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Die Abenteuer des Huckleberry Finn. Mark Twain
Читать онлайн.Название Die Abenteuer des Huckleberry Finn
Год выпуска 0
isbn 9783159612911
Автор произведения Mark Twain
Жанр Языкознание
Серия Reclam Taschenbuch
Издательство Bookwire
»Nee! Un von was hasten du glebt? Aber du has ne Flinte. Klar, du has ne Flinte. Das is gut. Also, schieß du irndwas, un ich mach Feuer.«
Wir sind rüber, wo das Kanu lag, und während er an einer grasigen offnen Stelle zwischen den Bäumen ein Feuer machte, holte ich Mehl und Speck und Kaffee, den Kaffeetopf und die Bratpfanne, Zucker und Blechtassen – und der Nigger war ganz entgeistert, weil er glaubte, alles ist hergezaubert. Ich fing auch einen dicken Katzenwels, und Jim putzte ihn mit seinem Messer und hat ihn gebraten.
Als das Frühstück fertig war, haben wir uns ins Gras gelümmelt und es siedend heiß gegessen. Jim hat reingeschlungen, soviel er konnte, er war fast am Verhungern gewesen. Als wir uns die Bäuche vollgeschlagen hatten, ruhten wir uns aus und faulenzten.
Nach ner Weile sagt Jim:
»Hör mal, Huck, wer isses dann gewesn, wo se inner Hütte gemordet ham, wenn du’s net gwesn bist?«
Da hab ich ihm die ganze Geschichte erzählt, und er fand’s schlau; nicht mal Tom Sawyer hätt sich nen bessern Plan ausdenken können! Dann sag ich:
»Und wegen was bist du hierher gekommen, Jim, und wie hastes gemacht?«
Er sah ziemlich verlegen aus, und ne Zeitlang hat er gar nichts gesagt. Dann seufzt er:
»Vleicht sollt ich’s lieber doch net erzähle.«
»Und wieso nicht, Jim?«
»Nun, ’s gibt Grund. Aber du verräts mich doch net, Huck, wenn ich’s dir sag, oder?«
»Verdammt, Jim, nie im Leben!«
»Also, ich glaub dir, Huck. Ich – ich bin wegglaufe!«
»Jim!«
»Aber vergiss ja net, du has gsagt, du verräts mich net – du weißt doch, dass du’s gsagt hast, Huck, oder net?«
»Ja, hab ich. Ich hab gesagt, ich tu’s nicht, und ich halt mich dran. Bei meiner Injanerehre! Die Leute schimpfen mich bestimmt nen fiesen Ablitionisten und verachten mich, wenn ich den Mund halte – aber das macht nichts. Ich verrat dich bestimmt nicht, und ich geh sowieso nicht zurück. So, und jetzt erzähl mal alles.«
»Also, es is nämlich so gwesn. Die alte Missus – Miss Watson – die hackt dauernd auf mir rum un is ziemlich barsch zu mir, aber trotzdem hat se immer gsagt, se will mich net nach Orleans runter verkaufen. Aber neulich seh ich, wie sich ’n Niggerhändler hier rumtreibt, un mir wird’s mulmig. Also, annem Abend, ziemlich spät, schleich ich anne Tür, un die war net ganz zu, un ich hör, wie die alte Missus zur Witwe sagt, se will mich nach Orleans runter verkaufn, aber einglich will se doch net, aber achthunnert Dollar könnt se für mich kriegn, un des wär so ne Riesenfuhre Geld, da könnt se net widerstehn. Die Witwe wollt se überrede, dass se sagt, se will’s net tun – aber ich hab ’s Ende net mehr abgwartet! Bin verdammt schnell abghaun, sag ich dir.
Ich also nix wie raus unnen Hügel runter, un denk, ich stehl mir ’n Boot irndwo am Ufer überm Dorf, aber ’s sin noch Leut wach, drum hab ich mich in die alte eingekrachte Fassbinderei am Ufer versteckt un hab gwartet, bis alle weg sin. Na, un da war ich die ganz Nacht. Irndwer hat sich die ganz Zeit da rumtriebn. Am Morgen, so um sechse, komme die erstn Boote vorbeigfahrn, un um achte oder neune ham alle Boote, die ankomme, von deim Pap verzählt, wie er rüber ins Dorf is un gsagt hat, se ham dich gmordet. Un die letztn Boote sin voll Dame un Herrn, die rüberwolln un die Stell ansehn, ’n paarmal lege se am Ufer an, ruhn sich aus, vor se übersetzn, un aus ihrn Redn hab ich alls übern Mord mitkriegt. Hat mir schrecklich leid getan, dass se dich gmordet ham, Huck, aber nu isses ja vorbei.
’n ganzn Tag lieg ich da zwischen Hobelspan. Ich hab wohl Hunger, aber keine Angst, ich hab ja gwusst, die alte Missus un die Witwe gehn gleich nachem Frühstück in die Gmeindeversammlung un sin de ganze Tag weg, un sie wissn ja, ich geh schon im Morgengraun mit ’m Vieh raus, also wern se net erwarte, mich ums Haus rum zu sehn, un wern mich auch net vermissn, vor’s dunkel wird am Abend. Die annern Diener vermissn mich sowieso net, weil die immer ausfliegn un sich ’n schön Tag mache, wenn die alte Herrschafte fort sin.
Also, wie’s dunkel wird, bin ich nix wie raus un de Uferweg rauf un lauf so zwei Meile oder mehr, bis wo keine Häuser mehr sin. Ich hab mich entschiede ghabt, was ich machn will. Weißte, wenn ich nämlich immer so weiter zu Fuß weglauf, komme mir die Hund auf d’ Spur; und wenn ich mir ’n Boot stehl zum Übersetzn, vermissn se ja des Boot bestimmt, un se kriegn leicht raus, wo ich an Land bin am annern Ufer, un wo se meine Spur aufnehme müssn. Also, sag ich mir, ’n Floß brauch ich, genau; das macht keine Spur.
Un dann seh ich auf eimal ’n Licht um nen Ufervorsprung komme, un da wat ich gleich ins Wasser rein, schieb ’n Baumstamm vor mir her, schwimm mit dem halb übern Fluss, mitten ins Treibholz rein, un halt mein Kopf dauernd tief unten un schwimm gegen ’n Strom solang, bisses Floß vorbeikommt. Dann schwimm ich achtern da ran und halt mich fest. Wolken sin jetz aufzogn, un ne kurze Weil war’s ganz schön dunkel. Ich kletter jetz rauf un leg mich auf die Planken hin. All die Männer sin inner Mitte vom Floß drübe, wo ’s Licht an is. Dr Fluss war grad am Steign, un ’s hat ne starke Strömung gebn, so hab ich mir dacht, bis am Morgen um viere bin ich schon fünfundzwanzig Meilen flussab, un dann schlüpf ich, vor’s hell wird, ins Wasser, schwimm ans Ufer un versteck mich im Wald auf dr Illinois-Seit.
Aber ich hab doch kein Glück. Wie wir nämlich bald unten anner Inselspitze sin, kommt ’n Mann mit ner Latern nach achtern. Ich seh, ’s hat kein Zweck, noch zu warten, so bin ich über Bord un auf die Insel losgschwomme. Also, ich hab mir vorgstellt, ich kann da überall an Land, aber da draus wird nix – Ufer zu steil. Ich bin schon bald am Ende vonner Insel, vor ich ne gute Stell find. Da geh ich innen Wald un denk mir, mit dene Flöß mach ich keine Faxen mehr, solang wie die mit dr Latern so rumfuchteln. Ich hab aber meine Pfeif noch bei mir un ’n Priem Rachenputzer un Streichhölzer in meiner Kapp, un die sin net mal nass – also, was willste mehr?«
»Und die ganze Zeit haste gar kein Fleisch und gar kein Brot zu essen gekriegt? Wieso haste dir nicht ’n paar Sumpfschildkröten gefangen?«
»Ja wie denn? Da kannste ja net ranschleiche un se grapschn; un mach mir mal vor, wie du so eine mit nem Stein totschlägst! Un wie willste so was inner Nacht machn? Am Tag hab ich mich nämlich net am Ufer zeign wolln.«
»Verstehe. Du hast natürlich die ganze Zeit im Wald bleiben müssen. Haste auch gehört, wie sie die Kanonenschüsse abgefeuert haben?«
»Na klar. Ich hab ja gwusst, dass se hinner dir her sin. Hab se hier vorbeikomme sehn – durch die Busch beobachtet.«
Ein paar Jungvögel kamen vorbei; sie sind immer ein oder zwei Yard weit geflogen und ließen sich dann nieder. Jim sagte, das ist ein Zeichen dafür, dass es bald regnen wird. Wenn Küken nämlich so fliegen, wär’s jedenfalls ein Zeichen für Regen, und deswegen wär’s bei Jungvögeln bestimmt genauso. Ich wollt schon ein paar fangen, aber Jim ließ mich nicht. Er sagte, das bedeutet Tod. Sein Vater war mal arg krank gewesen, und einer von ihnen fing nen Vogel, und da sagte seine alte Oma, sein Vater würd sterben, und so kam’s dann auch.
Und Jim sagte, man darf die Sachen nicht zählen, die man zum Mittagessen kocht, weil das Unglück bringt.
Und wenn man das Tischtuch nach Sonnenuntergang ausschüttelt auch. Und wenn ein Mann einen Bienenkorb besitzt und er stirbt, muss man das den Bienen vor Sonnenaufgang am andern Morgen sagen, weil sie sonst schwach werden und zu arbeiten aufhören und sterben. Jim sagte auch, Bienen stechen Idioten nicht; aber das hab ich ihm nicht geglaubt, weil ich’s selber schon oft probiert hab, und mich wollten sie nicht stechen.
Ich hatte schon vorher was von solchen Dingen gehört, aber nicht von allen. Jim kannte allerhand Vorzeichen. Er sagte, er würd fast alle kennen. Mir käm’s so vor, sagte ich, wie wenn alle Vorzeichen Unglück bedeuten; und so hab ich ihn gefragt, ob’s überhaupt welche für Glück gibt. Er sagt:
»Ganz, ganz wenig – un mit denen kann niemand