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Meerjungfrau sucht Mann fürs Leben. Hanne-Vibeke Holst
Читать онлайн.Название Meerjungfrau sucht Mann fürs Leben
Год выпуска 0
isbn 9788726569575
Автор произведения Hanne-Vibeke Holst
Жанр Языкознание
Серия Therese-Trilogie
Издательство Bookwire
»Aber ich bin allein«, piepse ich benommen, und so erbarmt sie sich und erlaubt mir zu kommen, wenn es »für mich am besten so ist«.
»Dann werden wir uns schon darum kümmern«, sagt sie beruhigend, und erst hinterher wird mir klar, daß sie glaubt, ich sei vollkommen allein. Daß es überhaupt keinen Mann gibt. Aber vielleicht gibt es ihn ja auch nicht ...
Wir wohnen nur einen Zeitungswurf vom Krankenhaus entfernt, und da ich es verabscheue, als Jammerlappen dazustehen, entschließe ich mich, zu Fuß zu gehen. Paul hat offensichtlich den Alfa genommen, der sowieso ausschließlich für kleine italienische Männer designed ist. Ich nehme den Fahrstuhl nach unten und steuere dann mit der Tasche in der Hand verwegen den Zebrastreifen an, erreiche ihn aber nur mit Mühe und Not, bevor ich erneut nach Luft schnappen muß und krampfhaft den Mast mit dem Signalknopf umklammere. Der Verkehr rauscht vorbei, es ist mitten in der Rushhour, ein rasanter Fahrradbote fährt mir fast über die Zehen, und ein blindes Mädchen mit Blindenhund fragt mich, ob es jetzt grün sei. »Ja«, murmele ich und habe dabei keine Ahnung, wie ich selbst jemals über die Straße kommen soll, deshalb bleibe ich einsam und verlassen stehen, zusammengekrümmt am Randstein. Da hält ein Taxi neben mir, das Seitenfenster gleitet nach unten, und der Fahrer fragt, ob etwas nicht in Ordnung sei?
»Können Sie mich rüber ins Krankenhaus fahren? In die Geburtsabteilung?« frage ich und falle dem pakistanisch aussehenden Fahrer fast um den Hals, als er »’türlich« nickt und mir auf den Rücksitz hilft. Im Autoradio hat er irgendeine Art bengalischer Katzenjammermusik, die er rücksichtsvoll leiser dreht, als wir losfahren.
»Sie gleich Kind kriegen – auf mein Rücksitz?« lächelt er begeistert in den Rückspiegel, und während er überholt und fast einen Radfahrer in einer rechten Kurve mitnimmt, erzählt er stolz, daß er selbst fünf Kinder und eine Frau habe, die eine »richtige Gebärmaschine« sei.
Ich nicke höflich und erleichtert auf, als wir auf den Blegdamsvej abbiegen und das Rigshospital in Sicht kommt. Routiniert findet er den Eingang zur Geburtsstation, hilft mir aufmerksam aus dem Auto, aber nachdem ich bezahlt habe und meine Tasche greifen will, schaut er mich mit einem Mal nachdenklich an.
»Kein Mann?« fragt er.
»Scheint nicht so«, lächle ich schwach.
»Soll ich mitkommen?« bietet er mir daraufhin an, als wäre er bereits dabei, die praktischen Probleme, die eine derartige Hilfe mit sich bringen würde, zu lösen.
Ich lehne dankend ab und versichere ihm, daß ich schon zurechtkommen werde, dann reiße ich mich zusammen, um kompetent und ganz normal auszusehen, als ich mit der Tasche über der Schulter die Tür aufschiebe. Was für Angebote ich heute schon bekommen habe. Sie wiegen fast meine Wut auf das Männervolk auf, die ich im Fahrstuhl bedrohlich gären fühle. Paul, du Arschloch!
»Unbefugte haben keinen Zutritt« steht mahnend an der Glastür zur Geburtsstation, und ich zögere, bevor ich auf die Klingel drücke. Ich fühle mich unbehaglich, empfinde die ganze Situation als unwirklich und bin mir nicht mehr sicher, ob ich nicht einfach nur hysterisch bin. Hysterisch schwanger. Ich klingle trotzdem. Was sonst?
»Hallo«, sagt die diensthabende Hebamme und läßt mich in das Allerheiligste ein. »Sind Sie es, die allein ist?«
Ich nicke und korrigiere sie matt, während ich ihr meinen Mutterpaß gebe.
»Mein Freund kommt vielleicht später.«
Sie nickt kurz, bittet mich Platz zu nehmen und zu warten, bis ein Untersuchungszimmer frei ist.
»Heute abend ist es ein bißchen stürmisch hier«, fügt sie erklärend hinzu und will sich schon wieder entfernen.
»Aber, aber, ich glaube, es eilt!« kann ich ihr noch hinterherrufen. »Jetzt sind sieben, acht Minuten dazwischen, oder?« fragt sie.
»Dann haben wir noch massenhaft Zeit! Sie sind ja Erstgebärende...«
»Anfängerin!« hätte sie mich ebensogut titulieren können. Ich betrachte wütend ihren gebügelten Kittelrücken, schon angespannt, weil ich mich in die Gewalt dieser besserwissenden Menschen begeben soll. Warum habe ich mich nicht dazu entschieden, mein Kind zu Hause zu bekommen, dann könnte ich mich jetzt wie eine der gebärenden Katzen zusammenrollen, die Kiki und ich im Heu auf Læsø fanden, als wir im Sommer Großvater auf seinem Hof besuchten. Ich bin so aufgebracht, als ich mich auf einen der Laminatstühle setze, daß ich ein sehr junges Mädchen, das mir gegenübersitzt, fast nicht bemerkt hätte. Aber kaum sitze ich, spricht sie mich an.
»Bist du auch allein?« fragt sie und beugt sich zu mir vor.
»Nicht ganz«, sage ich und stemme die Hacken in den Boden, als ich die Welle heranrollen spüre. »Aber du?« frage ich, als ich wieder zu Atem gekommen bin.
»Na ja, sozusagen. René ist in Nyborg, weißt du? Und eigentlich dürfen die dabeisein, aber jetzt ist das Fruchtwasser drei Wochen zu früh abgegangen, und ich habe angerufen, aber es ist nicht sicher, ob er es schafft.«
»Ach so«, erwidere ich, bevor mir klar wird, wovon das Mädchen eigentlich spricht.
»Sonst ist er immer schnell bei der Sache!« erklärt sie und holt eine Rolle Schokoladenkekse aus einer Plastiktüte. »Willst du einen?«
Ich nehme einen, um ihr eine Freude zu machen, an ihr ist etwas äußerst Verletzliches, als wäre sie zeit ihres Lebens gezwungen gewesen, gelassen zu bleiben.
»Wie heißt du?« fragt sie, den Mund voller Keks.
»Therese«, antworte ich und beuge mich vor, um mit einer Hand mein Kreuz zu massieren.
»Ich heiße Heidi«, erklärt sie und schaut mich aufmerksam an. »Hast du Wehen?«
Ich nicke und spähe den Flur entlang nach der Hebamme. Im gleichen Moment zerreißt ein Schrei, gefolgt von einem laut klagenden Jammern den ansonsten so stillen Flur. Wir erstarren alle beide und tauschen in gleicher Beunruhigung Blicke.
»Ach was«, platzt Heidi heraus und streckt die Hand nach einem weiteren Keks aus. »Die stellt sich sicher reichlich an, oder? Also SO weh wird es doch wohl nicht tun, was?«
Ich schüttle tröstend den Kopf. Nein, so weh kann es unmöglich tun. Dann wird Heidi geholt, sie gibt mir mit dem Daumen ein Siegerzeichen und verschwindet mit der gelben Plastiktüte und einem Bauch, der wie ein grotesker Vorbau wirkt, der an den zarten Körper geheftet wurde. Das arme Mädchen. Schließlich erlischt eine weitere rote Lampe über einem der Untersuchungszimmer, und ein werdendes Elternpaar kommt heraus, während ich hineingerufen werde.
»Eine ziemlich verworrene Geschichte, was?« sagt die untersuchende Hebamme mit Blick in den Mutterpaß. »Nun ist es aber Zeit, das Kind herauszukriegen!«
Ich gebe ihr innerlich recht und habe bereits jetzt viel mehr Vertrauen zu der älteren Else Jakobsen, wie ich auf ihrem Schild lese, als ich es zu ihrer jüngeren Kollegin kurz zuvor hatte. Und dann befaßt sie sich erfahren und vor sich hinredend mit mir, die ich bereitwillig auf der Pritsche liege, die Beine in den Bügeln.
»Wollen wir ihm mal ’nen kleinen Schubs geben!« sagt sie und »räumt Hindernisse aus dem Weg«, daß mir der kalte Schweiß ausbricht.
»Sie bekommen gleich einen Einlauf, und dann werden Sie sehen, dann werden es richtig gute Wehen!«
»Aber ich habe ausgezeichnete Wehen!« protestiere ich gekränkt.
»Ja, ja, meine Liebe. Gut sind sie, aber nicht gut genug! Sie sind erst zwei Zentimeter offen, und wir müssen schließlich auf zehn kommen!«
»Soll das heißen, daß es schlimmer wird?« frage ich unruhig.
»Schlimmer, aber gleichzeitig besser! Kommt denn da niemand, um Ihnen die Hand zu halten?« fragt sie, während sie ein Klistier einführt. Es kitzelt, ist aber nicht unangenehm, wie ich befürchtet hatte.
»Doch«, antworte ich und klemme