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unter meinen Händen und Knien versengte mir die Haut. Ich musste mich zwingen, die Augen zu schließen und mir begreiflich zu machen, dass das nicht meine Erinnerungen waren, die mich quälten. Ich atmete langsam ein und aus, die Luft war warm, nicht heiß, und sie duftete nach Blüten und Blattwerk. Mein Herzschlag beruhigte sich, ich blinzelte und befand mich wieder in der lichtdurchfluteten Kräuterkammer.

      Irina sah mich beunruhigt an.

      »Alles gut«, log ich. »Ich war nur einen Moment … Es war nicht der Geist der Hexe, der im Wald spukte und den Bewohnern der umliegenden Dörfer Angst und Schrecken einjagte. Es waren die Geister der Opfer.«

      »Eine von dieser Sorte also.«

      »Ihre Opfer: Es waren alles Kinder.«

      Irina nickte grimmig. »Das ergibt Sinn.«

      Rose und ich starrten sie ungläubig an.

      »Was ergibt daran Sinn?«, brach es aus mir heraus. »Sie hat sie in ihre Fänge gelockt und dann in ihrem Keller auf einer Art Stein­altar … Sie hat die Kinder nicht einfach nur getötet, sie hat sie geschlachtet! Wie Vieh. Sie hat sie ausbluten lassen. Sie hat sie zu Pasteten verarbeitet und …« Ich musste würgen.

      Irina schüttelte schnell den Kopf. »So meinte ich das nicht. Bitte entschuldigt. Das Blut von Kindern verleiht ihr viel mehr Macht. Die Kraft im Blut von Menschen, die die Schwelle zum Erwachsenenalter überschritten haben, verbraucht sich schnell und nährt Magie kaum. Kinder hingegen – sie haben noch ihr ganzes Leben vor sich.«

      »Das ist krank«, sagte Rose angeekelt.

      Ich musterte Irina. Wie alt war sie eigentlich? Bis auf ein paar Lachfältchen um die Augen sah ihre Haut glatt und rein aus. Verdankte sie das dem Erbe ihres Vaters? Oder hatte auch sie bereits andere für das Wirken ihrer Zauber bluten lassen?

      Das war das Problem, wenn man Hexen jagte. Man konnte sie äußerlich nicht erkennen. Die Schauergeschichten, die man Kindern erzählte, handelten von buckligen alten Frauen mit hervorspringendem Kinn und Warzen auf der Nase. Und tatsächlich sahen einige Hexen auch so aus. Das waren traurigerweise jene, die ihre Zauber nicht mit der Energie anderer, sondern mit der eigenen bezahlten. Gefährlich waren die, die jung und schön aussahen, ganz so, als ob sie kein Wässerchen trüben könnten.

      Wie Irina.

      Nein. Irina war anders. Es durfte nicht sein, dass …

      »Wie habt ihr das alles überhaupt erfahren?«

      »Von Margarete.«

      »Das Mädchen, das anstelle der Hexe verbrannt ist?«

      Ich nickte. »Sie … Auf der Waldlichtung, im Haus der Hexe. Ich bekam Visionen, wenn ich bestimmte Gegenstände berührt habe. Als würde ich durch Margaretes Augen sehen.«

      »Ist das schon öfter passiert?«

      Ich schüttelte den Kopf. »Ich glaube, es hat mit meinem Selkieblut zu tun.«

      Irina schürzte die Lippen und nickte.

      »Hast du gewusst, dass Muireann eine Magische ist?«, fragte Rose angriffslustig. Ich hielt den Atem an. Aber Irina schüttelte den Kopf.

      »Nein. Ich habe gespürt, dass etwas an ihr anders ist.« Sie sah mich direkt an. »Ich dachte, das läge daran, dass sie aus dem Norden stammt. Albion und die Inseln sind von Magie durchdrungen. Sie klebt an allen, die von dort kommen, egal ob sie Zauber wirken können oder nicht.«

      Nicht in allen Teilen der Welt wurden Hexen verfolgt. Der Zar im Osten hielt seine schützende Hand über sie – oder sie über ihn, je nachdem, wie man das sehen wollte. In Albion saß sogar eine Hexe auf dem Thron. Stolz trug Morgan den Beinahmen Hexenkönigin. Man sollte meinen, dass ich aufgrund der Tatsache, von dort zu stammen, schon immer eine freundlichere Gesinnung zur Zauberkunst gehabt hätte. Orkney, wo ich zur Welt gekommen war, lag jedoch so weit von Morgans Herrschersitz Camelot entfernt, dass die Menschen dort nach ganz anderen Sitten und Gebräuchen lebten.

      »Und dort im Wald habt ihr dieses Buch gefunden?«

      »Im Keller der Hexe«, sagte Rose.

      Irina stand auf und ging wieder um den Tisch herum, den Blick nicht vom Buch nehmend. »Warum sie es wohl zurückgelassen hat?«

      »Die Geister haben sie vertrieben.« Eine Spur Genugtuung stahl sich in meine Stimme. »Die Geister ihrer Opfer. Die Kinder. Sie haben uns geholfen, Margaretes gefangenen Geist zu befreien und sie mit ins Jenseits zu nehmen.«

      »Dort spukt es jetzt nicht mehr.« Auch Rose klang stolz.

      Irina schüttelte ungläubig den Kopf. »Ihr beide müsst mehr Glück als Verstand gehabt haben. Dass ihr überhaupt in Betracht gezogen habt, euch mit einer untoten Hexe anzulegen.«

      Rose reckte entschlossen das Kinn nach vorn. »Was hätten wir denn tun sollen? Die Menschen, die uns um Hilfe gebeten haben, im Stich lassen?«

      »Ihr hättet die Hexenschlächter rufen können.«

      »Was hätte das genutzt? Sie wären nicht gekommen.«

      Das hatten uns die Dorfbewohner damals erzählt. Hexen­schlächter nannten sich jene Dämonenjäger, die im Dienst der Krone standen und im Auftrag der Könige durch die Lande zogen, um Trolle, Alben und Werwesen zur Strecke zu bringen. Auch Rose und ich hatten einmal darüber nachgedacht, uns ihnen anzuschließen. Heute war ich froh, dass wir das nicht getan hatten. Wir waren frei, dorthin zu gehen, wohin es uns trieb, und die Aufträge anzunehmen, die wir wollten. Seit über vier Jahren taten wir das bereits und ich liebte unser Leben. Als Hexenschlächter wären wir nicht so frei gewesen.

      »Es war leichtsinnig, den Auftrag nur zu zweit anzunehmen«, schalt uns Irina dennoch. »Stellt euch vor, es wäre wirklich der Geist der Hexe gewesen, mit dem ihr es zu tun bekommen hättet.«

      Ich schluckte, Rose rollte mit den Augen. »Es ist doch alles gut gegangen, oder etwa nicht?«

      Irina warf einen bedeutungsschwangeren Blick auf meine Unterarme und ich fühlte mich ertappt wie ein kleines Kind beim Stehlen einer Süßigkeit.

      »Das ist böse Magie, auf die ihr euch eingelassen habt. Rabenschwarze.« Sie seufzte und griff wieder nach Mörser und Stößel, um das Blattgemisch, das sich darin befand, zu einem klebrigen Brei zu verarbeiten. »Und sie ist mächtig. Weit mächtiger als ich.«

      »Das heißt, du kannst uns nicht helfen?«, fragte ich leise.

      »Oder willst es nicht?!«, setzte Rose hinzu.

      Irina begann, an ihrem Ohr herumzuzupfen. »Das habe ich nicht gesagt.« Sie sah uns an. »Es gibt nur nicht sonderlich viel, was ich tun kann.«

      Rose stellte sich hinter mich und nahm mich in die Arme.

      »Was immer es ist«, sagte sie versöhnlich. »Wir wären dir dafür dankbar.«

      Irina holte tief Luft, nickte einmal und sah uns mit einem schwachen Lächeln an. »Also gut. Ich denke, ich kann dir zumindest dabei helfen, dass du diese roten Bänder nicht mehr brauchst.«

      Die nächste halbe Stunde verbrachten Rose und ich damit, durch den Garten vor der Mühle zu spazieren, während Irina sich in ihrer Hexenküche einschloss, um an einem Zauber zu arbeiten. Sie kam nur einmal kurz heraus, um eine weiße Fingerhutblüte zu pflücken.

      »Das ist eine Giftpflanze«, protestierte Rose.

      Irina erstarrte in der Bewegung. »Wenn es um Riesen, Trolle oder Wassermänner geht, magst du die Kundige sein. Bei dem hier«, sie hielt den Blütenkelch hoch in die Luft, »müsst ihr mir schon vertrauen, oder wir lassen es. Eure Entscheidung.«

      »Danke, Irina«, antwortete ich. »Ich weiß zu schätzen, dass du mir hilfst.«

      Als sie nach drinnen verschwunden war, wandte ich mich an Rose. »Musst du sie zusätzlich reizen? Du siehst doch, was sie aus der Mühle gemacht hat. Fällt es dir da so schwer zu glauben, dass sie eine der Guten ist?«

      »Sie

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