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zuhauf haben können, wenn wir welche gewollt hätten.

      In einer Nacht haben wir mal ein kleines Stück von einem Holzfloß rausgefischt – wunderschöne Kiefernplanken. Es war zwölf Fuß breit und gut fünfzehn oder sechzehn Fuß lang, und oben stand es sechs, sieben Zoll über Wasser, was ne feste, ebene Oberfläche abgab. Tagsüber trieben oft Säghölzer vorbei, aber die haben wir ziehn lassen; bei Tag haben wir uns nicht gezeigt.

      In einer andern Nacht, kurz vor Morgengrauen, als wir oben an der Inselspitze waren, kommt auf der Westseite ein Holzhaus runter. Es hatte zwei Stockwerke und krängte stark. Wir sind rausgepaddelt und an Bord – reingeklettert durch ein Fenster im obern Stock. Aber es war noch zu dunkel, um was zu sehn, deswegen machten wir das Kanu fest und setzten uns rein, um zu warten, bis es hell wurde.

      Es wurde grad hell, ehe wir die untere Inselspitze erreichten. Dann sahn wir zum Fenster rein. Man könnt ein Bett erkennen und nen Tisch, zwei alte Stühle und nen Haufen Sachen, die auf dem Boden rumlagen; an der Wand hingen Kleider. In der Ecke schräg gegenüber lag was auf dem Boden, das aussah wie ein Mann. Da sagt Jim:

      »Hallo, Sie da!«

      Aber es hat sich nichts gerührt. Deswegen hab ich nochmal gerufen, und dann sagt Jim:

      »Der Mann schläft net – der is tot. Du bleibst da – ich geh un seh mal nach.«

      Er ist rein, hat sich runtergebückt, sah hin und sagt:

      »Das issen toter Mann. Ganz sicher; un auch noch nackt. Hat ’n Schuss innen Rücken abgekriegt. Bestimmt is der schon zwei oder drei Tag tot. Komm rein, Huck, aber schau ihm net ins Gsicht – ’s is gar zu grauslich.«

      Ich hab ihn auch überhaupt nicht angesehn. Jim warf ein paar alte Decken über ihn, aber er hätt das nicht tun brauchen; ich wollt ihn nicht sehn. Auf dem Boden lagen Haufen von alten, fettigen Karten verstreut, auch alte Whiskyflaschen und zwei Masken aus schwarzem Stoff; und über die ganzen Wände waren die allerdümmsten Wörter und Bilder mit Holzkohle aufgemalt. Zwei alte, schmutzige Kattunkleider, ein Sonnenhut und ein paar Unterröcke hingen an der Wand, und auch ein paar Männerkleider. Wir packten das ganze Zeug ins Kanu; vielleicht konnten wir ja mal was damit anfangen. Ein alter, buntscheckiger Jungenstrohhut lag auf dem Boden; den hab ich auch mitgenommen. Und ne Flasche lag da, in der mal Milch drin war; ein Saugpfropfen zum Saugen für ein Baby steckte noch oben drauf. Wir hätten auch die Flasche mitgenommen, aber die war zerbrochen. Dann war da noch ne schäbige, alte Seemannskiste und ein alter Fellkoffer mit zerbrochnen Scharnieren. Die standen offen, aber irgendwas von Wert war nicht mehr drin. Aus der Art, wie alles rumlag, haben wir geschlossen, dass die Leute schleunigst wegwollten und nicht vorhatten, viel von ihrem Zeug mitzuschleppen.

      Wir haben gekriegt: eine alte Blechlaterne und ein Metzgermesser ohne Griff und ein brandneues Barlowmesser, das in jedem Laden seine fünfundzwanzig Cent wert war, und ne Menge Talgkerzen und nen blechernen Kerzenständer und ne Kürbisflasche und ne Blechtasse und ne schäbige alte Bettdecke und ein Retikül mit Nähnadeln, Stecknadeln, Bienenwachs und Knöpfen und Garn und lauter so Zeug, und ein Beil und ein paar Nägel und eine Angelschnur, so dick wie mein kleiner Finger, mit ein paar riesigen Haken dran, und ne Rolle Wildleder und ein ledernes Hundehalsband und ein Hufeisen und ein paar Phiolen mit Medizin ohne Etikett drauf; und als wir schon am Gehn waren, fand ich noch nen halbwegs brauchbaren Pferdestriegel, und Jim, der fand nen schäbigen alten Fiedelbogen und ein Holzbein. Die Riemen waren abgerissen, aber mal davon abgesehn, war’s ein ganz brauchbares Bein, obwohl’s für mich zu lang und für Jim nicht lang genug war und wir das andre nicht finden konnten, obwohl wir überall gesucht haben.

      Alles in allem hatten wir also einen guten Fang getan. Als wir fertig zum Abstoßen waren, lagen wir eine Viertelmeile unterhalb der Insel, und es war schon helllichter Tag; deswegen wollt ich von Jim, dass er sich flach ins Kanu legt und mit der Bettdecke zudeckt, weil man ihn im Sitzen schon von weitem als Nigger erkennen würde. Ich bin ans Illinois-Ufer rübergepaddelt und dabei bald ne halbe Meile abgetrieben worden. Ich bin im ruhigen Wasser am Ufer raufgekrochen, es gab keinen Zwischenfall, und ich sah auch niemand. Sicher und heil kamen wir zu Haus an.

      Kapitel 10

      Was dabei rauskommt, wenn man ne Schlangenhaut anfasst

      Nach dem Frühstück hatte ich Lust, über den Toten zu reden und rumzurätseln, wieso er umgebracht wurde, aber Jim wollte nicht. So was bringt Unglück, sagte er; und außerdem könnt der uns vielleicht als Geist erscheinen; wenn einer nämlich nicht beerdigt war, würd der viel eher rumspuken als jemand, der zufrieden in die Erde gebettet ist. Das klang ziemlich einleuchtend, deswegen hab ich nichts mehr gesagt; trotzdem musst ich immer wieder drüber nachdenken und hätt doch zu gern gewusst, wer den Mann erschossen hatte und wieso die’s getan hatten.

      Wir durchsuchten die Kleider, die wir mitgenommen hatten, und fanden acht Dollar in Silber, die im Futter von nem alten Stoffmantel eingenäht waren. Jim sagte, bestimmt haben die Leute in dem Haus den Mantel gestohlen; wenn die nämlich gewusst hätten, dass da Geld drin war, hätten sie ihn sicher nicht dagelassen. Ich sagte, bestimmt haben die auch den Mann umgebracht; aber Jim wollte nicht drüber reden. Ich sag:

      »Jetzt denkst du wohl, das bringt Unglück; aber was haste gesagt, als ich die Schlangenhaut reingeholt hab, die ich auf dem Hügel oben gefunden habe, vorgestern? Das schlimmste Unglück von der Welt war das, mit der Hand ne Schlangenhaut anzufassen! Hier – da haste dein Unglück! Nehmen den ganzen Krempel da ein und auch noch acht Dollar! Hätten wir doch bloß jeden Tag so ein Unglück, Jim!«

      »Schon gut, schon gut, Kleiner! Werd net zu keck, ’s kommt noch. Denk an mich, ’s kommt noch.«

      Und es kam auch. Es war ein Dienstag, als wir uns so unterhielten. Und am Freitag, nach dem Mittagessen, lagen wir ganz oben am Hügel im Gras, und der Tabak ist uns ausgegangen. Ich bin zur Höhle, um welchen zu holen, und fand eine Klapperschlange da drin. Ich hab sie totgeschlagen und wie lebendig am Fußende von Jims Decke zusammengerollt und denk mir, das gibt nen Spaß, wenn Jim die da findet. Am Abend hatte ich die Schlange ganz vergessen, und als Jim sich auf seine Decke warf und ich ein Licht machte, war das Schlangenmännchen da und hat ihn gebissen.

      Mit einem Schrei ist er hochgesprungen, und als erstes haben wir im Licht das zusammengeringelte Biest gesehn, wie’s grad zu nem neuen Sprung ansetzt. Mit einem Stock hab ich es im Handumdrehn erschlagen, und Jim packte Paps Whiskykrug und hat ihn in sich reingegossen.

      Er war barfuß, und die Schlange hatte ihn genau in die Ferse gebissen. Das kommt davon, sag ich mir, wenn man so ein Trottel ist wie du und nicht dran denkt, dass immer, wenn man eine Schlange irgendwo rumliegen lässt, ihr Gefährte kommt und sich um sie rumringelt. Jim sagte, ich soll der Schlange den Kopf abschlagen und ihn fortwerfen, ihr dann die Haut abziehn und ein Stück von ihr rösten. Was ich auch tat, und er aß es und meinte, das würd ihn kurieren helfen. Er wollte auch, dass ich die Klappern abmache und ihm ums Handgelenk binde. Das würd auch helfen. Dann bin ich leise rausgeschlichen und hab alle beide Schlangen fort ins Gebüsch geworfen; weil, ich wollte nicht, dass Jim rausbekam, dass ich an allem schuld war – nicht jedenfalls, wenn ich’s verhindern konnte.

      Jim nuckelte und nuckelte an dem Krug, und ab und zu hat er den Verstand verloren und ist durch die Gegend getaumelt und hat gebrüllt; aber jedesmal, wenn er wieder zu sich kam, hat er gleich wieder weitergenuckelt. Sein Fuß schwoll ziemlich dick an, und auch sein Bein; aber allmählich fing der Fusel an zu wirken, und so denk ich mir, jetzt ist er überm Berg; trotzdem wär ich lieber von einer Schlange gebissen worden als von Paps Whisky.

      Jim musste vier Tage und vier Nächte liegen. Dann war die Schwellung ganz weg, und er kam wieder auf die Beine. Ich nahm mir vor, nie wieder ne Schlangenhaut mit den Händen anzufassen, jetzt wo ich gesehn hatte, was dabei rauskam. Das nächste Mal würd ich ihm bestimmt glauben, sagte Jim; ne Schlangenhaut berühren war nämlich so ein fürchterliches Unglück, dass es mit dem vielleicht noch gar nicht zu Ende war. Er jedenfalls würd lieber wenigstens tausendmal über die linke Schulter in den Neumond gucken als ne Schlangenhaut in die Hand nehmen. Also, mit der Zeit hab ich das auch geglaubt, obwohl ich gedacht habe, dass über die linke Schulter in

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