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zu dritt darüber austauschen: „Was ist eigentlich wirklich Ihre persönliche größte Angst? Worst Case? Was wird mit dieser Ihrer Kirche passieren, wenn es so schlimm kommt, wie es nur schlimm kommen kann, und wir nichts dagegen tun?“

      Eine Minute Stille, dann Murmelgruppen. Gegenseitig berichten, welche Bilder und Befürchtungen dabei gekommen sind.

      Da also unser Gehirn, wenn wir es zulassen, sich immer irgendwelche Probleme sucht, gibt es den schönen Satz: „Lassen Sie Ihr Gehirn nicht unbeaufsichtigt!“ Man muss eine Distanz dazu bekommen, was das Gehirn alles so macht und sagen: Tja, tja, danke, liebes Gehirn. Du hast dir wieder schön Sorgen gemacht, aber das ist jetzt gar nicht nötig. So ähnlich, wie man vielleicht einem Hund, der beim Klingeln aufgeregt zur Tür läuft, sagt, danke, alles in Ordnung, ich habe mitgekriegt, du hast deine Arbeit gemacht, so kann man auch mit seinem Gehirn umgehen und liebevoll versuchen, dieses Gehirn positiv zu beschäftigen, mit positiven Dingen zu beschäftigen. Viele von uns praktizieren, glaube ich, diesen deutschen Satz „Arbeit ist die beste Therapie“. Ich ertappe mich auch selbst immer wieder dabei, wenn ich missmutig bin und nicht so recht weiß, dass ich mir dann eine interessante Arbeit nehme und dass die Arbeit mich ablenkt. Das ist natürlich, wenn man an den vorhin beschriebenen Stresslevel denkt, nur manchmal eine gute Idee. Man sollte das nicht als Hauptbewältigungsstrategie nehmen, sich vor dem Grübeln mit der Arbeit zu retten.

       4. Wie funktionieren Veränderungen? Von der Angst zur Motivation

      Grundsätzlich wichtig für den autonomen Menschen ist die sogenannte Selbstregulation. Die bewusste Selbstregulation ist etwas, das man lernen kann. Wie gehe ich mit mir um? Diese Art der psychologischen Selbstbetrachtung ist aus meiner Sicht genau das, was Religionen immer schon geleistet und gelehrt haben. Wie gehe ich mit meiner Seele um? Welche Möglichkeit habe ich, mich innerlich auszurichten? Wie richte ich den Raum meiner Seele ein? Wenn ich mir vorstelle, meine Seele ist ein Raum: Habe ich nur Räume, in denen Sorgen, Sorgen, Sorgen sind, oder habe ich Räume, in denen Licht ist und Freiheit und Musik und Gemeinschaft und was es alles so Schönes gibt? Je bewusster ich mir mache, dass ich meinen seelischen Zustand immer ein Stück regulieren kann, selbst gestalten kann, je mehr, je häufiger, kann es mir gut gehen. Entspannungsübungen jeder Art, Fokussierung auf Ressourcen, das haben Sie alles schon einmal gehört. Wenn das so einfach wäre, würde es Millionen Menschen besser gehen. Aber so einfach ist es nun einmal leider nicht. Unsere Gewohnheiten sind wirklich stark und die Frage ist, was muss überhaupt passieren, damit Menschen sich ändern?

      Eine Art von Veränderung ist schleichend und fortlaufend, zum Beispiel wie man altert. Das merkt man gar nicht, und ab und zu stellt man fest, dass sich etwas verändert hat. Das ist die eine Form von Veränderung, die auch seelisch so mit uns passiert. Interessant ist die andere Form von Veränderung, nämlich dass wirklich schwere Krisen, schwere Erkrankungen, Naturkatastrophen oft zu Veränderungen führen, die die Menschen hinterher positiv bewerten. Katastrophen, echtes Leid, wirkliches an den Rand des Lebens Kommen, hilft den Menschen irgendwie, zur Besinnung zu kommen und in ihrer Seele so weit aufzuräumen, dass sie sagen: Danke, dass ich überhaupt noch lebe. Danke für jede kleine Erfahrung, die ich machen kann. Etwas Leckeres essen, wie schön. Einfach auf zwei Beinen die Straße entlanggehen können, wie schön. Das sind immer wieder die Menschen, die in den Talkshows das Bedürfnis haben, es allen zu erzählen. Zuletzt ist es jetzt Guido Westerwelle. Von schwerer Krankheit genesen, predigt er das.1

      Es ist sehr wertvoll, sich klarzumachen, dass Menschen tatsächlich in der Lage sind, plötzlich wahrzunehmen, wie kostbar und schön das Leben eigentlich ist. Bei den meisten Menschen, die zum Glück nicht so tragische Sachen erleben, funktionieren Veränderungen auf eine weitere, ganz einfache Art: Man ändert sich dann, wenn man etwas Besseres kriegen kann. Denken wir an das Thema Umzug. Man wohnt vielleicht in einer Wohnung, die einem nur durchschnittlich gefällt, und sagt sich, man müsse mal umziehen. Wenn man dann aber den Wohnungsmarkt sieht und sein Portemonnaie kennt, sinkt vielleicht die Motivation zu der Veränderung sehr schnell, und man arrangiert sich mit der bisherigen Wohnung. Aber wenn einem jemand ein schönes Haus anbietet und meint, ob man nicht in dieses Haus ziehen möchte, es koste sogar noch weniger Miete als die jetzige Wohnung, dann packt man ganz schnell und zieht um.

      Menschen lieben es durchaus, sich zu verändern, wenn sie sich verbessern können. Und solange sie nicht wissen, ob sie sich verbessern können, sitzen sie in ihren Wohnungen, über Jahrzehnte. Warum auch nicht? Wo steht denn geschrieben, dass sich jeder verändern sollte? Wer sagt das denn? So geht es auch vielen Kirchenmenschen, die sich fragen, warum sie sich verändern sollten. Meine Wohnung gefällt mir ganz gut. Nur weil jetzt hier irgendjemand von einer Tagung kommt, soll ich etwas anders machen? Was soll mir das bringen? Und so geht es den vielen, die sich bisher nicht für die Kirche interessiert haben und sich fragen, was sie davon haben sollten.

       5. Kirche „in eigener Kontrolle“

      Deshalb empfehle ich uns, die wir als Individuen hier sind und bewusst mit uns selbst umgehen können, uns nur die Ziele und Dinge auszudenken, die in unserer eigenen Kontrolle sind. Immer dann, wenn ich Kirche für andere bauen will, wird meine Angst wieder größer. Weil ich ja nicht weiß, ob das klappt und ob ich ankomme mit meiner tollen Idee. Dann habe ich mir wieder so viel Mühe gegeben für andere, für all die, die noch gar nicht wissen, dass sie uns brauchen, oder die vergessen haben, dass sie uns brauchen. Ich habe noch eine Aktion gemacht, habe mich aus dem Fenster gelehnt, aber es kann trotzdem durchaus sein, dass das gar nicht ankommt. Da lauern Depression und Angst.

      Meine Empfehlung ist, dass wir die Kirche so gestalten sollten, dass sie uns erst einmal selbst gefällt, und darauf unsere Energie richten. Wir sollten uns in möglichst vielen Situationen fragen, ob uns das hier eigentlich Freude macht. Ist das etwas, das meine Seele erhellt, erleichtert, lüftet, durchweht, und möchte ich das öfter haben? Würde ich mich freuen, wenn diese Veranstaltung, dieser kirchliche Termin morgen schon wieder wäre, oder bin ich froh, dass er erst in zwei Monaten wieder stattfindet? Das Wesentliche, das man zur Angstbewältigung im klinischen Sinne tun kann, ist, die eigenen Maßstäbe auch wirklich anzulegen und es umzusetzen, dass man sich dort engagiert und darauf konzentriert, wo Prozesse in eigener Kontrolle sind.

      Menschen, denen diese Selbstregulation bezüglich ihrer Angsterregung aus dem Ruder gelaufen ist, können wieder lernen, ihren eigenen inneren Level unter Kontrolle zu kriegen. Sie können auf sich achten, wie sie mit sich umgehen. Man kann wohltuende Dinge nicht nur kurz einmal machen, sondern immer. Ich achte nicht nur kurzzeitig auf mich, weil ich gerade etwas Schlimmes überstanden habe, sondern das wird zu meiner Lebensqualität. Deshalb möchte ich auch den Einladenden im „Zentrum für Mission in der Region“ einen sprachlichen Vorschlag machen. Wenn es um die Neuauflage dieses tollen Projektes geht, könnte man den schwierigen Missionsbegriff einfach beiseitelassen und die Arbeit nennen: „Zentrum für Lebensqualität in der Region im 21. Jahrhundert, Zentrum für Lebensqualität in der Kirche“.

      Wenn manche Protagonisten in der Kirche das traurige Gefühl haben auszusterben, dann kann ich das nicht ändern. Ich glaube, bestimmte Milieus und Dinge, die es lange gab, sterben aus, zum Beispiel Pfarrherrlichkeit ohne Kommunikationskompetenz, Pfarrherrlichkeit ohne Prozesssteuerungskompetenz. Das stirbt aus. Die neuen Verantwortungsträgerinnen und -träger brauchen die Personalkompetenz der Seelsorge und darüber hinaus Organisationskompetenz. Sie können die Sprache der Organisationsberatung sprechen oder zumindest verstehen. Die Verantwortungsträgerinnen des 21. Jahrhunderts können die Gehirne ihrer Mitstreiterinnen mit positiven Dingen beschäftigen. Sinn statt neurotischen Grübelns. Die Reise antreten und fröhlich miteinander Erfahrungen sammeln.

      Und das ist jetzt mein letzter Impuls für Ihre Dreiergruppen, dass Sie sich nochmal kurz überlegen, bevor Sie miteinander sprechen:

      Welche Situationen in Ihrem kirchlichen Leben sind oder waren für Sie wirklich beglückend und so großartig, dass Sie sagen, davon wollen Sie mehr, freiwillig, auch wenn andere nicht kommen? Tut mir leid für die anderen, wenn sie das verpassen, da haben sie Pech gehabt. Aber ich will das haben. Ich engagiere mich da, wo ich in der Kirche etwas wirklich erleben möchte.

       6. Nach dem Salto

      Noch

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