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Heliosphere 2265 - Der komplette Fraktal-Zyklus. Andreas Suchanek
Читать онлайн.Название Heliosphere 2265 - Der komplette Fraktal-Zyklus
Год выпуска 0
isbn 9783958344020
Автор произведения Andreas Suchanek
Жанр Языкознание
Серия Heliosphere 2265 - Der komplette ...
Издательство Bookwire
Alpha 365 war wohl der geschäftigste seiner Offiziere. Noch immer verhörte er Lieutenant Walker und hatte parallel von NOVA aus einen Tiefenscann des Computerkerns der HYPERION veranlasst. Das Ergebnis war eindeutig ausgefallen: Es gab keinen bekannten Computervirus oder Trojaner im System.
Der Alpha hatte Jayden zu verstehen gegeben, dass er mittlerweile mehr denn je von einem Verräter ausging, der auf irgendeine Art mit dem ersten und zweiten Fraktal kommuniziert hatte, um die HYPERION vor dessen Einfluss zu schützen; gleichzeitig aber eiskalt dabei vorging, diese Artefakte in seine Gewalt zu bringen. Jayden wollte seinem Sicherheitschef keine Paranoia unterstellen, doch der Gedanke kam ihm einfach ein wenig zu weit hergeholt vor.
»Sir, die SE-RA-TA-LA-MU befindet sich bei Minimalgeschwindigkeit auf dem veranschlagten Vektor«, sagte Lieutenant Commander Akoskin. »Die PI-RA-SO-MA-FE aktiviert soeben ihre Traktorstrahlen, um das Schiff zu übernehmen.«
Jayden beobachtete im Holotank, wie der rentalianische Raumer das andere Schiff an sich kettete und fühlte sich unweigerlich von einer Last befreit. Damit war er nicht länger für das zweite Artefakt verantwortlich. Die Rentalianer würden es mit sich nehmen und zusammen mit dem ersten Fraktal, das nicht mehr auf dem Mars bleiben sollte, an einen geheimen Ort bringen.
»Übergabe ist abgeschlossen«, sagte Akoskin.
»Sehr gut, Commander.« Jayden war zufrieden. »Damit wäre dieses Problem für uns erledigt.« Es blieb zu hoffen, dass die Admiralität ihnen noch ein wenig Auszeit gönnte, bevor die nächsten Befehle eingingen. »Ich bin in der Sporthalle, Sie haben die Kommandobrücke.«
*
»Hast du noch mal mit ihm gesprochen?«, fragte Giulia und beobachtete ihr Gegenüber dabei genau. Noriko wirkte ein wenig angespannt, das mochte aber durchaus Einbildung sein.
»Nein. Ich wüsste nicht, was es noch zu besprechen gäbe. Er ist jetzt drüben auf NOVA und wird mit dem nächsten Schiff überführt, das zur Erde fliegt.«
»Dann ist das Kapitel also wirklich abgeschlossen?«
Noriko lächelte bitter. »Du willst wissen, ob ich innerlich in Ordnung bin? Glaub mir, Doktor Tauser hat mich mittlerweile zu drei Sitzungen antanzen lassen, weil er meine Diensttauglichkeit feststellen wollte. 'Haben Sie Schuldgefühle, Commander? Immerhin hat Walker einen Torpedo auf ein hilfloses Schiff abgefeuert, um Ihnen zu schaden', 'Können Sie gut schlafen?', 'Haben Sie Alpträume?', 'Was fühlen Sie, wenn Sie an den Lieutenant denken?' und so weiter.«
»Aber er hat dir deine Diensttauglichkeit bestätigt?«
Noriko bejahte. »Ich bin darüber hinweg und habe nicht einmal Paranoia entwickelt – das wurde mir offiziell attestiert.«
Giulia fiel ein Stein vom Herzen. Niemand hatte herausgefunden, dass sie es gewesen war, die den Torpedo manipuliert und abgefeuert hatte, um es in der Folge Lieutenant Walker in die Schuhe zu schieben. Nur so hatte sie Norikos Ansehen wiederherstellen und den verhassten Mann von Michalew loswerden können. Sie spürte kein Mitleid für den Offizier, der mit seinen radikalen Ansichten, seinen Intrigen und seiner Kaltblütigkeit beinahe Norikos Karriere ein weiteres Mal zerstört hatte. »Dann sollten wir diese leidige Angelegenheit vergessen«, sagte sie.
Sie kippte den letzten Schluck des Vitamin-Koffein-Drinks hinunter, den Lieutenant Pablo Alcazar zusammengemischt hatte. Der Techniker machte es sich zum Hobby, exotische ViKo-Geschmacksrichtungen zu kreieren. Abgesehen von zwei furchtbaren Fehlschlägen – Giulia versuchte den Gedanken an diese Variationen zu verdrängen – gelang es ihm meist recht gut. »Wann nimmst du deinen Landurlaub?«
»Wenn sich nichts verschiebt oder etwas Wichtiges dazwischenkommt, fliege ich übermorgen auf den Planeten«, sagte Noriko. »Wie sieht es bei dir aus? Kannst du deinen Urlaub abstimmen?«
»Das lässt sich machen. Mein Stellvertreter ist flexibel.« Lieutenant Boris Jegorow interessierte sich für nichts anderes als die Optimierung der Gerätschaften im Maschinenraum. Sein Beruf war seine Leidenschaft und er trieb sich sogar in seinen freien Minuten an den Konsolen herum. »Ich werde ihn sowieso dazu zwingen müssen, seinen Urlaub anzutreten. Ehrlich gesagt bin ich nicht mal sicher, ob ich ihm damit einen Gefallen tue.« Sie grinste.
»Also abgemacht«, sagte Noriko. »Du klärst das mit Boris und ich schreibe dich auf die Liste im gleichen Zeitfenster wie mich selbst.« Die I.O. schob sich ihr letztes Salatblatt in den Mund. »Wir sehen uns später. Ich muss noch zum Sicherheitschef.«
»Zum Alpha?« Giulia runzelte die Stirn. »Warum das?«
»Ich bin mir nicht sicher«, sagte Noriko zögerlich. »Aber seitdem er Walker zur Station gebracht hat, ist er … seltsam. Er war noch ein zweites Mal drüben und hat jetzt einen Antrag für eine dritte Vernehmung gestellt.«
Mit einem Mal wurde Giulia mulmig zumute. Ahnte der Alpha etwa die Wahrheit? Immerhin behauptete Walker nach wie vor, dass er nichts mit den Ereignissen um den Torpedo zu tun hatte.
»Also, bis später«, verabschiedete sich Noriko.
Sie warf ihr Besteck samt Teller in den Rückgabeschacht.
»Bis später«, murmelte Giulia.
*
Tess rieb sich müde die Augen, als sie die Simulation zum tausendsten Mal ablaufen ließ. Die Prozentanzeige kroch förmlich über den Monitor. Vermutlich würde sie zusammenbrechen, bevor sie die Zahl Hundert erreichte.
»Wie sieht es aus, Lieutenant?«, fragte Commodore Harris. »Kommen Sie voran?«
»Ihr L.I. und ich konnten die Sensorlinsen korrekt ausrichten und die Verbindung zum Ortungsnetz der ÜL-Plattformen herstellen«, sagte Tess, während sie ihr weiteres Vorgehen überdachte. »Die Algorithmen der HYPERION sind eingespielt, aber wenn ich diese Anzeige korrekt deute, gibt es ein Problem mit der Bandbreite Ihrer Systeme.« Sie überprüfte noch einmal die Werte. »Das Ortungssystem ist nicht dazu ausgelegt, mit einer so alten Hardware zu operieren.«
»Ich verstehe.« Die Stimme von Commodore Harris klang ein wenig gekränkt.
»Ich wollte Ihr System nicht beleidigen, Sir«, stellte Tess klar. »Wir werden zweifellos eine Lösung für das Problem finden.«
Harris schwieg, worauf Tess weiterarbeitete. Der Commodore saß in seinem Konturensessel und starrte auf irgendwelche Anzeigen seiner Konsole. Ihn schien ihre Aussage zu ärgern, obgleich Tess lediglich die Fakten aufgezählt hatte. Sie mochte kommandierende Offiziere nicht, die sich derart mit ihrem Schiff identifizierten, dass sie alles, was kein Lob darstellte, als persönliche Beleidigung betrachteten.
Das Aufleuchten eines Icons erregte ihre Aufmerksamkeit. Sie vergaß Commodore Harris augenblicklich. Die Sensoren, mochten sie auch noch so schlecht arbeiten, meldeten eine Signatur, die sie bereits kannte. Auf dem Weg zur NOVA-Station hatte sie das exakt gleiche Signal aufgefangen. Der interne Algorithmus hatte es – nachträglich – als Asteroid eingestuft. Sie blickte gebannt auf das Sensor-Log, während die Sekunden verstrichen, doch der Filter wurde nicht aktiv. Wie war das möglich? Die HYPERION und die NOVA-Station arbeiteten seit dem Update mit dem gleichen Algorithmus und der gleichen Sensortechnik. Was auf dem Interlink-Kreuzer aussortiert wurde, musste auch hier gefiltert werden. Doch das System verlangte von ihr eindeutig eine manuelle Einschätzung – warum?
Sie wechselte in eine andere Darstellung und veränderte die Granularität der ausgewerteten Daten. Auch auf sie wirkte das Ergebnis, als handle es sich um einen von vielen Asteroiden, die sich auf das Innere des Systems zubewegten. Irgendetwas hielt die hiesige K.I. jedoch davon ab, die Zuordnung automatisch durchzuführen. Auf die Schnelle konnte sie dieses Rätsel nicht alleine lösen und das Protokoll gab für einen solchen Fall klare Anweisungen.
»Sir«, wandte sie sich an Commodore Harris. »Die Sensoren empfangen eine unbekannte Signatur, die sich auf direktem Kurs in das Systeminnere befindet. Sie wird nicht als Schiff eingestuft.«