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      „Sie macht Ihr Büro sauber. Warum fragen Sie?“

      „Es sind Unterlagen verschwunden“, platze ich empört mit der ärgerlichen Tatsache heraus.

      „Unterlagen?“ Bones runzelt die Stirn, während Mrs. Fisher ein bisschen betreten neben ihm steht.

      „Aufzeichnungen von Charlie Welsham.“

      „Oh! Ich verstehe.“ Bones schaut betroffen drein. „Ich fürchte, das geht auf meine Kappe, Mr. Culpepper. Nachdem Sie Ihren Arbeitsplatz in einem absoluten Chaos vorfinden mussten und obendrein die Pannen wie die defekten Sicherungen und der nicht einsatzbereite Dienstwagen hinzukamen, habe ich mich furchtbar geschämt. Deswegen beauftragte ich Mrs. O’Kelly sämtliche Habseligkeiten und persönlichen Unterlagen von Mr. Welsham einzusammeln, damit Sie sich nicht mit seinen Hinterlassenschaften herumschlagen müssen. Ich hoffe, Sie sind mir nicht böse.“

      Hallo!

      Ich koche vor Wut.

      „Wo sind die Sachen jetzt?“

      „Die Papiere hat Mrs. O’Kelly geschreddert und die wenigen Gegenstände sind verpackt und an Welshams Familie geschickt worden. Ein Schlüsselanhänger, eine Tasse, seine Brille …“

      Mein Gehör hat nach dem Wort geschreddert abgeschaltet. Die letzten Notizen des toten Welsham wurden vernichtet. Ich glaub, mich laust der Affe.

      „Mr. Culpepper?“

      Bones tritt einen Schritt näher und ich muss mich regelrecht zwingen, um stehenzubleiben. Sein säuerlicher Schweißgeruch steht wie eine Mauer zwischen uns.

      „Sagen Sie mir, Sir, warum Welshams Büro dermaßen unordentlich war. Seine Papiere lagen über den ganzen Fußboden verteilt.“

      „DCI Kilbourne vermutete, dass Mr. Welsham ziemlich aufgewühlt war, als er sich zum Selbstmord entschloss.“

      Erstmalig meldete sich Mrs. Fisher zu Wort. „Er ist davon ausgegangen, dass Mr. Welsham in einer Art Wutausbruch die Papiere vom Tisch gefegt hat, nach Hause ging und sich dort erhängte.“

      „Das stimmt.“ Bones nickt eifrig. Ich dagegen frage mich, warum sich Welsham zu Hause umbringen musste, wenn er tatsächlich dermaßen aufgewühlt gewesen war. Er hätte es genausogut im Büro tun können.

      „Gab es einen Abschiedsbrief?“, erkundige ich mich.

      Bones’ Schweinsäuglein werden schmal. „Weswegen fragen Sie?“

      Ich versuche mich an einem gewinnenden Lächeln. „Aus reinem Interesse.“

      „Nein, es gab keinen Abschiedsbrief. Mr. Culpepper, der Selbstmord von Mr. Welsham ist eine Tragödie. Aber es bleibt ein Suizid. Haben Sie nichts Besseres zu tun, als Erkundigungen über einen Verstorbenen einzuholen, dessen Fall abgeschlossen ist?“

      „Nein, ich bedaure.“ Was erwartet der Mann? Dass es in diesem Nest ein Verbrechen nach dem anderen gibt?

      „Ich möchte nicht unhöflich sein, doch Mrs. Fisher und ich haben zu tun. Sofern Sie keine weiteren Fragen mehr haben …“

      „Oh, natürlich. Verzeihen Sie, und wenn Sie mir eine letzte kleine Bitte gestatten …“

      „Ja, Mr. Culpepper?“

      Meine Stimme wird scharf. „Ich erwarte zukünftig, dass nicht der kleinste Papierschnipsel aus meinem Büro entfernt wird.“

      Der Bürgermeister hebt beschwichtigend die Hände. „Selbstverständlich nicht.“

      ###

      Vor dem Gemeindehaus begegne ich Nathan.

      „Ah, Mr. Culpepper. Stalken Sie mich etwa?“, fragt er mit einem Zwinkern. „Erst verfolgen Sie mich bis zu Lady Mandeville und nun lauern Sie mir hier auf.“

      „Was soll ich tun?“ Ich gehe auf seinen neckischen Ton ein. „Gute Handwerker sind halt selten. Die darf man nicht aus den Augen verlieren. Hat Ihnen Mr. Kaplow verraten, dass ich bei Lady Mandevilles Anwesen vorbeispaziert bin?“

      „Richtig. Ich repariere zuerst Mr. Bones’ klemmende Schublade und danach steige ich Ihnen aufs Dach.“

      „Sie verstehen es, sich beliebt zu machen.“

      Nathan lacht. „Das liegt uns Handwerkern im Blut. Wir sehen uns, Mr. Culpepper.“

      „Bye, Mr. Scatterfey.“

      Ich kann nicht widerstehen: Ich muss ihm hinterherstarren. Genauer gesagt muss ich Nathans Arsch bewundern. Haben wir gerade miteinander geflirtet oder war das für Nathan lediglich harmloses, freundschaftliches Geplänkel?

      Schwierig, schwierig.

      ###

      Mit dem BMW fahre ich nach Exeter ins Hauptquartier. Als George mich bemerkt, springt er sofort auf und kommt mir freudestrahlend entgegen.

      „DI Culpepper!“

      „Alastair reicht.“

      Wir schütteln uns die Hände und ich begleite George zu seinem Arbeitsplatz, wobei ich den anwesenden Kollegen grüßend zunicke. Heute wird weniger getuschelt.

      „Haben Sie einen Auftrag für mich?“, fragt George begierig.

      „Habe ich.“

      Er lässt sich in seinen Schreibtischsessel fallen und bietet mir den Besucherstuhl an.

      „Schießen Sie los! Was gibt es? Eine Leiche? Zwei?“

      Sein Arbeitseifer macht mir Spaß.

      „Ein Toter und der ist Ihnen bekannt. Es geht um Charlie Welsham.“

      „Oh.“ George wird ernst, kratzt sich den roten Schopf und nickt langsam. „Sie wollen seinen Tod untersuchen?“

      „Genau. Ich glaube nämlich nicht an Selbstmord.“

      „Nicht?“

      Ich schüttle den Kopf. „George, was unternehmen Sie gegen Langeweile? Gehen Sie nach Hause und schneiden Sie sich die Pulsadern auf?“

      „Ausschließlich sonntags und an Feiertagen. Ansonsten schlucke ich Schlaftabletten oder enthaupte mich selbst mit der Axt fürs Kaminholz.“

      Sein trockener Humor gefällt mir.

      „Suizid aus Langeweile? Das soll ein Motiv sein? Wer behauptet das, Mr. Cul... Alastair?“

      „Der Bürgermeister.“

      „Vielleicht war das ein Witz.“

      Das ist freilich möglich, obwohl Bones nicht besonders spaßig rüberkommt.

      „Das Büro war verwüstet. Am Fußboden lagen überall Welshams Notizen herum, als hätte es einen Kampf gegeben. Sogar seine Brille fand ich halb unter einem Schrank. Die Papiere habe ich aufgesammelt, sortiert und abgeheftet. Heute wollte ich mich näher mit ihnen beschäftigen, leider hat die Reinigungskraft sämtliche Aufzeichnungen vernichtet.“ Ich erzähle George warum, weshalb und in wessen Auftrag.

      „Hmm.“ Er zieht seine Schublade auf und holt eine Tafel Karamellschokolade heraus.

      „Nehmen Sie sich“, fordert er mich auf. „Die hilft beim Denken.“

      Ich breche mir einen Riegel ab und schwelge in der Süße, während George an seiner Fingerkuppe statt an der Schokolade nagt.

      „George?“

      „Ja?“

      „Ich möchte, dass Sie mir jeden Schnipsel und jede Datei heraussuchen, die mit Welshams Tod zu tun haben.“

      „Geht klar, Sir.“

      „Die Umstände seines Todes und an welchem Vorgang er zuletzt gearbeitet hat.“

      „Das wird einige Zeit dauern, weil ich dafür ins

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