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Kellerkinder und Stacheltiere. Группа авторов
Читать онлайн.Название Kellerkinder und Stacheltiere
Год выпуска 0
isbn 9783967075205
Автор произведения Группа авторов
Жанр Документальная литература
Серия CineGraph
Издательство Bookwire
Kellerkinder und Stacheltiere
Film zwischen Polit-Komödie und Gesellschafts-Satire
Redaktion
Erika Wottrich und Swenja Schiemann
Mit Unterstützung der Behörde für Kultur und Medien der Freien und Hansestadt Hamburg sowie von Bundesarchiv, Deutsche Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen, Berlin, und DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum, Frankfurt und Wiesbaden
Abbildungen: Akademie der Künste, Berlin (1); Werner Barg, Halle/Saale (4); Bundesarchiv (2); CineGraph, Hamburg (4); Deutsche Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen, Berlin (3); François Danckaert, Mulhouse (8); DEFA-Stiftung, Berlin (2); DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum, Frankfurt/Main und Wiesbaden (9); Judith Ellenbürger, Hamburg (4); Národní filmový archiv, Prag (4); Progress Film GmbH, Halle/Saale (2); Warner Bros. (3); Winkler Film GmbH, München (3)
Übersetzung: Andrea Kirchhartz (Julian Petley), Hans-Michael Bock (Tereza Czesany Dvořáková)
Bibliografische Information: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar
Print ISBN 978-3-96707-442-0
E-ISBN 978-3-96707-520-5
© edition text + kritik im Richard Boorberg Verlag GmbH & Co KG
München 2020
Levelingstr. 6a
81673 München
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen
Umschlagentwurf: Thomas Scheer / Konzeption: Dieter Vollendorf
Umschlagabbildung: WIR KELLERKINDER (1960, Jochen Wiedermann)
(DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum, Frankfurt und Wiesbaden)
E-Book-Umsetzung: Datagroup int. SRL, Timisoara
Inhalt
KRITIK, KOMIK UND POLITIK
Gratwanderungen der Politik- und Gesellschaftssatire im Film
Michael Töteberg
EIN MAULKORB FÜR DEN FÜHRER
Satire im »Dritten Reich«: Der Fall Heinrich Spoerl
Karl Griep DER UNTERTAN – ROMAN UND FILM
Heike Klapdor »MEIN SCHICKSAL IST ROMANTISCH« Der Künstler und die Lächerlichkeit der Autoritäten: HIN UND HER
Sandra Nuy »WER SORGEN HAT, HAT AUCH LIKÖR« Zum Verhältnis von Politik, Film und Satire in den 1950er Jahren
Frank-Burkhard Habel VENTIL MIT STACHELN DAS STACHELTIER – eine satirische Kurzspielfilmreihe der DEFA zwischen 1953 und 1964
Sigrun Lehnert GENOSSE MÜNCHHAUSEN, DER AUGENZEUGE UND DER KALTE KRIEG Satirefilm und Wochenschau als mediale Weggefährten
Julian Petley ANIMAL FARM SUBVERTED? George Orwell und die CIA
Nils Daniel Peiler DR. MERKWÜRDIGLIEBE ODER: WIE STANLEY KUBRICK LERNTE, DIE SYNCHRONISATION ZU LIEBEN
Tereza Czesany Dvořáková SATIRE VERBOTEN! Satirische Studentenfilme an der FAMU in den 1970er und 1980er Jahren
Judith Ellenbürger MIT DEN EIGENEN WAFFEN Zynismus in der Finanzsatire. Ein Kinobesuch mit Georg Simmel und Diogenes
Werner C. Barg MEDIENKRITIK ALS POLITISCHE SATIRE BEING THERE und WAG THE DOG
François Danckaert TRENDIGE HITLER-KOMIK ODER POLITISCHER DENKANSTOSS? Bemerkungen zu David Wnendts ER IST WIEDER DA
Register
Dank
Autoren
KRITIK, KOMIK UND POLITIK Gratwanderungen der Politik- und Gesellschaftssatire im Film
»Was darf die Satire?« fragte Kurt Tucholsky 1919 im Berliner Tageblatt und kam zu dem Ergebnis »Alles!«. Eine pauschale und provokative Antwort, die bis heute gesellschaftlich immer wieder neu verhandelt wird. Zum Beispiel in der gegenwärtigen Debatte um den Begriff der »Cancel Culture«, in der es um Grenzüberschreitungen und deren öffentliche »Abkanzelung« geht. Eine endgültig befriedigende und allgemeingültige Antwort gibt es also auch über 100 Jahre nach Tucholskys Frage nicht und wird es vermutlich auch nie geben, vielmehr erscheint sie der Gattung immanent zu sein. Gebrauch der Satire und Toleranz ihr gegenüber – egal in welchem Medium – sind dabei abhängig von Machtstrukturen und gesellschaftspolitischen Gegebenheiten. Die Grenzen des Erlaubten verschwimmen dabei auch je nach persönlicher Betrachtungsweise und Ideologie.
Das zeigen auch die Beiträge in diesem Buch, die der Fragestellung im Rahmen der Filmgeschichte nachgehen. Ein »Spiel mit Autoritäten« betrieb Heinrich Spoerl. Mit Romanen wie »Die Feuerzangenbowle« (1933) und »Der Maulkorb« (1936) wurde der Autor als Humorist bekannt und befand sich zur Zeit des Nationalsozialismus auf dem Höhepunkt seines schriftstellerischen Schaffens. Gleichzeitig erlangte er mit seinen Drehbuchvorlagen in der Filmwirtschaft ein gewisses Ansehen und seine Werke wurden auch nach 1945 mehrfach auf Zelluloid gebannt. Michael Töteberg spürt anhand von Spoerls Korrespondenz der Entstehung der Verfilmung DER MAULKORB (1937/38) durch Erich Engel nach.
Ebenfalls eine Satire auf den Untertanengeist, allerdings in einem ganz anderen historischen und gesellschaftspolitischen Kontext, hatte Heinrich Mann bereits 1918 veröffentlicht. Der Roman über den Mief des Kleinbürgertums der Wilhelminischen Ära bot 1951 die Vorlage für den DEFA-Film DER UNTERTAN (Wolfgang Staudte). Karl Griep betrachtet die Transformation vom Buch zum Film und vergleicht dabei auch, wie sich die Satire im jeweiligen Medium darstellt.
Theo Lingen zeigt in HIN UND HER (1947) als Künstler Peter Vogel Einfallsreichtum im Kampf gegen die Bürokratie. Heike Klapdor beschreibt in ihrem Aufsatz, wie der wenig bekannte österreichische Nachkriegsfilm mit und von Theo Lingen die Lächerlichkeit der Autoritäten offenlegt, gleichzeitig aber auch das damals aktuelle Problem der »Displaced Persons« thematisiert.
Dem Verhältnis von Politik, Film und Satire in den 1950er Jahren geht Sandra Nuy in ihrem Beitrag »Wer Sorgen hat, hat auch Likör« nach. Im Mittelpunkt ihrer Betrachtungen steht der Film WIR WUNDERKINDER (1958, Kurt Hoffmann), in dem auch der Schauspieler und Kabarettist Wolfgang Neuss mitwirkte. 1960 schrieb Neuss das Drehbuch für WIR KELLERKINDER (Jochen Wiedermann), dessen Titel sich offensichtlich an Hoffmanns Film anlehnt. Dabei zeichnet Neuss ein ganz anderes Bild der Nachkriegszeit in Westdeutschland. Aufsehen erregte der Film auch, weil Neuss ihn vor der Kinoauswertung im Fernsehen ausstrahlen ließ, was den Boykott einiger Kinobetreiber nach sich zog. Mit GENOSSE MÜNCHHAUSEN (1961/62) nimmt Sigrun Lehnert in ihrem Beitrag ein weiteres Werk von Neuss in den Blick und untersucht dabei zugleich, mit welchen Metaphern und Sinnbildern der Kalte Krieg Einzug in satirische Filme und Wochenschauen wie DER AUGENZEUGE nahm.
Dass Satire gerade auch in der kurzen Form »stachelig« sein kann, bewiesen u.a. die STACHELTIER-Kurzfilme, die in der DDR gegen NATO und BRD polemisierten oder durch (sanfte) Kritik an lokalen Missständen der Bevölkerung ein Ventil boten. Frank-Burkhard Habel beschäftigt sich mit dieser Kurzfilm-Serie der DEFA und deren Bemühungen um das Lachen im Kino der 1950er Jahre.
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