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können. Eine Art von Versprechern sind Ersetzungen wie in (1), bei denen das eigentlich gemeinte Wort durch ein anderes Wort ersetzt worden ist (aus Leuninger 1998, das richtige Wort ist wo nötig in Klammern hinzugefügt).

      Eine Beobachtung zu solchen Ersetzungen ist, dass die an dem Versprecher beteiligten Wörter so gut wie immer zur selben Wortart gehören. Das zeigen auch diese Beispiele: In (1a) handelt es sich bei hinter und vor um Präpositionen, in (1b) wird das Pronomen ihm durch das Pronomen mir ersetzt, in (1c) ist unverändert wie unverheiratet ein Adjektiv, in (1d) sind mit anfällt und anstellt zwei Verben am Versprecher beteiligt und in (1e) mit Studio und Stadion zwei Nomen. Gleiches wird also durch Gleiches ersetzt.

      Ein Teil des Sprachproduktionsprozesses besteht im Zugriff auf unser inneres Lexikon, in dem wir die Wörter unserer Sprache gespeichert haben, und eine Eigenschaft, die wir bei jedem Wort gespeichert haben, ist seine Wortart, also die größere Klasse von Wörtern, zu der das gespeicherte Wort gehört. In (1a) hat der Sprecher oder die Sprecherin im Lexikon auf die Präposition vor zugreifen wollen, aber versehentlich die bedeutungsähnliche Präposition hinter erwischt. Der Fehler ist also nicht in der Syntax entstanden, bei der Konstruktion des Satzes, sondern im Lexikon, und betroffen sind die lexikalischen Wörter, die Lexeme. Wenn man für die Notation der im Lexikon gespeicherten Wörter Kapitälchen verwendet, ist in (1a) das lexikalische Wort VOR durch das lexikalische Wort HINTER ersetzt worden; vor und hinter sind Präpositionen, was durch das tiefergestellte P markiert ist.

      Eine solche Beobachtung lässt sich auch bei anderen Arten von Versprechern machen, denn auch „bei Wortvertauschungen werden vornehmlich Wörter derselben Wortart miteinander vertauscht“, so Leuninger (1996, 86). Man vergleiche den folgenden Versprecher:

      Das Interessante an dieser Vertauschung ist, dass der aus dem Versprecher resultierende Satz trotz der Vertauschung grammatisch korrekt ist und nur eine falsche Bedeutung hat, aber nicht eine falsche Form. Das ist so zu erklären, dass es sich auch hierbei um einen Versprecher handelt, bei dem lexikalische Wörter betroffen sind.

      Woran erkennt man, dass hier tatsächlich zwei Wörter im Lexikon und nicht zwei Wörter im Satz vertauscht worden sind? An der Form der Artikel ein und keine. Wenn die beiden syntaktischen Wörter Sommer und Schwalbe vertauscht worden wären, hätte das Resultat folgender Satz sein müssen, in dem die Artikel eine und keinen lauten:

      Wir müssen also bei der Beschreibung von Versprechern sorgfältig zwischen lexikalischen und syntaktischen Wörtern unterscheiden. Die lexikalischen Wörter sind in unserem Lexikon gespeichert und werden durch die syntaktischen Wörter realisiert; größere syntaktische Einheiten wie die ältere Dame oder Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer bestehen nicht aus lexikalischen Wörtern, sondern aus syntaktischen Wörtern (vgl. Fuß und Geipel [2018, 18]):1

      Lexikalisches Wort: Ein lexikalisches Wort ist eine abstrakte lexikalische Einheit, die Informationen über grundlegende Eigenschaften wie Lautgestalt, Kernbedeutung, Wortart und invariante morphosyntaktische Merkmale enthält.

      Syntaktisches Wort: Syntaktische Wörter sind konkret auftretende Wörter, wie sie in tatsächlichen Sätzen bzw. syntaktischen Strukturen vorkommen. Ein syntaktisches Wort besteht aus einer Wortform und Angaben zu den morphosyntaktischen Merkmalen, für die die Wortform steht.

      Das lexikalische Wort SCHWALBE hat die Lautform /ʃvalbə/ und die Bedeutung ‚Singvogel‘, gehört zur Wortart der Nomen (N) und hat das invariante, feste Genusmerkmal Femininum (Fem). Das syntaktische Wort Schwalbe in dem Satz Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer, mit dem das lexikalische Wort SCHWALBE realisiert wird, ist wie das lexikalische Wort ein Nomen und hat neben dem Merkmal Femininum zusätzlich die Flexionsmerkmale Nominativ (Nom) und Singular (Sg).

      In formal genauen Darstellungen der Syntax werden die syntaktischen Wörter immer komplett mit ihren morphosyntaktischen Merkmalen notiert. Da das aber sehr aufwändig ist und zu sehr komplexen Darstellungen führt, folgen wir in diesem Buch der gängigen Praxis und notieren die morphosyntaktischen Merkmale nur dort, wo es erforderlich ist.

      2.2 Wortartwechsel

      Gewöhnlich wird in Schulbüchern nicht zwischen lexikalischen und syntaktischen Wörtern und somit auch nicht zwischen lexikalischen und syntaktischen Wortarten unterschieden. Der Grund dafür ist, dass die Wortart eines lexikalischen Wortes normalerweise mit der Wortart des syntaktischen Wortes übereinstimmt, mit dem das lexikalische Wort realisiert wird. Das lexikalische Wort SCHWALBE ist ein Nomen und das syntaktische Wort Schwalbe ist ebenso ein Nomen. Es gibt aber, worauf unter anderem die Duden-Grammatik (2016, 141) hinweist, systematische Ausnahmen, die dann zu Unsicherheiten in der Wortartbestimmung führen: „Zu manchen Lexemen können nämlich Formen gebildet werden, die sich hinsichtlich ihres syntaktischen Gebrauchs und ihrer Flexionsmerkmale wie die Flexionsformen anderer Lexemklassen verhalten“. Nehmen wir als ein Beispiel dafür das Wort Größeren im folgenden Satz:

      Dieses Wort ist gemäß seinen Flexionsmerkmalen ein Adjektiv, was unter anderem daran zu erkennen ist, dass es ohne den Artikel die stark flektiert wird (Größere dürfen länger aufbleiben) und kompariert ist. In Satz (6) ist es trotz seiner adjektivischen Flexionsmerkmale ein Nomen und wird deshalb auch großgeschrieben. Das heißt, das syntaktische Wort Größeren ist ein Nomen, auch wenn das zugehörige lexikalische Wort ein Adjektiv ist.1

      Für die satzinterne Großschreibung ist nicht die Wortart der lexikalischen Wörter von Belang, sondern die Wortart der syntaktischen Wörter.

      Andere Fälle von systematischem syntaktischem Wortartwechsel betreffen die Partizipien und die einfachen Infinitive; die Partizipien können in der Syntax zu Adjektiven werden und die einfachen Infinitive zu Nomen. Die drei syntaktischen Wörter singenden, Singen und singen gehören in (7) zwar zu unterschiedlichen syntaktischen Wortarten, realisieren aber ein und dasselbe lexikalische Verb SINGEN.

      Wenn man Sätze beschreibt, spricht man über syntaktische Wörter und nicht über lexikalische Wörter. Daher geht es im Folgenden auch um die syntaktischen Wortarten und nicht um die lexikalischen Wortarten. Statt von syntaktischen Wortarten spricht man oft auch von syntaktischen Kategorien.

      2.3 Eigenschaften syntaktischer Wörter

      Machen wir ein kleines Experiment, das aus einem Grammatik-Kurs für Klasse 4 stammt (Kluge und Sennlaub 1996, 3). Die Aufgabe besteht darin, den folgenden Text in normaler Schreibschrift mit der richtigen Groß- und Kleinschreibung abzuschreiben; lesen Sie bitte erst weiter, wenn Sie das getan haben.

      Wir gehen davon aus, dass Sie die Wörter tackte, tockelten und tackst kleingeschrieben haben, doch warum? Für die Groß- und Kleinschreibung gilt es, die syntaktische Wortart eines Wortes zu bestimmen. Dafür kann man verschiedene Arten von Erkennungsmerkmalen nutzen. Bei Fantasiewörtern kann die Bedeutung für die Bestimmung der Wortart nicht

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