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hatte sie nachdenklich gestimmt, und zu gern hätte sie gewußt, was dahintersteckte.

      »Ist dieser Butler schon lange bei euch?« fragte sie aus diesen Gedanken heraus.

      »Ach, du meinst Archibald? Nein, Vati hat ihn erst kürzlich verpflichtet. Wir sind alle froh, daß er da ist. Er ist sehr nett, ich mag ihn. Und tüchtig ist er, glaube ich, auch.«

      »Aha!«

      »Warum fragst du überhaupt danach?«

      »Ach, fiel mir nur so ein. Du, wie ist es schön hier. Das ist ja wie eine Filmkulisse.«

      Die beiden Mädchen hatten inzwischen die obere Etage erreicht, wo ihre Wohn- und Schlafräume lagen.

      Edina hatte die Tür zu Ernestines Appartement geöffnet, und der Bewunderungsruf der jungen Dame war schon berechtigt, denn die Räume waren auf eine ganz zauberhafte Art eingerichtet.

      Das Wohnzimmer war im Biedermeierstil gehalten, mit kostbaren Möbeln und behaglichen Sesseln ausgestattet. Aber noch mehr begeisterte Ernestine sich für das Schlafzimmer. Der Boden war ganz mit langhaarigen, seidigen Angorafellen ausgelegt, die Wände waren mit meergrüner Seide bespannt, und von der Decke her umhüllte ein kunstvoll geraffter Himmel aus der gleichen meergrünen Seide das freistehende Bett.

      »Das ist wunderschön!« sagte Ernestine beinahe andächtig. »Hier könnte eine Königin schlafen.«

      »Nicht wahr?« Edina nickte stolz. »Ja, mein Bett ist genauso, aber ich habe rosa Seide. Wenn ich morgens erwache, ist die Welt immer gleich ganz rosig für mich.«

      Die beiden Freundinnen lachten.

      »Na, das hier ist ja auch ein Paradies«, meinte Ernestine. »Ich glaube, hier kann man gar keine Sorgen haben.«

      »Na, ich weiß nicht.« Edina seufzte ein bißchen. Immerhin wartete sie schon ein paar Tage auf Nachricht von Schloß Lukorin. Ob das wohl Sorgen waren?

      »Komm, Ernestine, packen wir deine Kleider aus. Es ist dir doch recht, daß ich die Zofen weggeschickt habe? Ich finde, so etwas bereitet viel mehr Spaß, wenn man es selbst macht.«

      »Du bist ja nur neugierig auf meine neuen Kleider«, spöttelte Ernestine.

      Edina gab es unumwunden zu.

      »Klar bin ich gespannt. Du hast immer so schicke Sachen. Nicht wahr, du zeigst mir doch alles?«

      »Aber gewiß, Liebes. Vor allem mein Lieblingskleid wird dir gefallen. Ich habe es mir kürzlich aus London mitgebracht.«

      London war wie ein Stichwort für Ernestine. Sofort fiel ihr wieder der junge Lord ein, der hier im Schloß als Butler arbeitete, und sie brannte förmlich darauf, die Gründe für diese Maskerade zu erfahren.

      »Weißt du, ob euer Butler früher in England gearbeitet hat?« fragte sie unvermittelt.

      »In England? Weiß ich nicht. Aber er ist, glaube ich, Engländer. Komisch, aber ich habe mir darüber noch nie Gedanken gemacht. Dabei ist er so nett.«

      »Das sagst du jetzt schon zum zweitenmal, Edina.«

      »Wirklich? Nun ja, er ist anders als unsere früheren Butler. Man kann richtig gut mit ihm reden, weißt du, wie mit einem echten Freund.«

      »Das klingt gerade so, als seiest du verliebt in euren Butler.«

      »Ach, Unsinn! Wie kannst du nur auf einen solch dummen Gedanken kommen, Ernestine. In einen Butler kann man sich doch nicht verlieben, und ich…«

      »Aber wenn er kein Butler wäre, sondern vielleicht, na, sagen wir mal, ein Adliger, könntest du dich dann in Herrn Archibald verlieben?«

      »Darüber habe ich noch nicht nachgedacht, und ich tue es auch nicht, weil es doch Unsinn ist. Archibald ist kein Adliger. Das gibt es doch gar nicht. Vati hat gerade gestern noch gesagt, Archibald wäre der geborene Butler.«

      »Aber wenn er nicht…«

      »Ach, Ernestine, es ist dumm, was du da denkst. Archibald ist sehr nett, und ich bin froh, daß er hier ist, aber verliebt bin ich in einen ganz anderen Mann.«

      »Du bist verliebt, Edina?«

      Ernestine ergriff die Freundin bei den Schultern und zog sie zu sich heran.

      »Richtig verliebt?« fragte sie eifrig. »Oder ist es nur eine Schwärmerei?«

      »Nein, es ist eine ernste Liebe«, erklärte Edina mit Grabesstimme und war selbst von dem überzeugt, was sie sagte. »Schon darum, weil es sich nicht um einen Jungen in unserem Alter handelt, in die wir während unserer Schulzeit verliebt waren, sondern es ist ein richtiger Mann.«

      »Das ist ja himmlisch, Edina! Wirst du ihn heiraten?«

      »Aber selbstverständlich! Jede richtige Liebe führt doch zur Heirat, nicht wahr?«

      »Na, ich weiß nicht. Nur wenn man Glück hat. Es gibt doch auch viele unglückliche Lieben.«

      »Stimmt, aber meistens doch nur im Roman. Im Leben ist das anders. Und außerdem haben sich bisher immer alle meine Wünsche erfüllt, und dabei habe ich mir noch nie etwas so sehr gewünscht wie jetzt, wo ich nichts anderes will, als mich so schnell wie möglich mit dem Fürsten zu verloben.«

      »Mit einem Fürsten?«

      »Du hast schon richtig gehört, Ernestine«, Edina straffte sich unwillkürlich etwas. »Ich liebe einen Fürsten und werde bald seine Fürstin sein.«

      »Erzähl, Edina! Meine Güte, ich platze vor Neugierde.«

      So gab es während der nächsten Stunden genug Gesprächsstoff für die beiden Freundinnen, und Ernestine vergaß für eine Weile den geheimnisvollen Butler.

      *

      Aber Baronesse Ernestine war hartnäckig. Wenn sie sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann ließ sie nicht locker. Und sie wollte nun einmal unbedingt wissen, warum der junge Lord hier war.

      Am nächsten Morgen behauptete sie, Kopfschmerzen zu haben, als Edina kam, um sie zu wecken.

      »Bist du mir böse, Edina, wenn ich noch ein bißchen liegenbleibe? Die Reise hat mich doch wohl angestrengt, ich möchte mich noch ein wenig ausruhen. Warte aber bitte nicht auf mich mit dem Frühstück, ich werde ohnehin nichts essen können.«

      »Ich würde aber gern auf dich warten.«

      »Es ist wirklich nicht nötig, Schatz, und außerdem würde es mich nur belasten. Dann müßte ich doch bald aufstehen, weil ich dich nicht so lange warten lassen möchte, während ich sonst ganz unbesorgt liegenbleiben kann.«

      »Na gut, wenn du es so siehst. Werde ich also zum Frühstück hinuntergehen, ich habe nämlich gewaltigen Hunger. Ruh dich aus, Ernestine, und gute Besserung!«

      »Danke, Edina! Es wird sicher bald wieder in Ordnung sein.

      Ernestines Plan war einfach. Sie erschien erst im Frühstückszimmer, als sie sicher sein konnte, niemanden von der Familie noch dort anzutreffen. Aber da sie Gast war, rechnete sie damit, daß der Butler persönlich sich um sie kümmern würde.

      Zunächst sah es so aus, als hätte sie sich verrechnet, denn ein Diener servierte ihr das Frühstück. Ernestine ließ es sich gut schmecken, und dabei überlegte sie, was sie unternehmen konnte, um zu ihrem Ziel zu kommen.

      Sie schlenderte in die Halle und betrachtete angelegentlich die Bilder, die dort hingen, obwohl diese sie im Grunde gar nicht interessierten. Eine Ahnengalerie gab es schließlich auch auf Schloß Wallenberg.

      Trotzdem heuchelte sie Interesse, und sie hatte auch Glück, denn der Butler kam in die Halle, ohne daß sie erst lange hätte warten müssen.

      »Ach, Archibald, gut, daß ich Sie sehe«, sagte Ernestine wie beiläufig. Sie tat sehr hochmütig, aber in ihren Augen blitzte der Schalk. »Die Blumen in meinem Zimmer gefallen mir nicht. Ich hätte gern andere.«

      Archibald verneigte sich

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