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deutsch« Erich Kuby, »für den Gesamtverlauf des Krieges ist die tunesische Niederlage von noch weit größerer Bedeutung als jene an der Wolga. Nun können die Alliierten an jeder Stelle, die ihnen passend erscheint, vom Süden her in den ›weichen Leib‹ Europas hineinstoßen und das Mittelmeer benützen, als sei es die Irische See. Die Hilfslieferungen an die Sowjetunion werden ab sofort durchs Mittelmeer nach Persien, von dort per Bahn in die Sowjetunion geleitet, was eine Einsparung von mehreren tausend Seemeilen Transportweg und die Sicherheit bedeutet, daß unterwegs nahezu keine Verluste mehr entstehen ...«

      Engländer, Amerikaner und Franzosen sind nunmehr – trotz aller blutigen Mißverständnisse – Waffenbrüder, die künftig Schulter an Schulter gegen Hitler kämpfen werden.

      Sie hatten einen Sieg errungen, und sie feierten ihn ausgiebig.

      Eine junge Frau, Nicole Lemaire, stand abseits, obwohl sie viel zu dem Siegeslauf der Alliierten beigetragen hatte. Sie kämpfte – schließlich mit Erfolg – bei den französischen Behörden darum, daß ihr als deutscher Leutnant gefallener Bruder Peter Molitor auf einen französischen Soldatenfriedhof umgebettet wurde.

      Kalter Frühling – heißer Sommer

      Wegen Hitlers verspäteten Befehls zum Rückzug aus dem Kaukasus hatte der Ostfront ein zweites, noch vernichtenderes Stalingrad gedroht. Nur wenn Rostow gehalten werden konnte, war der Fluchtweg offen, aber die Heeresgruppe A stand noch weit davon entfernt: die 17. Armee 400 Kilometer, die 1. Panzerarmee 700 Kilometer. Hoth war mit seiner 4. – nach ihrem vergeblichen Versuch, Stalingrad zu entsetzen – südlich des Don, 400 Kilometer östlich von Rostow, in schwere Abwehrkämpfe geraten. Die Sowjets standen sechsmal näher an Rostow als ihre deutschen Gegner. Die T-34-Panzerspitzen waren nur noch 70 Kilometer entfernt. Nicht nur hier drohte höchste Gefahr, auch weiter westlich, am Dnjepr bei Dnjepropetrowsk und Saporoschje, war ein weiterer deutscher Flaschenhals in Bedrängnis geraten.

      Es ging Schlag auf Schlag. Am 8. und 9. Februar 1943 hatten die Russen Kursk und Bjelgorod überrannt. Die 2. Gardearmee und die 5. Panzerarmee der Sowjets stürmten nunmehr gegen den Korridor von Rostow und näherten sich ihm bis auf 40 Kilometer. Es wäre für sie ein leichtes gewesen, den Generalfeldmarschall von Manstein und sein Hauptquartier bei Nowotscherkask aufzuheben, aber die Verfolgung des geschlagenen Feindes war nicht – noch nicht – ihre Stärke. »Hoth begegnete dieser Situation mit jener lächelnden Kaltblütigkeit, die seinem Ansehen unter den deutschen Generalen etwas Ungewöhnliches verlieh«, stellt Raymond Cartier fest. »Langsam zog er sich in das Tal des Manytsch zurück, die Grenze zwischen Europa und Asien, deren Überschreitung im Sommer des vergangenen Jahres von der deutschen Propaganda ausgiebig gefeiert worden war.«

      Die Ostfront bebte in ihrer ganzen Breite unter den Hammerschlägen sowjetischer Angriffe. Im Norden tobten schwere Kämpfe an der Leningrad-Front. Demjansk mußte geräumt werden, Woronesch war schon von drei Seiten eingeschlossen. Hitler wollte das unhaltbare Trümmerfeld zur Festung erklären, verzichtete aber dann darauf, mit drei Divisionen ein »kleines Stalingrad« herbeizuführen. Dafür bestand er – nach dem Fall Rostows und Woroschilowgrads am 14. Februar – darauf, daß Charkow bedingungslos verteidigt werden müsse.

      Die Reste der Heeresgruppe Süd hatten sich auf die Halbinsel Taman auf der Ostseite der Straße von Kertsch zurückgezogen. Auf dem Kuban-Brückenkopf drängten sich 400 000 deutsche Soldaten zusammen und behinderten einander bei der Verteidigung. Hitler, der mehr an die Rückeroberung des Kaukasus dachte als an die Rettung seiner Truppen, hatte den sinnlosen Befehl gegeben, einen 200 Kilometer langen Korridor offen zu halten.

      Die Heerführer im Osten waren längst in einen Zweifrontenkrieg verwickelt. Sie erwehrten sich, schrittweise zurückgehend, mit größter Mühe der ungestümen russischen Angriffe – ihr zweiter Gegner war das Führerhauptquartier, das ihnen durch seine starre Festklammern-um-jeden-Preis-Taktik das strategische Konzept verdarb. Statt einer durchgehenden, übersichtlichen Verteidigungslinie entstand nunmehr ein Gewirr von Einbuchtungen, Überhängen und Vorsprüngen, die einen weit größeren Verteidigungsaufwand erforderten und im Falle eines konzentrischen russischen Angriffs nicht gehalten werden konnten.

      So entstand der weit nach Westen vorgezogene russische Frontvorsprung bei Kursk. Die Deutschen mußten den 180 Kilometer tiefen und 250 Kilometer breiten Bogen als Pfahl im Fleisch empfinden. Es war beiden Seiten klar, daß sich hier ein Brennpunkt neuer Kämpfe anbahnte. Hitler, nach der Bekundung seines Wehrmachtsadjutanten Rudolf Schmundt »der göttliche Führer, der gegen die Unfähigkeit seiner Feldmarschälle des neunmalklugen Generalstabes alle Schlachten gewinnen mußte«, ließ einen Plan für die letzte deutsche Großoffensive im Osten, die »Operation Zitadelle«, ausarbeiten.

      Die Nachricht vom Fall Charkows schlug am 15. Februar wie eine Bombe in der Wolfsschanze ein. Ausgerechnet der SS-Obergruppenführer Paul Hausser, dem man weder Ungehorsam noch Feigheit nachsagen konnte, hatte mit seinem III. SS-Panzerkorps die mit 900 000 Einwohnern zweitgrößte Stadt der Ukraine – entgegen einem ausdrücklichen Führerbefehl – geräumt, um seine Soldaten zu retten.

      Hitler tobte und entschloß sich zu einem Blitzbesuch bei seinen Oberbefehlshabern im Osten. Auch diesmal rang er sich nicht zu einem Abstecher zu seinen Frontsoldaten – mit denen er, wie er sagte, litt und die er rücksichtslos verheizte – durch. Er hatte sich zu einem Besuch in der Etappe entschlossen, um die Rückeroberung Charkows mit allen Mitteln voranzutreiben und seinen »Zitadelle«-Plan durchzusprechen, aber er sollte nun doch aus erster Hand einen Anschauungsunterricht erhalten, wie sehr sich die Kriegführung – seit seiner Zeit als Gefreiter im Ersten Weltkrieg – gewandelt hatte, vor allem in Rußland, wo Front und Etappe oft ineinander übergingen.

      Eingehüllt in starken Jagdschutz, flog der Diktator am 17. Februar mit seinem auf zwei FW 200 Condor verteilten Gefolge und Sicherheitspersonal in das Hauptquartier der Heeresgruppe Don nach Saporoschje ab. Aus Geheimhaltungsgründen erfuhr Manstein erst im letzten Moment, daß Hitler zu ihm unterwegs war. Der Generalfeldmarschall, dessen Verdienste um die Stabilisierung der Front nicht bezweifelt werden konnten, hatte mehr Einfluß auf den Diktator als andere Heerführer. Er redete ihm zunächst einmal aus, Charkow überstürzt zurückzuerobern, und stellte für die »Operation Zitadelle« Bedingungen für eine Neuauffrischung der Truppen und ihre neue Bewaffnung. Hitler verstieg sich zu der Feststellung: »Unbekannte, einzigartig dastehende Waffen befinden sich auf dem Weg zu euren Fronten.«

      Während er Versprechungen abgab, die ihm – wenn auch keiner widersprach – kaum einer der zuhörenden Offiziere glaubte, wurde Panzeralarm gegeben. Eine Brigade T 34 hatte überraschend die Hauptkampflinie durchbrochen, und zwischen ihr und dem Hauptquartier standen nur zwei Stunden Fahrt und eine einzige Wachkompanie.

      Flugkapitän Hans Baur wollte die Führer-Condor sofort auf einen weiter westlich gelegenen Flugplatz verlegen, aber Hitler zögerte, und schließlich wurde gemeldet, daß die Sowjetpanzer ihren Angriff abgebrochen hätten. Später stellte sich heraus, daß ihnen der Treibstoff ausgegangen war.

      Hitler schloß seine Besprechung mit Manstein ab und flog nach Rastenburg zurück. Später wollte er das Hauptquartier der Heeresgruppe Mitte besuchen, wo ihn bei Smolensk eine noch weit tödlichere Gefahr erwartete als russische Panzer: Angeführt vom Ersten Generalstabsoffizier der Heeresgruppe, dem Obersten und späteren Generalmajor Henning von Tresckow, hatte eine Gruppe von Frondeuren seit langem eine Falle für ihn aufgestellt, Offiziere, die nicht mehr im Halbdunkel des Salons flüsternd über Wert und Unwert des Fahneneids debattierten, sondern entschlossen waren, Adolf Hitler zu töten. »Insgesamt war im Stab der Heeresgruppe Mitte«, so stellt der Historiker Peter Hoffmann fest, »die stärkste Oppositionsgruppe konzentriert, die je bestanden hatte.«

      Die beiden Offiziere gingen spazieren. Unvermittelt blieb Oberst von Tresckow stehen. »Fragen Sie mich bitte jetzt nichts, Gersdorff«, sagte er zum IC, »aber ich brauche einmal einen besonders wirksamen Sprengstoff, der wenig Raum beansprucht, und zum anderen einen absolut zuverlässigen Zeitzünder, der keinerlei Geräusche verursacht. Können Sie mir beides besorgen?«

      Der Oberst und spätere Generalmajor Rudolph Christoph Freiherr von Gersdorff – auf dem weiten Weg vom preußischen Junker zum handelnden Rebellen – ahnte, daß

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