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bist du dran“, sagt er und führt seine Hand zwischen meine Beine. Ich bin feucht, er gleitet geradewegs hinein. Meine Beine gebeugt und gespreizt auf dem Teppich. Seine Hand drückt auf meinen G-Punkt. Er hat keine Angst zuzugreifen. Meine Atemzüge lassen ihn wissen, dass ich nah dran bin. Ich ergreife seinen Arm. Während ich komme, schließe ich meine Beine um seine Hand. Er lässt sie in mir, während ich mich sammle. Ich spüre meinen Unterleib um seine Hand hämmern. Wir küssen uns. Jacob besorgt Papiertücher und trocknet meine Brust und meinen Bauch. Danach hilft er mir auf und wir gehen in mein Zimmer. Er holt sein Handy und stellt den Wecker auf kurz vor Tagesanbruch. Ich hänge den Seidenkimono auf den Stuhl nahe dem Bett und krieche unter die Decke zu Jacob. Seine Haut ist warm. Der Mond scheint durch das Fenster. Ehe ich es mich versehe, bin ich eingeschlafen und schlafe so gut wie seit langem nicht mehr.

      Als ich morgens aufwache, ist er fort. Am Frühstückstisch werfe ich ihm intensive Blicke zu. Die Gespräche sind heiter. Niemand weiß, was gestern Nacht in der gleichen Küche geschehen ist. Heute ist Tag der Abreise. Ich sitze auf der anderen Seite des Tischs. Jacob lässt seinen Fuß auf meinem weilen. Absichtlich lasse ich den Kimono ein wenig weiter nach vorn fallen und wir tauschen einvernehmliche Blicke über das Buffet hinweg. Jacob steht als erster auf und beginnt sich von der Familie zu verabschieden. Er duftet nach Rasierwasser, als er mich zum Abschied auf beide Wangen küsst. Jetzt ist sein Körper mir so vertraut. Ich gehe wieder in mein Zimmer und beobachte durchs Fenster, wie er den Hof verlässt. Energisch winkt er den anderen, die mit nach draußen gekommen sind, zu. Seine Energie zieht alle Aufmerksamkeit auf sich. Ich widme mich wieder meinem Koffer, um fertig zu packen, wähle ein Kleid und falte es auf, sobald ich den Kimono ausgezogen habe. Ein kleiner Zettel fällt auf den Boden. Julia! Danke für heute Nacht. Ruf mich an, wenn du nicht schlafen kannst. Ruf mich an, wenn du dir ein anderes Leben wünschst. Ich stecke den Zettel in die Tasche des Kimonos und ziehe den Reißverschluss zu.

      Auf der Heimfahrt schweigen Joel und ich. Er fährt, den Blick auf die Fahrbahn gerichtet. Keine anderen Autos in Sicht. Auf der Fahrt ins Tal der Gebirgskette stoßen wir auf vereinzelte Regenschauer. Ich schaue durch das Seitenfenster, lausche dem Regen auf der Scheibe und dem leisen Radio. Die Stimmung zwischen Joel und mir ist unverändert. Er hat nichts über den Besuch zu sagen. Trotz dessen muss ich wieder und wieder schmunzeln, während ich Regen und Sonne über den Abhängen betrachte. Meine rechte Hand fährt über das Leder des Autositzes. Mit dem Daumen versuche ich, das gleiche Geräusch von Haut auf Leder wie auf dem Sofa zu erzwingen, aber es gelingt mir nicht. Ich kann spüren, dass ich einen Fehler begangen habe. Ich habe etwas Verbotenes getan, aber es fühlt sich gut an. Solch ein Gefühl hatte ich schon lang nicht mehr. Ich denke an die Worte der Hellseherin letztens. An diesem Tag war ich traurig und niedergeschlagen gewesen. Sie hatte meine Karten betrachtet und gesagt, dass sich die Dinge bald ändern würden. Dieses Jahr sollte mein Jahr werden. Es würde etwas geschehen. Etwas, das ich mir seit langem wünschte, das aber nie in Erfüllung gegangen war. Das könnte alles Mögliche bedeuten.

      Zu einem anderen Ort- und Zeitpunkt auf dem Heimweg denke ich an Jacob. Wie sein Gesicht aussieht. Welche Musik er hört. Wie er sich freut, wenn er sich meine Reaktion auf seinen Zettel vorstellt. Als Joel und ich unsere Wohnung in der Stadt erreichen, verziehe ich mich, nachdem ich ausgepackt habe, mit einem Glas Wein in mein Büro. Nachdem ich die Kleidung in den Schrank geräumt habe, schiebe ich den Koffer unters Bett. Unser Zuhause ist ordentlich aufgeräumt. Joel fragt nicht, warum ich mir wieder den Kimono anziehe, als ich durch das Wohnzimmer laufe.

      Eigentlich müsste ich arbeiten, aber ich kann mich nicht konzentrieren. Mehr als den Computer anzuschalten und meine Mails zu öffnen, schaffe ich nicht. Egal, wo ich ansetze, meine Gedanken wandern zu Jacob und mir in der Küche. Mein ganzer Körper schreit nach mehr als in dieser Nacht geschehen ist. Jacobs Zettel platziere ich in der Schreibtischschublade. Ich bin einzig und allein daran interessiert, die Flamme am Brennen zu erhalten und die Romanze fortzusetzen, den Weg zurück in seine Arme zu finden. Ich finde Jacobs Facebookprofil und füge ihn als Freund hinzu. Das habe ich mich zuvor nicht getraut, aber es ist doch vollkommen unschuldig. Darüber wird niemand nachdenken. Ich nehme ein Blatt Papier und gebe mir mit der Schrift Mühe. Lieber Schwager… schreibe ich.

      Der Feminist

       Wir redeten über alles und nichts. Wir lachten und sprachen über die Zukunft, aber nie über unsere. Wir sprachen über die Zukunft des Landes und Volkes. Wir sprachen über die Politiker, Studenten, Frauen, aber nie über uns zwei. Wir redeten über all das, was eine Zukunft zu haben schien. Die hatten wir nie, und vielleicht war es deshalb so intensiv, weil wir beide wussten, dass es nicht von Dauer war. Vielleicht konnten wir deswegen einfach loslassen. Weil wir wussten, dass wir uns in den dunkelsten Momenten des Lebens nie sehen würden, weil die abstrakten Gedanken, die ein Netz zwischen uns spannten und uns zusammenhielten, nie konkret wurden und sich nie zu zerlumpten Morgenröcken und einem Haus in der Vorstadt wandelten. In den Sechzigern waren die Träume groß, aber wir waren überzeugt, dass alles möglich war – selbst es mit seinem Professor auf dessen Schreibtisch zu treiben, während der Rest der Universität ahnungslos auf dem Flur vorbeilief.

      Als ich den letzten Punkt setze, denke ich an ihn. Es ist nach und nach zur Gewohnheit geworden. Wenn ich einen Artikel beendet habe und mich zurücklehne, finden meine Gedanken den Weg zu ihm und seinem ernsten Gesichtsausdruck, seiner nassen Zunge, seinen starken Armen und seinem steifen Penis, der in mich gleitet. Ich speichere das Dokument und die Erinnerung verschwindet genauso schnell, wie sie gekommen ist. Genau wie auf einen Punkt die Erinnerung an ihn folgt, folgt einem fertiggeschriebenen Artikel ein wohlverdienter Kaffee und eine Zigarette. Damals als ich mich als Journalistin selbstständig machte, befürchtete ich, nicht genug zu tun zu haben, aber meine dunklen Vorahnungen wurden schnell beseitigt und ich habe eher zu viel Arbeit als zu wenig. Ich werfe einen flüchtigen Blick in den Spiegel im Flur und wühle das lange Haar auf, um ihm Fülle zu verleihen. Routiniert trage ich schwarzen Eyeliner auf und verwische die Linie ein bisschen, um den Ausdruck zu erweichen. Bevor ich mich vom Spiegel entferne, spitze ich die Lippen und betupfe sie mit Vaseline. Ich reibe die Lippen aneinander, um die Schicht gleichmäßig zu verteilen. Ich werfe einen kurzen Blick zur überquellenden Küche. Benutzte Weingläser mit festgetrocknetem, rotem Bodensatz stehen neben einer leeren Flasche, die ich einen Augenblick in Erwägung ziehe mit nach draußen zu nehmen. Ich schaue, dass ich die Tür schnell schließe, bevor mein Gewissen mich zum Aufräumen, Wegwerfen und Abwaschen zwingt. Es ist nicht ungewöhnlich, dass die Wohnung in Unordnung versinkt. Ich laufe Gefahr, mich zu isolieren, wenn ich arbeite. Ich kaufe Wein, Käse und gutes Brot, dann verbarrikadiere ich mich für ein paar Tage. Wenn der Artikel fertiggeschrieben ist, verlasse ich das Loch und gehe wieder raus.

      Der Lärm auf der Straße überwältigt mich. Meine eigene kleine Gesellschaft hat mich im Lauf der letzten Tage empfindlich gegenüber dem Stadtlärm gemacht. Die Autoauspuffe wirken lauter und die Gespräche anderer Menschen nach tagelanger Isolation berauschend. Ich hole tief Luft und atme den Frühlingsduft ein. Der Flieder an der Ecke hat auf magische Weise zu blühen bekommen. Mit hellvioletter Farbe schmückt er die Südseite des Cafés. Ein paar Touristen gehen am Busch vorbei und ziehen den süßen honigähnlichen Frühsommerduft mit sich. Umständlich ziehen die Touristen die Stühle von einem Cafétisch zurück. Die eisernen Stuhlbeine kratzen lautstark über die Pflastersteine. Ich atme tief ein, so tief, dass sich meine Schulter im Takt der Atemzüge heben und senken. Dies ist die erste frische Luft, die ich seit Tagen einatme, aber so fühlt es sich nicht an, wenn mein Gesicht in langen Nächten vom Computerbildschirm erleuchtet wird, wenn meine Finger noch vor dem Kopf ermüden und Schultern und Rücken sich beklagen, ehe meine Ideen auf dem Papier Form annehmen können, während die Zeit zu verfliegen scheint. Ich vergesse, wann Tag und wann Nacht ist. Es ist mir auch egal. Ich mag den Klang der Tastatur, wenn meine Finger über die Tasten tanzen, als spielte ich auf einem alten Flügel. Wenn sich die Ideen von abstrakten und flüchtigen Gedanken in konkrete Argumente und überzeugende Geschichten verwandeln, erfüllt mich eine tiefe Zufriedenheit.

      Ich denke an die Male, als wir in seinem Büro saßen. An das Essay, auf das ich so viel Zeit und Energie verwendet hatte und das ich für unverbesserlich hielt, an das Essay, das er korrigierte. Er schrieb mit seinem Kugelschreiber auf jede einzelne Seite. Er markierte einen Absatz und schrieb lange Kommentare an den

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