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      „Woraus ist es gemacht?“, frage ich.

      „Normalerweise Polyurethan. Hier, in diesem Stapel gibt es einige unterschiedliche Flossen und Nasen Setups. Hier ist dieses… und das hier…“

      Er zeigt mir einige Beispiele.

      „Die sehen alle so ziemlich gleich aus“, stelle ich mit einem Achselzucken fest.

      „Ich erzähle dir das nur, damit du die Information hast. Du von allen, die ich kenne, solltest den Wert dessen zu schätzen wissen.“ Er schaut beinahe oberlehrerhaft auf mich hinab, weshalb ich mir ein Lächeln verkneifen muss.

      „Sicher“, stimme ich zu. Ich sauge meine Unterlippe zwischen die Zähne und bemühe mich, ihn nicht anzuschauen, als wollte ich ihm am liebsten in die Arme springen.

      Was ich in diesem Moment wirklich, wirklich tun möchte.

      „Okay. Lass uns die anderen Sachen anschauen, die sie hier haben.“ Er stellt das Board ab. „Hier, schau dir mal diese Neoprenanzüge an.“

      Jameson deutet auf einen Ständer mit Neoprenanzügen in praktisch jeder Form und Größe. Ich schlendere zu ihm und befühle die gummiartige Textur mit zwei Fingern.

      „Du wirst vermutlich einen Neoprenanzug wollen. Es ist eine persönliche Entscheidung, aber der Ozean ist arschkalt.“ Er hält einen hoch, der ungefähr meine Größe hat. „Du solltest vielleicht den hier anprobieren.“

      Ich schnappe ihn mir. „Es ist ein Neoprenanzug. Wie schlecht kann der Schnitt schon sitzen?“

      Er zuckt mit den Achseln. „Ziemlich schlecht.“

      Ich verdrehe die Augen. „Ja, klar. Ich probiere ihn in einer Minute an. „Was noch?“

      „Nun, dann möchtest du wahrscheinlich noch etwas Surfwachs… und etwas Sonnenschutz…“

      Ich folge Jameson durch den Laden und bemühe mich, nicht auf die Größe seiner Hände und Füße zu achten oder seinen Hintern abzuchecken. Ich fühle mich, als wäre ich ein Kerl; wenn ich in seiner Nähe bin, denke ich ständig nur an Sex.

      Aber nur bei ihm. Kein anderer Mann hat meinen Kopf jemals dermaßen verdreht, wie er das tut. Ich seufze leise, während er mich durch den Laden führt.

      Wird er mich jemals bemerken? Werde ich für immer Jungfrau bleiben?

      Ich passe nicht groß auf, während die Tour durch den Laden weitergeht, und laufe direkt in ihn rein. Mein Gesicht fällt nach vorne zu seinem und er streckt die Hand aus, um mir dabei zu helfen, die Balance zu wahren. Wir sind uns eine Sekunde richtig nah, unsere Gesichter nur Zentimeter voneinander entfernt.

      „Oh, sorry!“, sage ich und erröte leicht. Meine Haare hängen wirr um mein Gesicht, ein ewiges Ärgernis.

      Er stützt mich und betrachtet mich eine Sekunde. Er hebt seine Hand und streicht mir eine verirrte Haarsträhne aus den Augen. „Du riechst gut. Nach… Zitrone, glaube ich.“

      Er mag, wie ich rieche. Mir stockt der Atem und ich schaue hinab auf seinen Mund. Wird er mich küssen?

      Doch nein. Er realisiert nur allzu bald, dass er mir für seinen Geschmack viel zu nah ist, und tritt eiligst zurück.

      „Richtig“, sagt er. „Wie auch immer, ich dachte, du könntest dir nächste Woche eines meiner Boards ausleihen…“

      „Nächste Woche?“, echoe ich.

      Er wirft mir einen Blick zu. „Yeah, ich habe gerade erst gesagt, dass wir nächste Woche zum Strand raus gehen sollten, um deine Fähigkeiten zu testen. Ich werde Sonnenschutz und das Wachs und die Boards mitbringen, du muss nur einen Neoprenanzug mitbringen.“

      Er blickt bedeutungsvoll auf den Anzug in meinen Armen.

      „Stimmt! Ja. Ich schätze, dann sollte ich diesen Neoprenanzug mal anprobieren.“

      Jameson blickt auf seine Uhr. „Es ist erst 14:40Uhr… wenn ich mich beeile, kann ich noch ein paar Wellen reiten, bevor ich die Nachtschicht im Cure antreten muss. Du hast doch nichts dagegen, oder?“

      Ich sacke leicht zusammen. Ich nehme an, es hat keine Rolle gespielt, welche Farbe mein Bikini heute hatte, denn er wird gehen, ohne ihn überhaupt gesehen zu haben.

      „Äh, ne, kein Problem“, sage ich.

      „In Ordnung. Ich seh dich zweifellos bald wieder.“

      Für eine Sekunde entsteht ein eigenartiger Moment, in dem er mich anstarrt. Vielleicht versucht er zu entscheiden, ob er mich umarmen soll oder nicht. Dann scheint er sich selbst einen Ruck zu geben.

      „Bis später.“ Er dreht sich um und marschiert aus dem Laden, in dem er mich allein zurücklässt.

      Ich gebe einen frustrierten Laut von mir und laufe nach hinten, um die Frau, die hier arbeitet, zu fragen, wo ich den Anzug anprobieren kann.

      5

      Jameson

       1999

      „Wohin gehen wir, Jameson?“, fragt Gunnar, der zu mir hochblinzelt. Er sieht in seinem riesigen grünen Hoodie und zu großer Jeans ziemlich schäbig aus. Beides sind abgelegte Kleider von Asher.

      „Wir gehen zu Ashers Haus“, erinnere ich ihn. Meine Stimme bricht beim letzten Wort und Gunnar kichert. „Er meinte, wir sollen vor der Schule vorbeischauen.“

      Er ist erst elf und mit meinen sechzehn Jahren fühle ich mich neben ihm wie ein Riese. Ich schaue hinter mich, während wir die 8th Ave entlanglaufen, um zu überprüfen, ob Forest nach wie vor hinter mir trottet. Er ist dreizehn und hat sich so gut wie man nur kann von der Welt abgeschottet; er hat seine Kopfhörer aufgesetzt und die Musik auf volle Lautstärke gedreht.

      Ich verstehe, in welchem mentalen Zustand sich Forest befindet. Normalerweise würde ein Kind mit dreizehn Jahren gegen ein Elternteil oder eine andere Autoritätsperson rebellieren. Doch Forests Eltern sind tot oder fort, mit Ausnahme von mir. Ich habe zwei Vollzeitjobs, bei denen ich nur den Mindestlohn verdiene.

      Ich habe schlicht und ergreifend nicht die Zeit oder Energie, um mich mit Forests Scheiß auseinanderzusetzen.

      Also hat sich Forest aus der Welt zurückgezogen und zieht es vor, Musik zu hören oder in sein Journal zu schreiben. Ich wünschte, ich hätte diesen Luxus, aber das ist nicht meine Realität. Gunnar zupft an meiner Hand.

      „Können wir heute Abend wieder Tacos von dem Tacostand holen?“, fragt er.

      „Vielleicht“, antworte ich stirnrunzelnd. Ich rechne ganz schnell nach… die Miete unseres Studioapartments, die wöchentlich bezahlt wird, ist in ein paar Tagen fällig. Ich kann nicht die Miete bezahlen, Lebensmittel für diese Woche kaufen und es mir dann noch leisten, in der billigsten Taqueria Essen zu gehen. Ich schneide eine Grimasse. „Vielleicht werden wir einfach nochmal Ravioli aus der Dose essen.“

      Gunnar zuckt nicht mal mit der Wimper. „Okay.“

      Ich danke Gott, dass Gunnar kein mäkliger Esser ist. Dankbar dafür unterdrücke ich ein Gähnen. Ich verbrauche eine meiner wertvollen Stunden an Schlaf, um hierherzukommen, weil Asher mir etwas Gutes versprochen hat. Darüber hinaus weiß ich nicht, warum zum Teufel ich hier bin. Ich gähne.

      „Hey, du hast diese Formulare abgegeben, die ich dir für die neue Schule mitgegeben habe, oder?“

      Gunnar kräuselt die Nase. „Yeah. Die Frau hat eine Menge Fragen gestellt, aber ich glaube, sie hat es geschluckt.“

      Ich drehe mich um, um zu Forest zu schauen, und bedeute ihm, seine Kopfhörer abzunehmen. Er verdreht die Augen, aber nimmt sie ab.

      „Was?“, fragt er.

      „Gunnar

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