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Ida Pfeiffer: Ausgewählte Werke. Ida Pfeiffer
Читать онлайн.Название Ida Pfeiffer: Ausgewählte Werke
Год выпуска 0
isbn 9788027206223
Автор произведения Ida Pfeiffer
Жанр Книги о Путешествиях
Издательство Bookwire
5. Oktober 1842.
Als ich heute Morgens auf das Verdeck eilte, waren wir schon an Siciliens Küste, und ich sah, o Wonne! grünende Hügel, bewaldete Gebirge, herrliche Triften und lachende Wiesen, ein Anblick, den mir weder Syrien, noch Egypten, noch Malta geboten hatte. Jetzt erst meinte ich Europa zu erblicken. Malta gleicht zu sehr den syrischen Gegenden, um sich schon dort auf europäischen Boden versetzt zu glauben. Gegen 11 Uhr erreichten wir Syrakus.
Wir erhielten leider nur vier Stunden Urlaub. Da mehrere Herren unter den Reisenden waren, welche in diesen Paar Stunden alle Merkwürdigkeiten der einst so reichen und herrlichen Stadt besehen wollten, gesellte auch ich mich zu ihnen, und fuhr mit an's Ufer. Kaum gelandet, umschwärmten uns eine Menge Lohndiener und neugierig gaffendes Volk, so daß wir uns ordentlich mit Gewalt durch die Menge drängen mußten. Die Herren nahmen gleich einen Lohndiener, und ließen sich zuerst zu einem — Traiteur führen, der ihnen in einer kleinen halben Stunde ein bescheidenes Gabelfrühstück zu liefern versprach. Die Aussicht auf eine gute Mahlzeit war ihnen wichtiger, als alles Übrige. Sie beschlossen, vorerst zu speisen, und dann eine kleine Wanderung zu unternehmen.
Als ich dieses hörte, handelte ich gleich mit einem Cicerone aus, wohin er mich in Zeit von vier Stunden führen solle, ging mit ihm, und ließ die Gesellschaft am Tische sitzen. Freilich genoß ich an diesem Tage nichts, als ein Stückchen Brot und einige Feigen, die ich unterweges verzehrte, dagegen sah ich aber auch Dinge, welche ich der köstlichsten Tafel vorzog.
Von der einstmals großen Stadt steht nur noch ein kleiner Theil, der höchstens von 16000 Einwohnern bewohnt wird. Allenthalben waren die schmutzigen Gassen mit Menschen angefüllt, als ob alle auf derselben wohnten, und die Häuser leer stünden.
Ich eilte mit meinem Führer flüchtig durch die neue Stadt, über drei oder vier hölzerne Brücken, nach Neapolis, dem Theile des alten Syrakus, in welchem noch die besterhaltenen Denkmäler der Vergangenheit zu sehen sind. Da kamen wir denn zuerst zum Theater. Es ist noch sehr gut erhalten; man sieht noch viele der steinernen Sitze sich terrassenförmig im Kreise erheben. Von hier begaben wir uns in das bei weitem schönere Amphitheater, in welchem unten rings herum die Gänge und Behältnisse für Thiere, oberhalb die Plätze für die Zuseher angebracht sind; Alles in so gutem Zustande, daß man mit geringem Kostenaufwands das Ganze ausbessern und noch jetzt benützen könnte. — Nun ging es zu dem Ohre des Dionisius ,das mich unendlich überraschte. Außerordentlich hohe Gemächer und Gänge sind in den Felsen zum Theil durch Kunst, zum Theil schon von der Natur gebildet. In der Mitte ist eine unendlich hohe Halle, von welcher die Gänge auslaufen. Diese Halle wölbt sich in der Höhe immer enger und enger zusammen, wird zuletzt ganz spitzig und endet mit einer ganz kleinen Oeffnung, die dem Auge nicht sichtbar ist. An riefe Oeffnung soll Dionisius von außen sein Ohr gelegt, und da Alles vernommen haben, was die Gefangenen sprachen. (Der Ort war zum Gefängnisse der Sklaven und Verbrecher bestimmt.) Gewöhnlich läßt man hier eine Pistole abfeuern, um das mehrfach wiederholte Echo zu hören. Den Eingang zu diesen Felsengängen bildet eine hohe Oeffnung, einem großen Thore ähnlich, die ganz mit Epheu bewachsen, mehr einer Laube als der Pforte eines Schreckensortes gleicht. Einige der Nebenballen dienen gegenwärtig mehreren Seilern als Werkstätten, in andern wird Salpeter bereitet. Die Gegend ringsum ist felsig, aber ohne hohe Gebirge. Ich sah viele Grotten, manche darunter mit so großartigen Eingängen, als ob sie durch Kunst in den Felsen gesprengt wären. In einer derselben stürzt Wasser herab, und bildet einen recht artigen Fall.
Die Zeit verstrich bei dieser Excursion so schnell, daß ich nicht mehr an das Besuchen der Katakomben, wohl aber an meine Rückkehr denken mußte.
Ich ging an das Meeresufer, längs welchem die Syrakusaner eine kleine, niedliche Promenade angelegt haben, und ließ mich an Bord bringen.
Von all' den Reisenden, welche sich auf unserm Schiffe befanden, hatte ich allein etwas von Syrakus gesehen, alle Andern hatten den größten Theil des erhaltenen Urlaubs im Gasthause zugebracht und waren höchstens ein Bischen in der Stadt herum spaziert. Dagegen kamen sie aber auch vollkommen gesättigt zurück, und so hatten wir, jedes nach seiner Art, unsere Wünsche befriedigt.
Um drei Uhr verließen wir den schönen Hafen von Syrakus, und nach drei Stunden erreichten wir Catanea.
Diese Fahrt ist eine der schönsten und interessantesten, man sieht immerwährend die reizendsten Landschaften des blühenden Sicilien, und schon von Syrakus aus erblickt man, bei reiner Luft, den Riesenberg Aetna, welcher sein Haupt 10,000 Fuß über die Meeresfläche erhebt.
Um sechs Uhr Abends wurden wir ausgeschifft, doch mußten sich die Weiterreisenden schon wieder um Mitternacht an Bord einfinden. — Ich war Willens, in Catanea zu bleiben, und den Aetna zu besteigen, allein als ich deßhalb Erkundigungen einzog, versicherte man mich, die Jahreszeit sei für ein solches Unternehmen schon zu weit vorgerückt, ich entschloß mich daher um Mitternacht wieder unter Segel zu gehen. Ich stieg mit einem Neapolitaner und dessen Gemahlin an's Land. Wir wollten einige Kirchen, einige Gebäude und die Stadt besehen, fanden aber die ersteren bereits geschlossen. Von außen sahen manche sehr viel versprechend aus. Wir bedauerten eine Stunde zu spät gekommen zu seyn, und spazierten nun in der Stadt herum. Ich konnte mich nicht genug über die außerordentliche Lebhaftigkeit und Überfüllung aller Plätze und Hauptstraßen, so wie auch über das Lärmen und Schreien des Volkes wundern. Die Zahl der Einwohner beträgt 50 000. Die zwei Hauptstraßen, welche vom großen Platz hinauf und hinab gehen, sind lang, breit, mit vielen herrlichen Häusern versehen und vorzüglich gut gepflastert (mit großen Steinplatten). Das Einzige mißfiel mir, daß die Leute überall, selbst in den Hauptstraßen, an den Fenstern und Balkonen, auf großen Stangen Wäsche trockneten. Das sieht gerade so aus, als ob überall Wäscherleute wohnten, und ich ließe es mir noch gefallen, wenn es saubere Wäsche wäre, so aber sieht man oft die abscheulichsten, eckelhaftesten Lumpen vor den schönsten Häusern hängen. Leider trifft man diesen Unfug in ganz Sicilien, und selbst in Neapel ist das Wäscheaushängen nur in der Hauptstraße, nämlich auf dem Toledo, verboten; in den andern Gassen hängt Alles voll.
Unter den Equipagen, deren ziemlich viele in Bewegung waren, bemerkte ich einige recht hübsche. Manche hielten auf dem Platze, ihre Besitzer sahen dem Getreibe zu, welches daselbst herrschte und schwatzten nebenbei mit Freunden und Bekannten, die sich an die Wagen drängten. So lebhaft, wie hier, fand ich es weder in Palermo noch in Neapel.
Das Kloster des heil. Nikolaus war leider geschlossen, wir konnten es folglich nur von Außen betrachten. Es ist ein großes, herrliches Gebäude, das größte in der Stadt. Noch besahen wir die Spaziergänge am Meeresufer, die wir bei unserer Ankunft nur flüchtig durcheilt, um noch etwas von der Stadt zu besehen. Schöne Alleen breiten sich am Hafen aus, sie waren aber viel weniger besucht, als die Straßen und Plätze der Stadt. Wir hatten einen wunderschönen mondhellen Abend, das Vorgebirge des Ätna mit seiner üppigen Vegetation und der Riesenberg selbst in seiner ganzen Glorie erhoben sich vor uns. Rein und wolkenlos war sein Haupt, kein Rauch entstieg seinem Krater, eben so wenig entdeckten wir, als wir am Bord waren, eine Spur von Schnee auf seinem Gipfel. — Von dieser Seite steht er von drei Seiten frei. Am Meere erblickten wir einige Haufen Lava aufgethürmt; sie sah ganz schwarz aus.
Spät gingen wir in ein Gasthaus, wo wir uns durch einige gut bereitete Gerichte erquickten, begaben uns dann an Bord und segelten um Mitternacht ab.
6. Oktober 1842.
Wir erwachten in Messina's Hafen. Von der schönen Lage dieser Stadt kann man sich beinahe keine Vorstellung machen. Ich war so entzückt von ihrem Anblick, daß ich lange auf dem Verdecke stand und gar nicht an das Landen dachte.
Ein Kranz der schönsten Gebirge und (im Hintergrunde) der gewaltigsten Felsenmassen umgibt Hafen und Stadt. Ueberall herrscht die höchste Fruchtbarkeit, Alles ist im üppigsten, heitersten Zustande. Auf der Seite gegen Palermo sieht man das unbegränzte Meer.
Ich nahm nun Abschied von dem prachtvollen ,,Herkules", weil ich von hier aus nicht gerade zu nach Neapel, sondern über Palermo reisen wollte.
An's Land gekommen, suchte ich das Handlungshaus M. auf, an welches ich ein Empfehlungsschreiben hatte. Ich ersuchte Herrn M., mir