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Halas, Joy Batchelor). Dass in diesem Animationsfilm viel mehr steckt als eine Fabel in Technicolor, ist hinlänglich bekannt. Was auf den ersten Blick als »harmloser« Kinderfilm erscheinen mag, war politisch hoch brisant und sollte als Parabel auf die russische Revolution (und deren Versagen) gesehen werden. Dass auch die CIA tief in die Produktion involviert war, hat Daniel J. Leab in seinem Buch »Orwell Subverted« (2007) aufgezeigt. Julian Petley zeichnet in seinem Aufsatz auf Grundlage von Leabs Recherchen die Vorgänge nach, die im Hintergrund der Entstehung des britischen Vorzeige-Animationsfilms gewaltet haben.

      Im Filmgeschäft ist die sprachliche Transformation ein wichtiger Faktor für die internationale Vermarktung. Insbesondere in der Satire ist der Sprachwitz elementarer Bestandteil. Ein Beispiel dafür ist DR. STRANGELOVE OR: HOW I LEARNED TO STOP WORRYING AND LOVE THE BOMB (1964) von Stanley Kubrick. Die Roman-Vorlage »Two Hours to Doom« (1958, Peter George) nähert sich dem Thema noch prosaischer und weniger sarkastisch an. Aber insbesondere auch durch die Dialoge wandelte Kubrick die Adaptation in eine Satire um. Die Herausforderung, dies auch in Synchronfassungen zu erhalten, untersucht Nils Daniel Peiler am Beispiel der akribischen Verfahrensweise bei der deutschen Synchronfassung DR. SELTSAM ODER: WIE ICH LERNTE, DIE BOMBE ZU LIEBEN.

      Die Tschechen sind nicht zuletzt wegen des »braven Soldaten Schwejk« stolz auf ihre lange Tradition des satirischen Humors. Anhand von einigen verbotenen Studentenfilmen der FAMU in Prag aus den 1970er und 1980er Jahren zeigt Tereza Cz. Dvořáková, wie Satire in tschechoslowakischen Filmen verwendet wurde und auf welche Widerstände sie im sozialistischen System stießen.

      Andere Missstände offenbart die Satire im kapitalistischen System. Judith Ellenbürger erkundet mit Georg Simmel und Diogenes in Filmen wie ZEIT DER KANNIBALEN (2014), THE WOLF OF WALL STREET (2012/13) und AMERICAN PSYCHO (1999/2000) den »Zynismus in der Finanzsatire«.

      Einen selbstreflexiven Blick auf das Medium Film werfen Produktionen wie BEING THERE (1979, Hal Ashby) und WAG THE DOG (1997, Barry Levinson), die Werner Barg in seinem Beitrag »Medienkritik als politische Satire« betrachtet und die gerade in Zeiten von »Fake News« und Verschwörungserzählungen interessante und aktuelle Parallelen zur Gegenwart bieten.

      Die Grenzen der Satire werden auch immer wieder beim satirischen Umgang mit dem Nationalsozialismus, insbesondere der Figur Adolf Hitlers deutlich. François Danckaert beleuchtet am Beispiel von David Wnendts ER IST WIEDER DA (2015) die Hitler-Komik und inwieweit diese als politischer Weckruf fungieren kann.

      Der vorliegende Band versammelt die (überarbeiteten) Vorträge des 32. Internationalen Filmhistorischen Kongresses »Dr. Seltsam oder: Aus den Wolken kommt das Glück. Film zwischen Polit-Komödie und Gesellschafts-Satire«, der vom 21.–23.11.2019 im Gästehaus der Universität Hamburg stattfand, eingebettet in das XVI. Internationale Festival des deutschen Film-Erbes (Hamburg 16.–24.11.2019). Dabei ging es um die Fragen, wie Filme im Kraftfeld zwischen Politik, Kritik und Komik wirken, wie sich die satirische Darstellung über die Jahrzehnte und in unterschiedlichen Regimen äußerte. Es stand nicht die finale Definition eines Genres im Mittelpunkt, sondern die Bestimmung der Grenzen, in denen sich die Trennschärfe auflöst. Die folgenden Beiträge geben somit einen Eindruck von der Vielfalt der Politik- und Gesellschafts-Satire im Film, die sich über ganz unterschiedliche Genres erstreckt. Nicht ein vollständiger Überblick, sondern Schlaglichter auf Stacheltiere, Wunder- und Kellerkinder, die als Denkanstoß für die weitere Beschäftigung mit der Thematik dienen mögen.

Erika Wottrich, Swenja SchiemannHamburg, im Herbst 2020
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       Michael Töteberg EIN MAULKORB FÜR DEN FÜHRER Satire im »Dritten Reich«: Der Fall Heinrich Spoerl

      Das waren die sogenannten Flüsterwitze, die überall kursierten und trotz Strafandrohung nicht zu unterbinden waren. Angeblich handelte es sich um ausländische Feindpropaganda. Spoerl setzte dagegen: »Witze sind zollfrei. Aber das ist kein Grund, unsere Witze aus dem Ausland zu beziehen. Ich halte dafür, daß wir unsere Witze künftig wieder selber machen. Auch die politischen. Die erst recht.«

      Das kleine Feuilleton wurde zur Visitenkarte des Autors. Heinrich Spoerl stellte es 1937 an den Anfang eines Bandes mit Plaudereien, dem er den programmatischen Titel »Man kann ruhig darüber sprechen« gab. Dort wurden Dinge angesprochen, über die man im »Dritten Reich«, wollte man nicht Gefängnis und Verfolgung riskieren, lieber nicht sprach. Spoerl verstand es, wider den Stachel zu löcken, ohne wirklich anzuecken.

       Zensurangst

      Das Exposé hatte Spoerl parallel an die Redaktion des berliner Parteiblatts Der Angriff geschickt, wo man sich von ihm einen humoristischen

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