliert, als Jaxson ihm das erste Lächeln geschenkt hatte.

      Gut gemacht, Sohn, hatte sein Erzeuger Cian zugeflüstert, als sie abends beim Bankett zusammengesessen hatten. Ich wusste, dass du diese Beute erlegen würdest.

      Sein Vater, sanfter Omega, der er war, hätte das ganz anders ausgedrückt als sein Erzeuger. Aber Cian hatte stolz gelächelt. Lob von seinem Erzeuger war so selten wie ein regenloser Tag im November.

      Ich weiß gar nicht, wie ich das den anderen beibringen soll, hatte Fraser gesagt. Der Alpha war Teil der Gesellschaft gewesen, mit der sie die MacGregors besucht hatten. Cian, dir ist klar, wie viele Herzen du mit deiner Verbindung brichst, oder? Jeder Alpha auf Burg MacKay ist in dich verliebt, mein Schöner. Ich auch. Fraser hatte die Hand aufs Herz gelegt und so getan, als wäre er den Tränen nah.

      Cians Wangen waren heiß geworden. Hör auf, mir zu schmeicheln, hatte er gesagt. Ich bin ein vergebener Mann.

      Fraser hatte gelacht.

      Cians Herz trauerte, wenn er an diese Zeit zurückdachte. Hatte Fraser überlebt? Was war mit seinen Omega-Brüdern? Und was zum Halbmond hatten diese Sutherlands mit ihm gewollt?

      Kälte kroch in seinen Magen. War es eine Racheaktion gewesen? Hatten die Sutherlands in ihrer Wut über die Niederlage beschlossen, den ältesten Omega der MacKays zu schänden? Oder den zukünftigen ersten Omega der MacGregors? Jaxson würde ihn nicht mehr wollen, wenn er nicht mehr unschuldig war. Die MacGregors waren sehr strikt, so viel wusste Cian. Aber nicht viel mehr. Er brauchte Informationen.

      Zehn Tage, dachte er. In zehn Tagen wäre ich bei Jaxson, das haben die beiden gesagt. Er könnte mir erklären, was hier vor sich geht. Er würde mich beschützen. Er liebt mich. Sicher hat er auf mich gewartet, während all dieser furchtbaren Kämpfe. Sicher hat er sich ebenso nach mir verzehrt wie ich mich nach ihm.

      Aber zehn Tage auf diesem Weg? Weiter durch den Wald stolpern, über die Highlands, durch noch mehr eisige Nächte? Das würde er nicht überleben. Er würde verdursten. Und so ungern er es sich eingestand, er wäre leichte Beute für jeden, der vorbeikam. Was, wenn er endlich jemand traf und der ihm gar nicht half? Wenn er stattdessen zu Ende brachte, was die beiden Sutherlands angefangen hatten? Jaxson würde ihn nicht mehr wollen.

      Cian zitterte, noch mehr als vorher. Nein, er war nicht stark genug. Resigniert strich er seinen Kilt glatt, straffte die Schultern und setzte sich in Bewegung. Nur noch wenige Stunden bis zum Kloster. Nicht mehr allzu lange bis zur Brücke. Endlich würde er etwas trinken. Sein Mund verzehrte sich danach, befeuchtet zu werden. Ja, die Tränen drängten wieder hinaus, wenn er daran dachte, wie lange es noch dauern würde. Aber er weigerte sich, jetzt zu heulen. Er war der älteste Omega der MacKays. Außerdem konnte er es sich nicht leisten, noch mehr auszutrocknen.

      Der Weg zur Brücke war länger als er ihn in Erinnerung hatte. Müde schleppte er sich vorwärts. Über Blätter und Steine, durch den dichten Nebel, der sich immer noch nicht verzog, obwohl die Sonne längst schien. Theoretisch. Sie drang nur stellenweise durch das dichte Blätterdach. Immerhin wurde es wärmer. Cian war nicht mehr durchgefroren, ihm war nur noch kühl. Die Gänsehaut verzog sich von seinen Armen, nur die bloßen Beine blieben von ihr bedeckt.

      »Gleich«, sagte er sich und tätschelte den leeren Wasserschlauch an seiner Hüfte. »Gleich gibt es etwas zu trinken und dann bin ich stark genug, den Rest des Weges zu gehen. Zurück ins Kloster. Und von dort aus schicke ich eine Nachricht an Jaxson, damit er mich persönlich holt.« Seine Wangen brannten, ob dieser Worte. Jaxson hatte bestimmt Besseres zu tun als ihn holen zu kommen. Cian war nur ein Omega. Das konnte er wirklich nicht von Jaxson verlangen. »Aber ich kann ihn wenigstens darum bitten. Schließlich bin ich der Omega, den er liebt«, flüsterte er und fühlte sich gleich etwas besser.

      Er hätte die Brücke beinahe nicht erkannt. Im Nebel wirkte sie wie ein krummes Tier, eine schräg zusammengezimmerte Schlange. Gestern hatte er sich davor gefürchtet, über die Planken zu gehen. Aber natürlich hatte er es Gelbzahn und dem Ochsen nicht gezeigt. Nun schenkte er dem krummen Gebilde nur einen Blick, bevor er die Böschung hinunterkletterte. Zum Wasser.

      Dichter Nebel hing über dem gluckernden Bach, verwirbelte, wo das Wasser rissige Steinbrocken umspülte. Der klare Geruch ließ Cians Speichel fließen. Alle Vorsicht vergessend krabbelte er über Steine, rutschte im Schlamm aus, riss sich die Hand an einer Brombeerranke auf und kümmerte sich nicht darum. Sein Kilt flatterte, als er auf dem nackten Hintern die letzten Meter hinunter glitt.

      Platsch! Seine Stiefel standen im seichten Wasser des Ufers. Kälte kroch in seine Zehen, aber auch das war egal. Wasser! Cian hockte sich

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