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du hättest die Szene beobachtet und wolltest die gute Freundin warnen, dann bleibe ich aus dem Spiel.«

      »Ach ja, Vati, das ist besser. Weißt du, wenn Ernestine erfährt, daß du böse auf sie bist, dann muß sie sich doch sehr schämen und reist vielleicht sogar ab. Und ich habe mich so sehr gefreut, daß sie gekommen ist.

      »Na gut, deine Freude soll nicht geschmälert werden. Aber ich bitte mir aus, daß du nicht die Gewohnheiten der jungen Dame übernimmst! Du weißt, ich achte alle Menschen gleich, dazu gehören auch unsere Dienstboten, die mir alle lieb und wert sind, solange sie ihre Pflicht zu unserer Zufriedenheit tun. Aber diese Achtung bedeutete keineswegs, daß ich eine sogenannte Verbrüderung schätze. Es sind verschiedene Welten, in denen sie und wir leben, und es hat keinen Sinn, da Brücken schlagen zu wollen. In den meisten Fällen bringt das für beide Seiten kein Glück. Merk dir das auch für die Zukunft, meine Tochter! Und jetzt geh und sprich mit Baronesse Wallenberg, ehe sie noch weitere Dummheiten anstellt.«

      *

      Baronesse Ernestine von Wallenberg war gerade dabei, die Rose ins Wasser zu stellen, als Edina nach kurzem Anklopfen das Zimmer betrat.

      »Ach, Edina, du kommst zu mir«, sagte Ernestine unbefangen. »Das ist nett. Schau mal, ist die Rose nicht herrlich? Ich habe mir mit Hilfe deiner Zofe eine passende Vase dazu ausgesucht. Diesen Kristallkelch finde ich besonders schön. Schau nur, wie stolz die Rose sich darin emporreckt. Sie ist wahrlich die Königin der Blumen. Du, ich liebe rote Rosen über alles, und wenn sie gar noch das Geschenk eines Mannes sind, dann könnte ich sie stundenlang anschauen.«

      »Ich weiß, wer dir diese Rose gegeben hat, Ernestine«, bemerkte Edina, und in ihrer Stimme lag schon ein kleiner Vorwurf.

      »So, du weißt?«

      »Ja, zufällig habe ich nämlich am Fenster gestanden.«

      Baronesse Ernestine lachte silberhell.

      »Aha! Und nun vermutest du irgendeine dramatische Liebesgeschichte. Habe ich recht?«

      »Ich vermute gar nichts, denn ich habe mir noch gar keine Gedanken darüber gemacht.«

      »Und warum machst du dann ein Gesicht, als wenn du zu einer Beerdigung müßtest?«

      »Mache ich doch gar nicht.«

      »Doch, mein Schatz, du solltest in den Spiegel schauen. Sag mal, Herzchen, du bist doch wohl nicht eifersüchtig auf euren charmanten Butler?«

      »Unsinn! Ich begreife gar nicht, wie du nur so etwas Dummes sagen kannst.«

      »Na, ich weiß nicht, so dumm ist das gar nicht. Herr Archibald ist ein äußerst charmanter und liebenswürdiger Mensch, ich kann mir schon vorstellen, daß ihm die Mädchenherzen nur so zufliegen.«

      »Archibald ist unser Butler!«

      »Natürlich, weiß ich. Aber auch Butler sind Männer. Oder solltest du daran zweifeln?«

      »Ich mag es nicht, wenn du so ironisch sprichst, Ernestine. Ich mag Archibald aber gut leiden, denn er ist wirklich nett. Aber darum würde ich doch nie vergessen, daß er unser Butler ist.«

      »Mit anderen Worte, für die Liebe ist er tabu, nicht wahr?«

      »Hach, wie das klingt.«

      »Das ist eine deutliche Sprache, daran mußt du dich gewöhnen, Edina. Ich sage immer, was ich denke.«

      »Das sollte man aber nicht. Als junge Dame…«

      »Nun komme mir bloß nicht damit. Das höre ich von meinen Eltern oft genug.«

      »Ich auch«, gestand Edina. »Aber ob unsere Eltern nicht doch recht haben?«

      »Manchmal schon, mag sein. Aber zwischen uns beiden braucht es doch keine Höflichkeitsfloskeln zu geben, nicht wahr?«

      »Das stimmt«, sagte Edina erleichtert. »Darum bin ich ja auch zu dir gekommen.«

      »Weil du mich mit eurem Butler gesehen hast?«

      »Ja, eben! Und ich habe gesehen, daß… daß diese Rose hier…«

      »Ist vom Butler Archibald.« Ernestine nickte vergnügt. »Darf er

      das etwa nicht tun? Ist er nicht befugt, im Garten eine Rose zu schneiden?«

      »Ach, Ernestine, darum geht es doch nicht. Und das weißt du auch ganz genau. Du willst mich nur verlegen machen.«

      »Aber keineswegs, mein Herz. Ich stelle nur mit einigem Erstaunen fest, daß du auf einmal stotterst. Hat das einen besonderen Grund?«

      Edina ärgerte sich wirklich.

      »Ich stottere nicht, und darum hat es auch keinen besonderen Grund!« erwiderte sie heftig. »Unser Butler Archibald kann im Garten Rosen schneiden, soviel er will. Aber daß er sie dir dann schenkt, das ist nicht richtig.«

      »Ach, und warum nicht? Du möchtest sie wohl lieber selbst haben, oder täusche ich mich da?«

      »Du täuschst dich, und zwar ganz gewaltig! Als wenn unser Butler mich interessierte. Kein bißchen tut er das, damit du es nur weißt.«

      »Aha.«

      »Was soll das heißen?«

      »Nichts. Ich habe nur aha gesagt.«

      »Aber du machst dabei ein Gesicht, daß ich dir am liebsten die Augen auskratzen möchte.«

      »Da würde ich nicht stillhalten, mein Herzchen. Ich ahne aber immer noch nicht, warum du eigentlich so wütend bist.«

      »Weil – Weil… also, weil ich gesehen habe, wie du unseren Butler umgarnt hast. Der Arme wußte sich gar nicht mehr zu helfen und – und…«

      Die Baronesse lachte schallend.

      »Und nun willst du ihm Schützenhilfe geben, verstehe ich das richtig? Nein, das ist doch zu komisch! Archie braucht Schützenhilfe.«

      »Archie? Du nennst ihn schon Archie?«

      Das war ein regelrechter Schrei der Empörung.

      Ernestine lenkte schnell ein. Sie hätte sich beinahe verraten.

      »Nicht ich nenne ihn Archie, sondern… Aber er ist doch wirklich ein netter Kerl, nicht wahr? Wenn er nicht Butler wäre, könnte man sich direkt in ihn verlieben.«

      »Aber er ist Butler!« rief Edina heftig. »Das darf man nicht vergessen. Oh, mein Vater könnte sehr böse werden, wenn er erführe, daß du und der Butler…«

      »Dein Vater? Hat er uns etwa gesehen?«

      »Nein, nein«, entgegnete Edina vielleicht ein bißchen zu schnell. »Das heißt, ich weiß es natürlich nicht. Aber ich weiß, wie er über solche Dinge denkt. Und darum bin ich gekommen, um dir zu sagen, daß das nicht geht.«

      »So, darum bist du gekommen. Nur darum?«

      »Was meinst du denn nun schon wieder?«

      »Ich meine, ob es dich nicht auch ein bißchen interessiert, ob den Butler und mich etwas verbindet. Immerhin ist er sehr nett, was du ja mehrfach zugegeben hast.«

      »Ich habe dabei nur an seine Eigenschaften als Butler gedacht, an sonst nichts.«

      »Nun ja. Aber stell dir mal vor, wie Herr Archibald zum Beispiel in einem Smoking aussehen würde. Oder wenn er in einem schnittigen Sportwagen hier vorfahren würde, schick angezogen, vielleicht ein bißchen modern verrückt im englischen Stil zum Beispiel. Oder wie er sich hoch zu Pferd ausmachen würde. Bei seiner Figur müßte er doch ein ausgezeichneter Reiter sein.«

      »Ach, hör schon auf! Auch dann hätte Archibald noch seine Sommersprossen, und Sommersprossen mag ich nun einmal nicht leiden.«

      »Ist das das einzige, was du an eurem Butler nicht leiden magst?«

      »Ich – ich…«

      Edina ärgerte sich fürchterlich, weil ein tiefes Rot in ihre

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