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aber der Zeitpunkt war noch nicht gekommen. Er durfte sich keinerlei Fehler erlauben. Sie waren zu einem unbekannten Ziel unterwegs, umgeben von einer Feindflotte. Selbst mit voll intakten Schutzschirm- und Waffensystemen würde er derzeit nicht wagen, jetzt einen Befreiungsversuch zu unternehmen.

      »Sollten wir irgendwie versuchen, in die Zentrale zu gelangen, um Breel gefangen zu nehmen?«, murmelte Thora, während sie sich mit einer Serviette die Lippen abtupfte.

      Immer wieder war Rhodan fasziniert, wie sehr sie seinen Gedanken folgen konnte.

      Die beiden Druuwen waren weitergezogen und hielten sich mittlerweile im hinteren Teil der Halle auf, in der Nähe des Arboretums.

      »Darüber habe ich auch schon nachgedacht.« Rhodan gähnte absichtlich unverhohlen. Ein paar Stunden Ruhe konnten nicht schaden.

      »Und du bist zu dem Schluss gekommen, dass wir nicht wissen, welche Bedeutung er für seine Leute hat«, erriet Thora seine Gedanken. »Ob sie froh wären, ihn los zu sein, und einfach jemanden anderen an seine Stelle setzen. Oder ob Breel durch die Gefangennahme sofort sein Akschia an uns verliert und sich damit ohnehin keiner mehr für ihn einsetzen würde.«

      »Etwa in der Reihenfolge. Wir wissen nicht, wer sich auf dem Hauptschiff der Druuwen aufhält – ob Zakhaan noch jemanden über sich hat, der ebenfalls ein Breel ist. Dass er auf der CREST II die ganze Zeit als Wortführer auftritt, heißt nicht, dass er auch das Oberhaupt seiner sogenannten Familie ist. Er könnte einfach nur ein General sein.«

      Thora schwieg eine Weile. Dann beharrte sie: »Wir müssen trotzdem in die Zentrale gelangen und sie besetzen. Anders funktioniert es nicht.«

      »Dem stimme ich zu.« Rhodan musterte sein Komarmband. Die ganze Zeit über war er nicht auf den Gedanken gekommen, nachzusehen, ob er noch eine Mitteilung bekommen hatte, bevor die Injektionen gesetzt worden waren. Vielleicht sogar von Gucky, so ungewöhnlich das auch wäre. In einem plötzlichen Impuls aktivierte er das Gerät – und erstarrte.

      »Nakamura hat vorausgedacht«, flüsterte er. »Er und seine Leute haben während ihrer Flucht überall kleine Depots mit Kampfanzügen und Waffen angelegt. Ich habe gerade das Verzeichnis der Verstecke bekommen.« Er wagte es, seiner Frau das Gesicht zuzuwenden. »Damit können wir Sabotage betreiben und für Ablenkung sorgen, sodass wir tatsächlich in die Zentrale gelangen könnten!«

      »Dann sollten wir überlegen, wann wir loslegen – und mit wem«, sagte Thora. »Am besten nach der Ankunft am ersten Ziel, sobald Breel von Bord geht und abgelenkt ist.«

      »Aber zu welchem Zeitpunkt werden wir dort ankommen, und wie viel Zeit bleibt uns für die Planung?«

      Rhodan blinzelte irritiert, als er plötzlich einen rostroten Vorhang vor Augen hatte, der hin und her schwang, während sich jemand ihm gegenübersetzte und seine Haarmähne, die ihm vors Gesicht fiel, zurückwarf. Ein hagerer Mann von beachtlicher Größe mit rostrotem Bart, der einen Teil des kontrastierend grünen Parasitengeflechts verdeckte. Mentro Kosum!

      »Sind Sie ... in Ordnung?«, fragte Thora zögernd.

      »Nicht so wie Sie, aber ... ja, ich bin ziemlich frei.« Der Cyboraner zeigte kurz ein breites Grinsen. »Ich habe eben Marshall getroffen, und der hat mich hergeschickt. Wenn man auf so engen Raum beschränkt ist, ist die Welt klein.«

      Rhodan musterte Kosum prüfend. Der Blick des Emotionauten wirkte etwas unstet, als könne er nicht richtig fokussieren, ab und zu zuckten die Lider über den unnatürlich strahlend grünen Augen. »Sie ... müssen kämpfen ...«

      Kosum nickte. »Permanent. Ich habe das Gefühl, als würde mein Gehirn ständig angebohrt. Aber mit Kopfschmerzen kann ich leben, die habe ich auch so oft genug.«

      »Sie schaffen das mit Ihrer besonderen Begabung ...«

      »Und dem Emotionautentraining, ja, natürlich. Zuweilen muss ich meine Gedanken festhalten, weil sie irgendwohin in der grauen Masse versickern wollen, weswegen meine Konzentration schlechter ist als sonst. Knüttelverse sind momentan nicht drin.«

      »Welch ein Glück«, konnte sich Thora nicht zurückhalten.

      »Ich werde es nachholen, Kommandantin, versprochen. Jedenfalls kann ich diese Scheißparasiten einigermaßen im Zaum halten.«

      Rhodan deutete auf Kosums Gesicht. »Ihr Befall ist weniger ausgeprägt als bei uns Immunen.«

      »Das liegt daran, dass ich hyperadrenalin bin, also ständig auf Hochtouren laufe, und meine Haut infolgedessen meistens mit einer Gänsehaut überzogen ist.« Er zeigte seinen unbedeckten Unterarm, auf dem die Härchen aufgestellt waren. »Das finden die Mistviecher wohl unangenehm, was mir einiges an Hirnbohrungen erspart, denke ich.«

      »Und schon haben wir einen Mitstreiter mehr«, freute sich Rhodan. »Wir können Ihre Hilfe wahrhaft gebrauchen, wenn es uns gelingt, zu fliehen.«

      »Mit der CREST II oder ... einem anderen Schiffchen?«

      »Versuchen wir es zunächst mit der CREST II, damit wir alle mitnehmen können.«

      »In Ordnung, Mister Rhodan. Ich bin in Wartestellung.« Er gab seine Unterkunft an, die er sich mit Nakamura teilte. »Ich habe ihn gesehen, als sie ihn hergeschleift haben, er war schon übernommen worden, und sie haben ihn zu mir gebracht, weil ich ohnehin schon in der Tür stand. Ich war da, es war Platz, und ich war noch unbeeinflusst. Sie fanden es praktisch, mich dadurch gleich behandeln zu können. Sie meinten, wir wären ohnehin nicht lange genug unterwegs, als dass wir viel Ruhe hätten, also wäre es egal, wer mit wem zusammengesteckt würde. Und dann knallten sie mir die Injektion rein.«

      »Dieses ominöse erste Ziel muss demnach recht nahe sein – also bleibt uns nicht viel Zeit zur Planung«, stellte Thora fest.

      »Ich melde mich.« Rhodan deutete auf Kosums Multifunktionsarmband. »Dass sie uns diese Dinger gelassen haben, werden die Druuwen nicht noch einmal übersehen. Daher sollten wir nur im Notfall darauf zurückgreifen.«

      »Nun, so was wie uns kennen sie nicht ... also dass es Immunitäten gegen den Halteparasiten gibt«, erinnerte ihn Kosum. »Wahrscheinlich ist so etwas noch nie vorgekommen – warum sollten sie also an alle Möglichkeiten denken? Dazu müssten sie ihnen erst in den Sinn kommen.« Er stand übergangslos auf und ging mit hängenden Schultern und schlurfendem Gang von dannen.

      Die beiden Druuwen patrouillierten auf der anderen Seite entlang wieder Richtung Ausgang. Perry Rhodan und Thora Rhodan da Zoltral verließen ihre Plätze; sie hatten sich lange genug aufgehalten und würden sich durch weiteres Verweilen womöglich verdächtig machen.

      8.

      Widerstand ist nicht zwecklos

      Um zur Medostation zu gelangen, mussten sie die bisherige Schiffssektion verlassen. Das Hauptschott war wie zu erwarten schwer bewacht, von zwei Druuwen und zwei Robotern.

      Niemand sonst hielt sich auf dem Gang auf. Perry Rhodan und Thora Rhodan da Zoltral steuerten dennoch unbeirrt auf das Schott zu, die Körpersprache ganz an die Verhältnisse angepasst: schleppender Gang, spannungslose Haltung, leerer Blick irgendwohin.

      Thora kratzte sich unentwegt im Gesicht, riss und zupfte an den dichtesten Mooshaaren. Erschrocken starrte sie ihre Finger an, als sie tatsächlich ein paar grüne Flusen in der Hand hielt, und versuchte, sie mit reibenden Bewegungen wieder zu befestigen. Rhodan bemühte sich, ein Grinsen zu unterdrücken.

      »Wo wollen Sie hin?«, fragte einer der Druuwen.

      »Es juckt«, antwortete Rhodan tonlos. »Ich muss sie zur Medostation bringen.«

      »Nur weil es juckt?«

      »Das bedeutet bei ihrer Spezies Fieber und Krankheit. Sie sieht uns ähnlich, aber sie ist nicht wie wir.«

      »Na schön, dann soll sie gehen, aber Sie bleiben hier.«

      »Die Vorschriften verlangen, dass die Kommandantin nicht unbegleitet sein darf. Es könnte sein, dass sie unterwegs zusammenbricht und ...«

      Der

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