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vor, Giraud nominell zum »Torch«-Leiter zu ernennen, aber das lehnte Eisenhower ab. »Dann wird Giraud nur Zuschauer sein«, entgegnete der Franzose und zog sich in den Schmollwinkel zurück.

      »Seine Flucht war eine sportliche Glanzleistung gewesen«, urteilt Raymond Cartier über den General, »aber was seine sonstigen Leistungen während des Zweiten Weltkriegs betraf, mußte er als ein General gelten, der am zweiten Tag schon besiegt und am siebten gefangengenommen worden war.«

      Eisenhowers Haltung gegenüber Girauds Selbstüberschätzung und Eitelkeit wurde in Washington – wo man verärgert über die Zeitverschwendung war – gebilligt. Es blieb ohnedies keine Zeit mehr für Eingriffe oder Änderungen: Die Operation war bereits angelaufen, und die »Western Task Force«, ein amerikanischer Mammutkonvoi von 102 Schiffseinheiten, am Morgen des 23. Oktober aus der Casco Bay, Maine, ausgelaufen, begleitet von dem Flugzeugträger »Ranger«, gefolgt von den Trägern »Suwannee«, »Sangamon«, »Santee« und »Chenango« unter General George C. Patton, und die englische »Eastern Task Force« unter Admiral Ryder dampften auf ihre Ziele zu und eröffneten das Feuer auf die überrumpelten Verteidiger. Die französischen Küstenbatterien schossen bereits zurück, bevor sie überhaupt wußten, wer sie im Schlaf überfallen hatte. Der Himmel trug keine Sterne. Die Nacht war wie ein dunkler Vorhang, als die Lichtarme der Scheinwerfer nach den Landungsbooten griffen. Sirenen heulten. Poilus hasteten durcheinander. Verstörte Zivilisten rannten auf die Straßen, mitten in die Einschläge krepierender Granaten.

      Nach der ersten Überrumpelung wehrte sich die französische Armee energisch. Blutiger Kampf bei Safi. Wildes Duell im Hafen von Méhadia, 65 Meilen nördlich von Casablanca. Bei Fédala versuchten 200 00 US-Soldaten, auf 15 Transporter verteilt, das Land zu stürmen.

      Doch die französische Küstenartillerie hielt sie in Schach. Ihre Granaten detonierten an Bord des Zerstörers »Murphy«, bis die Batterie im konzentrierten Feuer der Invasoren zum Schweigen gebracht wurde.

      7 französische Zerstörer griffen die Invasionsflotte an, zerschossen den US-Zerstörer »Ludlow« und drehten erst bei, als die überlegenen US-Kreuzer »Augusta« und »Brooklyn« sie dazu zwangen. In Casablanca wehrten sich die französischen Batterien bis zur letzten Granate; sie hielten dem Feuer der in der Bucht kreuzenden US-Sicherungsgruppe – 1 Schlachtschiff, 2 Kreuzer und 4 Zerstörer – stand.

      Das am Cap Hank liegende französische Schlachtschiff »Jean Bart« wehrte sich noch als Wrack.

      Französische Jagdflieger schossen US-Aufklärer ab. Vom Flugzeugträger »Ranger« hoben sich die Maschinen, um 6 französische Zerstörer anzugreifen. Schiff um Schiff wurde zu Schrott geschossen. Blut floß über die rauchgeschwärzten Deckplatten. In einem Tornado aus Feuer und Stahl ging Frankreichs nordafrikanische Flotte unter.

      Obwohl der französische Admiral Michellier bald nur noch einige U-Boote haben sollte, lehnte er noch drei Tage nach dem Überfall einen Waffenstillstand ab, den ihm die Amerikaner anboten.

      Die übertriebene Geheimhaltung rächte sich blutig: Natürliche Bundesgenossen, die Seite an Seite gegen den gemeinsamen Feind kämpfen sollten, die sich unter normalen Umständen freudig in die Arme gefallen wären, mordeten einander im nächtlichen Durcheinander. Tausende ereilte an diesem 8. November 1942 ein selbst noch für den Krieg sinnloser Tod.

      Die Landung in Marokko war kein Spaziergang, auch wenn es dem ungestümen US-General Patton gelungen war, nach Brechung des französischen Widerstandes 37000 Soldaten und 200 Panzer an Land zu bringen.

      Der Kavallerist, der nunmehr seine Attacken mit Panzern ritt, sollte sich schon bald den Ruf verdienen, Amerikas schillerndster Heerführer zu sein, geliebt von seinen Soldaten, die ihm den Ehrennamen »Lucky Forward« verliehen, doch eine ständige Provokation für die Politiker, die sich weit vom Schuß befanden. Patton wollte nicht auf die Franzosen feuern, sondern auf Hitlers Soldaten, aber kein einziger von ihnen war in Französisch-Nordafrika stationiert. Das Fiasko, das man bei der Planung der »Operation Torch« befürchtet hatte, schien sich nunmehr zur Katastrophe auszuweiten.

      Die Verschwörer um General Mast im Salon der Madame Nicole Lemaire, im letzten Moment in die Landung eingeweiht, schüttelten die Verärgerung ab und begannen ihre Offizierskameraden zu überzeugen, daß sie künftig gegen einen andern Gegner zu kämpfen hätten. So war Algier die einzige Stadt, in der die amerkanischen Angreifer und der französische Untergrund von vornherein Hand in Hand arbeiteten.

      Robert Murphy, der Sonderbeauftragte des US-Präsidenten, besuchte General Juin in seiner Villa Les Oliviers in El Bair und forderte ihn auf, den Kampf einstellen zu lassen. Der General, vor Zorn so rot wie sein Pyjama, berief sich auf Admiral Darlan, der sich in Algier aufhalte und formell der Oberbefehlshaber über alle Vichy-Truppen sei. Das Gerücht stimmte also. Tatsächlich war der Admiral inkognito nach Nordafrika gekommen, um seinen an Kinderlähmung erkrankten Sohn nach Frankreich zu holen.

      Von General Juin begleitet, suchte Robert Murphy den Admiral, der in der Villa eines französischen Marineoffiziers abgestiegen war, auf, um ihm die Situation zu eröffnen. François Darlan – über den Churchill gesagt hatte: »So sehr ich Darlan auch hasse, ich würde vor ihm eine Meile auf dem Brauch kriechen, wenn er uns nur die Flotte von Toulon brächte« – erwiderte mit den Worten: »Ich weiß schon lange, daß die Engländer ein stupides Volk sind. Die Amerikaner hätte ich für klüger gehalten, aber jetzt sehe ich ein, daß die einen so gut sind wie die anderen. Wenn Sie nur ein paar Wochen Geduld gehabt hätten, wären wir zum gemeinsamen Handeln gekommen ... Jetzt muß ich mich fragen, was aus meinem Land werden soll.«

      Zornig verließ Darlan die Wohnhalle. Der Amerikaner folgte ihm, redete auf ihn ein und sprach – die tatsächliche Zahl verdoppelnd – von einem 500000 Mann starken Invasionsheer. Er kannte offensichtlich den Ausspruch des Admirals: »Wenn die Anglo-Amerikaner mit 50000 Mann landen sollten, lasse ich auf sie schießen. Kommen sie aber mit 500000, dann heiße ich sie willkommen.«

      Als Roosevelts Botschafter behauptete, General Giraud hätte um die Aktion gewußt und sich mit ihr einverstanden erklärt, war es, als hielte der Yankee dem Franzosen ein rotes Tuch vor.

      »Giraud«, tobte Darlan, »der taugt allenfalls zum Divisionsgeneral! Er ist ein Kind. Er hat von nichts eine Ahnung. Er wird auch für Sie zu nichts gut sein.«

      Beim Spaziergang im Garten beruhigte sich der Admiral allmählich wieder, aber er ließ sich auf keine Vereinbarung ein; er arbeitete auf Zeitgewinn und wollte sich vor seiner Entscheidung erst mit Marschall Pétain in Verbindung setzen. Auch General Juin war im Aufbruch zu seiner Truppe; Murphy konnte es nicht verhindern. Er war gezwungen, auf die Empfindlichkeit der beiden Franzosen Rücksicht zu nehmen, aber er stand unter extremem Termindruck.

      Solcherlei Rücksicht nahm eine Gruppe junger Männer aus dem Kreis um General Mast, die plötzlich auftauchte und die Villa umstellte, nicht. Mit vorgehaltenen Maschinenpistolen verstellten sie Admiral und General den Weg.

      »Was soll das heißen?« fuhr sie Juin an. »Sind wir nun Gefangene?«

      »Es sieht so aus«, erwiderte Murphy trocken.

      Kurze Zeit später nahmen die Wirren der Nacht eine weitere überraschende Wende: Mitglieder der Mobilgarde, einer Einheit der Polizei, erschienen, nahmen die Rebellen fest und befreiten ihre prominenten Landsleute, auf die es in dieser Stunde ankam. Als sich die verspäteten US-Fahrzeugkolonnen endlich Algier näherten, entschloß sich Darlan, den Franzosen Befehl zur Feuereinstellung zu geben. Die Amerikaner zählten 700 Gefallene, sie hatten bis jetzt 29 Schiffe verloren, darunter 3 Zerstörer und 7 Transporter, aber »dem Waffenstillstand in Algier war die Partnerschaft der französischen Streitkräfte in Nordafrika mit den Alliierten gefolgt«, stellte Raymond Cartier fest. »Giraud, der schriftlich sein Wort gegeben hatte, der Deutschlandpolitik Pétains kein Hindernis in den Weg zu legen, hatte am 13. November den Oberbefehl übernommen und den französischen Truppen Order erteilt, den Vorstoß der Alliierten nach Tunesien zu decken. Juin, der unterzeichnet hatte, was früher beim Militär ein ›Revers‹ genannt wurde, hatte sich unter Girauds Kommando gestellt und bis dahin unschlüssige Generale wie Mendigal und Koeltz mitgezogen. Darlan war mit Feuer in seine Rolle eines Rächers des Vaterlandes geschlüpft, wobei übrigens die Deutschen

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