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ein von Gott gesandter ›starker Mann‹ werde Deutschland wieder zu alter Größe führen, verband sich mit dem insbesondere in der Jugendbewegung verbreiteten antidemokratischen Führerideal und spielte Hitler und den Nationalsozialisten in die Hände.

      1932 übte der Herausgeber des Kirchlichen Jahrbuches, der Lutheraner Hermann Sasse, scharfe theologische Kritik am »messianische[n] Führerkult« [Sasse, 5]. Theologische Kritik zielte auch auf den NS-Rassengedanken und das Vorhaben einer ›Entjudaisierung‹ des christlichen Glaubens. Vertreter der Dialektischen Theologie erteilten dem Nationalsozialismus mit ihrem eschatologischen Radikalismus und christologischen Zentrismus jeder religiösen Verklärung historischer Gegebenheiten und natürlicher Ordnungen eine radikale theologische Absage. Ein Hauptansatzpunkt evangelischer Kritik war Alfred Rosenberg, der führende Ideologe der NSDAP, und sein 1930 veröffentlichtes, gegen das Christentum gerichtetes Buch »Der Mythus des 20. Jahrhunderts«, in dem er Geschichtsphilosophie und rassistische Mystik vermischte.

      Insgesamt zielte protestantische Kritik am Nationalsozialismus vornehmlich auf einzelne Teile von dessen ›Weltanschauung‹ und kaum auf dessen politisches Programm. Letzteres fand mit den Forderungen nach Beseitigung des ›Versailler Schanddiktats‹, nach Bekämpfung von Kommunismus und ›jüdischem Bolschewismus‹, nach einem starken Staat und nach Überwindung des westlichen Individualismus und des politischen Streits in der ›Volksgemeinschaft‹ viel Widerhall im protestantischen Milieu. Andere Programmpunkte wurden ebenso wie der ›Radauantisemitismus‹ oft als ideologische ›Auswüchse‹ banalisiert.

      Der Deutsche Evangelische Kirchenausschuss unter Hermann Kapler unterschätzte Anfang der dreißiger Jahre zunächst die Sog- und Schlagkraft der NS-Bewegung. In zwei geheimen Gesprächen mit NSDAP-Politikern versuchte Kapler genaueres über die kirchenpolitische Haltung und das politische Programm der Partei herauszufinden. Anschließend stufte er die NSDAP als politikunfähig und gefährlich ein. Eine öffentliche Stellungnahme gegen die Partei vermied er jedoch, da er glaubte, damit die Befugnisse der Kirche zu überschreiten, und er zugleich wusste, dass die NSDAP in kirchlichen Kreisen viele Sympathien genoss. Schätzungen gehen davon aus, dass bei den Reichspräsidentenwahlen 1932 etwa 60% der kirchennahen evangelischen Wähler für Hitler stimmten. Im Gegensatz zur katholischen Kirche hielten sich die evangelischen Kirchenleitungen insgesamt mit Stellungnahmen zur politischen Entwicklung zurück. Auch in den politischen Wirren der Endphase der Weimarer Republik glaubte man, weiterhin ›über den Parteien‹ stehen zu müssen und zu können. Damit aber überließen die Kirchenführer die erste deutsche Demokratie den Angriffen ihrer rechten und linken Gegner. Mit verschiedenen Erlassen versuchten die Kirchenleitungen, zumindest der wachsenden Politisierung gerade der jüngeren Pfarrer Einhalt zu gebieten. Doch selbst stark engagierten nationalsozialistischen Pfarrern drohten selten Sanktionen. Die Kirchenleitungen mahnten ganz allgemein zu politischer Zurückhaltung, ohne explizit auf den Nationalsozialismus einzugehen. Man wollte, so eine gängige kirchliche Argumentation, gegenüber der NS-Bewegung nicht denselben Fehler machen wie gegenüber der Arbeiterbewegung, deren Glieder der Kirche letztendlich verloren gegangen waren. Auf der Sitzung des Deutschen Evangelischen Kirchenausschusses im November 1932 erklärte zwar einer der Teilnehmer, dass sich in der Beurteilung des Christentums durch die NSDAP eine für kirchliche Erkenntnis und kirchliches Wesen grundstürzende Verkehrung des Urteils zeige. Eine kirchliche Verlautbarung gegen das rassistische und völkisch-heidnische Ideenkonglomerat der Nationalsozialisten kam aufgrund der uneinheitlichen Meinungen unter den Kirchenführern jedoch nicht zustande.

      Am 17. Juli 1932 starben nach einem provokanten Werbemarsch der SA durch das ›rote Altona‹ 18 Menschen, zwei vermutlich durch kommunistische Schützen, 16 durch Polizeikugeln. Dieser ›Altonaer Blutsonntag‹ wurde zum Auslöser für den Versuch einer kirchlichen Identitätsklärung. 21 Altonaer Pastoren um Hans Asmussen verfassten das ›Altonaer Bekenntnis‹, das am 11. Januar 1933 verkündet wurde und auf viel Zustimmung stieß. Die Pastoren sahen den Auftrag der Kirche angesichts der gewalttätigen politischen Auseinandersetzung darin, auf Gottes Ordnung im Staatswesen und auf ein Leben nach Gottes Geboten zu verweisen. Auf diese Weise sollte den pseudoreligiösen politischen Utopien von rechts und links begegnet werden.

      Am frühesten und entschiedensten nahmen jedoch liberale Theologen und Religiöse Sozialisten gegen die NSDAP, deren Ideologie und politischen Ziele Stellung. Sie warnten vor Antisemitismus, Militarismus und dem Ende der Meinungsfreiheit. Gerade die Argumentation der Religiösen Sozialisten aber empfanden viele Protestanten als politisch-ideologisch und verwiesen auf die Situation der Kirchen in der Sowjetunion. Insgesamt machten die erklärten Gegner der Nationalsozialisten in der Weimarer Republik nur eine kleine Minderheit im deutschen Protestantismus aus.

      Bormuth, Daniel: Die Deutschen Evangelischen Kirchentage in der Weimarer Republik (KoGe 41). Stuttgart 2007.

      Büttner, Ursula: Weimar. Die überforderte Republik 1918–1933. Leistung und Versagen in Staat, Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur. Stuttgart 2008.

      Inacker, Michael J.: Zwischen Transzendenz, Totalitarismus und Demokratie. Die Entwicklung des kirchlichen Demokratieverständnisses von der Weimarer Republik bis zu den Anfängen der Bundesrepublik 1918–1959 (HTSt 8). Neukirchen-Vluyn 1994.

      Nowak, Kurt: Geschichte des Christentums in Deutschland. Religion, Politik und Gesellschaft vom Ende der Aufklärung bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts. München 1995.

      Scholder, Klaus: Die Kirchen und das Dritte Reich. Bd. 1: Vorgeschichte und Zeit der Illusionen 1918–1934. Frankfurt a. M. u. a. 1977.

       Claudia Lepp

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