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Stei­ne. Tar­zan hat­te kei­nen Be­griff vom fa­bel­haf­ten Wert sei­nes Fun­des, weil er durch sei­nen Un­fall im Den­ken wie­der auf den Ur­zu­stand zu­rück­ge­wor­fen war. Für ihn wa­ren es nur wert­lo­se Kie­sel. Er tauch­te mit der Hand tief hin­ein und ließ sich die un­be­zahl­ba­ren Ju­we­len durch die Fin­ger lau­fen. Er un­ter­such­te die üb­ri­gen Kis­ten und fand aber­mals große Men­gen wert­vol­ler Stei­ne. Fast alle wa­ren be­reits ge­schlif­fen. Er such­te eine Hand­voll her­aus und füll­te die Ta­sche an sei­ner Sei­te da­mit – die un­ge­schlif­fe­nen warf er in ihre Kis­ten zu­rück. Ohne eine Ah­nung da­von zu ha­ben, war der Af­fen­mensch in den ver­ges­se­nen Edel­stein­ort von Opar ge­ra­ten. Seit Jahr­tau­sen­den hat­te die­ser un­ter dem Tem­pel des Feu­er­got­tes be­gra­ben ge­le­gen, denn kei­ner der aber­gläu­bi­schen Nach­kom­men je­ner al­ten Son­nen­an­be­ter hat­te es ge­wagt oder auch nur Lust ge­habt, die vie­len, dunklen Gän­ge zu be­tre­ten.

      Tar­zan wur­de zu­letzt der Un­ter­hal­tung mit den Stei­nen müde und such­te wei­ter sei­nen Weg aus dem Ju­we­len­raum, von wo ihn ein Gang mit schar­fer Stei­gung auf­wärts führ­te. In Win­dun­gen und Kur­ven, aber im­mer stei­gend, ging der Tun­nel mehr und mehr an die Erd­ober­flä­che und en­de­te schließ­lich in ei­nem fla­chen Ge­wöl­be.

      Über ihm am Ende ei­ner Flucht von Stu­fen ent­hüll­te eine Öff­nung ein von der Son­ne strah­lend be­leuch­te­tes Bild. Tar­zan er­blick­te die wei­num­rank­ten Säu­len mit stil­ler Be­wun­de­rung. Er zer­mar­ter­te sein Ge­hirn in der Be­mü­hung, sich an et­was Ähn­li­ches zu er­in­nern. Er war sei­ner selbst nicht si­cher und hat­te das quä­len­de Ge­fühl, dass ihm et­was ent­ging, dass er vie­le Din­ge hät­te ken­nen sol­len, von de­nen er eben nichts wuss­te.

      Ein don­nern­des Brül­len aus der Öff­nung über ihm un­ter­brach plötz­lich sein erns­tes Nach­den­ken. Nach dem Brül­len hör­te er Rufe und Schreie von Män­nern und Wei­bern. Tar­zan pack­te sei­nen Speer fes­ter und stieg hin­auf. Als er aus dem Halb­dun­kel des Kel­lers in die hel­le Be­leuch­tung des Tem­pels kam, bot sich ein merk­wür­di­ger An­blick sei­nen Au­gen.

      Er er­kann­te die Ge­schöp­fe vor sich wohl als das, was sie wa­ren: Män­ner, Frau­en und ein rie­si­ger Löwe. Die Män­ner und die Wei­ber has­te­ten nach den ret­ten­den Aus­gän­gen, wäh­rend der Löwe mit­ten im Tem­pel stand über dem Kör­per des einen, wel­cher we­ni­ger Glück ge­habt hat­te als die an­de­ren. Gera­de vor Tar­zan stand ein Weib ne­ben ei­nem Stein­wür­fel, auf des­sen Flä­che ein Mann aus­ge­streckt lag. Tar­zan über­schau­te die gan­ze Sze­ne und sah, wie der Löwe sei­nen schreck­li­chen Blick auf die zwei im Tem­pel Ver­blie­be­nen rich­te­te. Ein neu­es Brül­len brach aus dem wil­den Ra­chen, das Weib schrie auf und fiel be­wusst­los über den Kör­per des Man­nes auf dem stei­ner­nen Al­tar.

      Der Löwe kroch ei­ni­ge Schrit­te vor und kau­er­te sich nie­der, wäh­rend die Spit­ze sei­nes ge­schmei­di­gen Schwei­fes ner­vös zuck­te. Als er eben an­sprin­gen woll­te, tra­fen sei­ne Bli­cke den Af­fen­menschen.

      Der hilf­los auf dem Al­tar lie­gen­de Wer­per sah, wie sich das große Raub­tier zum Sprun­ge an­schick­te, dann sah er, wie die Au­gen des Tie­res nach ir­gen­det­was auf der an­de­ren Sei­te des Al­tars wan­der­ten, wo­hin er nicht se­hen konn­te, und wie sich der ge­wal­ti­ge Kör­per zum Ste­hen auf­rich­te­te. Eine Ge­stalt schoss an Wer­per vor­bei, ein mäch­ti­ger Arm fuhr in die Höhe und ein star­ker Speer be­grub sich in der brei­ten Brust des Lö­wen.

      Der Löwe schnapp­te und schlug nach dem Schaft der Waf­fe, als – Wun­der über Wun­der – der nack­te Rie­se, wel­cher den Speer ge­schleu­dert hat­te, nur mit ei­nem Mes­ser be­waff­net das große, mit fürch­ter­li­chen Fän­gen und Pran­ken be­wehr­te Raub­tier an­griff.

      Der Löwe wich et­was zu­rück, ehe er dem neu­en Feind be­geg­ne­te und knurr­te fürch­ter­lich, da hör­ten die angst­voll lau­schen­den Ohren des Bel­giers, wie ein ganz ähn­li­ches, wil­des Knur­ren über die Lip­pen des Men­schen brach, als er auf das Tier los­schnell­te.

      Mit ei­nem blitz­schnel­len Sei­ten­sprung ver­mied Tar­zan den ers­ten fe­gen­den Schlag der Lö­wen­tat­ze. Er schoss an die Sei­te des Lö­wen und sprang auf den loh­far­be­nen Rücken. Sei­ne Arme um­klam­mer­ten den mäch­ti­gen Na­cken, sei­ne Zäh­ne gru­ben sich tief in das Fleisch der Bes­tie. Brül­lend, sprin­gend, rol­lend und zap­pelnd such­te die Rie­sen­kat­ze ih­ren grim­mi­gen Geg­ner los­zu­wer­den, wäh­rend im­mer wie­der eine große, brau­ne Faust ihr ein lan­ges, schar­fes Mes­ser in die Sei­te trieb.

      La kam wäh­rend des Kamp­fes wie­der zu sich. Wie ver­zau­bert stand sie und be­ob­ach­te­te das Schau­spiel. Es schi­en un­glaub­lich, dass ein Mensch dem Kö­nig der Tie­re im Ein­zel­kamp­fe stand­hal­ten konn­te und doch er­eig­ne­te sich das Un­wahr­schein­li­che ge­ra­de vor ih­ren Au­gen.

      End­lich fand Tar­zans Mes­ser den Weg zu dem Herz und mit ei­nem letz­ten krampf­haf­ten Zu­cken roll­te der Löwe tot über den Mar­mor­bo­den. Der Sie­ger er­hob sich, setz­te einen Fuß auf den er­leg­ten Kör­per, hob das Ant­litz zum Him­mel und stieß einen so fürch­ter­li­chen, weit durch den Tem­pel hal­len­den Ruf aus, dass La und Wer­per zit­ter­ten.

      Dann dreh­te sich der Af­fen­mensch um und Wer­per er­kann­te den Mann, wel­chen er für tot im Schatz­raum hat­te lie­gen las­sen.

      Wer­per war ent­setzt. Konn­te die­se Krea­tur wirk­lich je­ner wür­de­vol­ler Eng­län­der sein, der ihn so lie­bens­wür­dig in sei­nem üp­pi­gen afri­ka­ni­schen Heim be­wir­tet hat­te? Soll­te wirk­lich die­ses wil­de Tier mit leuch­ten­den Au­gen und blu­ti­gem Aus­se­hen ein Mensch sein? War es mög­lich, dass der eben ge­hör­te Sie­ges­schrei aus ei­ner Men­schen­keh­le kam?

      Mit ei­nem ver­dutz­ten Aus­druck be­sah sich Tar­zan den Mann und das Weib, aber er ver­riet nicht die kleins­te Spur von Wie­de­rer­ken­nen. Ihm war es ge­ra­de, als wenn er eben eine neue Spiel­art von Ge­schöp­fen ent­deckt hät­te und sich im In­nern dar­über wun­der­te.

      La mus­ter­te die Züge des Af­fen­menschen und mach­te in lang­sa­mem Er­stau­nen große Au­gen.

      Tar­zan! rief sie und fuhr dann in der Spra­che der Rie­sen­af­fen, wel­che durch das dau­ern­de Zu­sam­men­le­ben mit den Men­schen­af­fen die Mund­art der Opa­ri­er ge­wor­den war, fort. Tar­zan, du bist zu mir zu­rück­ge­kom­men! La hat die Ge­bo­te ih­rer Re­li­gi­on miss­ach­tet und im­mer auf Tar­zan, ih­ren Tar­zan, ge­war­tet. Sie hat kei­nen Gat­ten ge­nom­men, denn in der gan­zen Welt gibt es nur einen, den La zum Gat­ten wünscht. Und nun bist du wie­der­ge­kom­men! O Tar­zan! Sage nur, dass du um mei­net­wil­len zu­rück­kommst!

      Tar­zan! wie­der­hol­te er sin­nend. Tar­zan? Der Name klingt mir ver­traut.

      Dein Name ist es. Du bist Tar­zan! schrie La.

      Ich bin Tar­zan? Der Af­fen­mensch zuck­te die Ach­seln. Nun schön; es ist ein gu­ter Name –

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