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seine Unabhängigkeit erlangt?“

      Gandhi sagte: „Ich werde alle Waffen ins Meer werfen, und die Soldaten werde ich zur Arbeit auf die Felder und in die Gärten schicken.“

      Und Louis Fischer fragte: „Haben Sie denn vergessen? Ihr Land könnte angegriffen werden.“

      Gandhi sagte: „Dann werden wir sie willkommen heißen. Wenn jemand unser Land angreift, werden wir ihn als Gast empfangen und ihm sagen: ‚Du kannst auch hier leben, genau wie wir. Es ist nicht nötig, zu kämpfen.‘“

      Aber dann hat er seine ganze schöne Philosophie vergessen. – Und so scheitern Revolutionen. Über diese Dinge zu reden, ist eine schöne Sache, aber wenn man erst einmal an der Macht ist … Mahatma Gandhi hat übrigens nie einen Posten in der Regierung übernommen. Er hatte wohl Angst davor, denn wie hätte er der Welt Rede stehen sollen, wenn man ihn gefragt hätte, ob die Waffen nun ins Meer geworfen werden sollten? Und wie war das mit den Soldaten, die zur Arbeit auf die Felder geschickt werden sollten? Vor dieser Verantwortung hat er sich gedrückt, obwohl er sein ganzes Leben lang dafür gekämpft hatte. Er konnte wohl sehen, dass es ihm enorme Schwierigkeiten bereiten würde. Eine Funktion in der Regierung zu übernehmen hätte bedeutet, seiner eigenen Philosophie zuwiderhandeln zu müssen.

      Die Regierung wurde von seinen Schülern gebildet – von Leuten, die er selbst auswählte. Er verlangte nicht von ihnen, dass sie die Armee auflösten. Und als Indien von Pakistan angegriffen wurde, sagte er nicht zur indischen Regierung: „Jetzt geht an die Grenze und empfangt die Angreifer als unsere Gäste.“

      Stattdessen gab er den ersten drei Flugzeugen, die Bomben auf Pakistan werfen sollten, seinen Segen. Die Flugzeuge kamen über die Villa in Delhi geflogen, in der Gandhi wohnte, und er trat hinaus in den Garten, um sie zu segnen. Mit seinem Segen flogen sie davon, um sein eigenes Volk zu vernichten, das er noch wenige Tage zuvor „unsere Brüder und unsere Schwestern“ genannt hatte. Ohne jeden Skrupel in Anbetracht dieses Widerspruchs …

      Die Russische Revolution scheiterte vor Lenins Augen. Im Sinne von Karl Marx hatte er gepredigt: „Wenn die Revolution kommt, werden wir die Ehe auflösen, denn die Ehe gehört zum Privateigentum. Mit dem Privateigentum verschwindet auch die Ehe. Die Menschen können sich lieben und einfach zusammen leben. Die Gesellschaft wird sich um die Kinder kümmern.“ Als dann aber die Kommunistische Partei an die Macht kam und Lenin ihr Führer wurde, änderte sich alles. Wenn sie erst einmal an der Macht sind, ändern die Menschen ihre Gesinnung. Nun dachte Lenin, dass es gefährlich sein könnte, den Menschen diese Verantwortung abzunehmen; sie könnten zu individualistisch werden. Es war besser, ihnen die Bürde der Familie zu lassen. Und er verschwendete keinen Gedanken mehr daran, die Familie aufzulösen.

      Es ist schon sonderbar, wie sämtliche Revolutionen gescheitert sind. Sie scheiterten durch die Revolutionäre selbst, denn sobald sie die Macht in Händen halten, ändert sich ihr Denken. Dann liegt ihnen in erster Linie daran, an der Macht zu bleiben. Dann unternehmen sie alle Anstrengungen, um die Macht für immer zu sichern und die Kontrolle über die Menschen zu behalten.

      Die Zukunft braucht keine weiteren Revolutionen.

      Die Zukunft braucht ein neues Experiment, das noch nie versucht wurde. Obwohl es im Laufe der Jahrtausende immer wieder Rebellen gab, blieben es doch nur vereinzelte Individuen. Vielleicht war die Zeit für sie noch nicht reif. Aber jetzt ist die Zeit nicht nur reif … Wenn wir uns nicht beeilen, wird es das Ende der Zeit bedeuten! In den kommenden Jahrzehnten wird entweder die Menschheit verschwinden – oder ein neuer Mensch erscheint auf dieser Erde, mit einer neuen Vision. Dieser neue Mensch wird ein Rebell sein.

      1. KAPITEL

      Diesseits und Jenseits – zum Verständnis der großen Spaltung

      Ich propagiere eine neue Religiosität, die weder christlich noch jüdisch noch hinduistisch sein wird. Es ist eine Religiosität, die keinerlei Attribute hat, nur eine ganzheitliche Seinsqualität.

      Die Religionen haben versagt, die Wissenschaft hat versagt. Der Osten hat versagt, der Westen hat versagt. Jetzt ist eine Synthese auf höherer Ebene nötig, in der Osten und Westen, Religion und Wissenschaft zusammenkommen können.

      Der Mensch gleicht einem Baum mit tief in die Erde reichenden Wurzeln und der Möglichkeit zum vollen Erblühen. Die Religion hat versagt – sie redete immer nur von den Blüten. Das Erblühen blieb philosophisch und abstrakt; die Blüten manifestierten sich nie. Die Blüten konnten sich nicht manifestieren, weil sie nicht in der Erde verwurzelt waren. Die Wissenschaft hat versagt – sie schenkte nur den Wurzeln Beachtung. Doch die Wurzeln an sich sind unansehnlich und können nicht zur Blüte gelangen.

      Die Religion hat versagt – sie war nur auf das Jenseits ausgerichtet und hat das Diesseits vernachlässigt. Aber die diesseitige Welt lässt sich nicht vernachlässigen. Die diesseitige Welt zu vernachlässigen bedeutet, seine eigenen Wurzeln zu vernachlässigen.

      Die Wissenschaft hat versagt, denn sie hat die andere Welt, die Innenwelt, vernachlässigt – und die Blüten lassen sich nicht vernachlässigen. Wenn wir die Blüten vernachlässigen, das Allerinnerste unseres Seins, verliert unser Leben jeden Sinn.

      So wie der Baum Wurzeln braucht, braucht auch der Mensch Wurzeln – und diese Wurzeln können nur in der Erde sein. Der Baum braucht einen freien Himmel, in den er hineinwachsen kann, um ein großes Laubdach und Tausende von Blüten zu entwickeln. Nur dann kommt der Baum zur Erfüllung, nur dann kann er ein Gefühl von Sinn und Bedeutung gewinnen, und das Leben wird sinnvoll.

      Der Westen leidet, weil die Wissenschaft das Übergewicht bekommen hat. Und der Osten leidet, weil die Religion immer das Übergewicht hatte. Jetzt brauchen wir eine neue Art von Menschsein, das Religion und Wissenschaft als die beiden Aspekte ein und derselben Menschheit miteinander verbindet. Ist der neue Mensch einmal zum Leben erwacht, kann diese Erde endlich das werden, wozu sie bestimmt ist: Sie kann zum Paradies werden.

      Dieser Körper ist der Buddha. Diese Erde ist das Paradies.

      Sorbas der Buddha – die Verbindung von Erde und Himmel

      Meine Vision des neuen Menschen ist eine Verbindung von Sorbas dem Griechen und Gautama dem Buddha. Dieser neue Mensch ist „Sorbas der Buddha“ – sinnenfreudig und spirituell zugleich. Durch und durch in der Materie beheimatet, im Körper und in den Sinnen verwurzelt, ein Genießer des Körpers und alles dessen, was durch den Körper ermöglicht wird. Und zugleich ein Mensch von hohem Bewusstsein und großem Gewahrsein. Sorbas und Buddha in einem – das hat es noch nie gegeben! Davon spreche ich, wenn ich über das Zusammenkommen von Ost und West, die Verbindung von Materialismus und Spiritualität rede. Darin besteht meine Vision von Sorbas dem Buddha: Himmel und Erde werden eins.

      Ich will nicht mehr diese Schizophrenie, diese Trennung zwischen Materie und Geist, zwischen dem Profanen und dem Heiligen, zwischen dem Diesseits und dem Jenseits. Ich will jegliche Spaltung beseitigen, denn jede Spaltung bedeutet eine Spaltung im Innern des Menschen. Ein in sich selbst gespaltener Mensch, eine gespaltene Menschheit kann nur verrückt und krank sein. Wir leben in einer verrückten und kranken Welt. Sie kann nur gesund und heil werden, wenn wir diese Spaltung überwinden.

      Bisher lebten die Menschen entweder im Glauben an die Wirklichkeit der Seele und die Unwirklichkeit der Materie – oder im Glauben an die Wirklichkeit der Materie und die Unwirklichkeit der Seele.

      Die Vergangenheit kannte nur zwei Kategorien von Menschen: die Spirituellen und die Materialisten. Niemand hatte sich darum bemüht, den Menschen als Ganzes, in seiner Wirklichkeit zu sehen – er ist beides! Weder reine Spiritualität – also nur Bewusstsein – noch ausschließlich Materie. Er ist eine wunderbare, harmonische Verbindung von Materie und Bewusstsein.

      Vielleicht sind Materie und Bewusstsein gar nicht zwei verschiedene Dinge, sondern nur zwei Aspekte ein und derselben Wirklichkeit – Materie der äußere Aspekt von Bewusstsein, und Bewusstsein der innere Aspekt von Materie. Aber kein einziger Philosoph, kein Weiser oder religiöser Mystiker der Vergangenheit

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