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Vom Schafott zum Altar. Ewald Volgger
Читать онлайн.Название Vom Schafott zum Altar
Год выпуска 0
isbn 9783706560801
Автор произведения Ewald Volgger
Жанр Документальная литература
Серия Jägerstätter Studien
Издательство Bookwire
Wer mir nachfolgen will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge Mir nach.
Postcommunio
Wir bitten Dich, Herr, unser Gott: wie wir das Gedächtnis Deines hl. Märtyrers Laurentius in dieser Zeitlichkeit freudig feiern, so laß uns in der Ewigkeit seines Anblicks uns freuen. Durch unsern Herrn.
Die Texte der Märtyrerliturgie stehen paradigmatisch für das Sterben und die Haltung Jägerstätters. Für Franz war es wichtiger, das ewige Leben nicht zu verlieren, als dem Willen der Nationalsozialist/innen zu folgen, um ein sterbliches Leben zu verlängern. Der Introitus spiegelt die Haltung Jägerstätters für Arme und Notleidende wider und seine Überzeugung, in allem dem Wort Gottes zu folgen. Die Oration bekräftigt die Überzeugung der Kirche, dass Märtyrer/innen Fürsprecher/innen bei Gott sind, der Güte und Erbarmen schenkt. Das Graduale bezeugt die wohlwollende Einstellung gegenüber den Armen und Notleidenden von denen, die Gott ihren Vater nennen. In der Perikope aus dem Buch Jesus Sirach zur Lesung spricht eine Persönlichkeit, die sich in den Schutz Gottes gestellt weiß angesichts ihrer heimtückischen Verfolger und Mörder. Das Offertorium (Gesang zur Gabenbereitung) sucht Zuflucht bei Gott und erbittet Gehör und Hilfe von dem, der einziger Richter der Menschen ist und der das Herz des Menschen kennt. Der Communio-Vers ist dem Evangelium entnommen; diesen Vers wird Karobath später auch an der Erinnerungstafel über dem Urnengrab anbringen lassen. In der Kommunion mit Christus befähigt der Auferstandene zur Kreuzesnachfolge bis in den Tod, in dieser Aussage Zuspruch und Aufforderung zugleich. Die Vigilmesse zum hl. Laurentius ist heute in der liturgischen Ordnung des Messbuches nicht mehr vorgesehen, lediglich in der Praxis des außerordentlichen Ritus (Missale Romanum 1962) ist sie noch zu finden. Der liturgische Gehalt der einzelnen Elemente eignet sich dennoch hervorragend, um der Lebenshingabe von Franz ihre biblisch-liturgische Sprache zu geben.
Auch wenn in der Literatur und in Zeitungsbeiträgen die bedeutende Rolle Pfarrer Karobaths für Franz Jägerstätters Andenken betont wird, so ist sie doch oft genug nicht deutlich genug ausgeführt worden. Historisch betrachtet ist sie auch nicht von Anfang an erkannt worden. Karobath blieb Pfarrer in St. Radegund, bis er 1971 in den Ruhestand ging und sich in das Altersheim Maria Rast zu Maria Schmolln zurückzog. Franziska Jägerstätter vermutete, dass Karobath nach seiner Pensionierung deswegen nicht in St. Radegund wohnhaft blieb, weil er wegen der „Auseinandersetzungen um ihren Gatten nicht heimisch geworden“ war.87 Bischof Maximilian Aichern berichtete in seiner Trauerrede anlässlich des Todes von Josef Karobath in Maria Schmolln am 4. Januar 1983, dass Karobath während des Ersten Weltkrieges einem Dutzend Kameraden das Leben gerettet habe und mit der Tapferkeitsmedaille ausgezeichnet worden sei. In der von Bischof Aichern persönlich unterzeichneten Botschaft und Würdigung seines Lebens, zur Verlesung beim Begräbnisgottesdienst am 8. Januar 1983 bestimmt, macht dieser noch keinen Hinweis auf die Beziehung Pfarrer Karobaths zu Franz Jägerstätter.88 Auch die Personalnachrichten des Linzer Diözesanblattes vom 1. Februar 1983, Nr. 2 geben keinen Hinweis darauf und auf seinen Einsatz für die Würdigung des Martyriums, ebenso wenig die Linzer Kirchenzeitung.89
Dabei muss auch erkannt werden, dass Karobath über sein seelsorgerisches Wirken als Pfarrer von St. Radegund hinaus Kontakt zu Franziska Jägerstätter hielt und in der Causa Jägerstätter aktiv blieb. Am 4. November 1970 schrieb Pfarrer Karobath aus Maria Schmolln an die „liebe Frau Jägerstätter“, die er immer noch mit Sie ansprach. Das Drehbuch von Hellmut Andics zu Axel Cortis Film „Der Fall Jägerstätter“, das er bereits zu lesen erhielt, begeisterte ihn. In diesem Zusammenhang kritisierte er erneut die Haltung einiger „unbekehrbarer Nazis“ auch in St. Radegund und bemerkte schließlich in seinem Schreiben, mit rotem Stift nachgetragen, wohl mit größter Genugtuung: „Aber Franz ist der weltbekannte Held! u. Heiliger!“90 Ein weiterer Brief datiert vom 27. August 1975, in dem Pfarrer Karobath Franziska Jägerstätter mitteilte, dass „Ihr Mann sich immer wieder meldet um zu zeigen, daß er recht gehandelt hat“.91 Er sei nach England eingeladen worden, aber seine Füße ließen es nicht mehr zu, dorthin zu reisen. Auch berichtete er ihr vom Grabbesuch am 9. August in St. Radegund. Im Mai 1978 erschien in der Linzer Kirchenzeitung ein Beitrag mit dem Aufruf von Pfarrer Karobath, den die Zeitung zum Gespräch gebeten hatte: „Noch wäre es zu früh, Franz Jägerstätters Seligsprechung anzustreben. Aber laßt ihn besonders in Oberösterreich nicht in Vergessenheit geraten.“92
Karobath schlug vor, „sich anlässlich der Feiern der 200-jährigen Zugehörigkeit des Innviertels zu Österreich mit dem Innviertler Jägerstätter wieder eingehender zu befassen“.93 Ein Jahr später schließlich verfasst er einen leidenschaftlichen Leserbrief für Die Furche, in dem er mahnt, dass „kein Gras über Jägerstätter wachsen“ dürfe.94
Die gebührende Würdigung des streitbaren Priesters Karobath ist jüngeren Datums. Nachdem das Grab von Pfarrer Karobath in Maria Schmolln aufgegeben werden musste, beschloss der Pfarrgemeinderat von St. Radegund am 25. Januar 2008, das Grabkreuz nach St. Radegund zu bringen und damit auch eine bleibende Erinnerung an ihn zu errichten. Das Grabkreuz wurde von Hubert Sigl restauriert und an der Westmauer der Kirche angebracht; der Beschluss des Pfarrgemeinderates dazu erfolgte am 20. Januar 2010.95 Die Pfarrgemeinde würdigt Pfarrer Josef Karobath hiermit als Freund des seligen Franz Jägerstätter; die Beschriftung wurde von Hubert Sigl angefertigt, die Kosten durch Spenden getragen. Gesegnet wurde das Kreuz in einer schlichten Feier am 31. Oktober 2010. Aus der chronologischen Darstellung in diesem Buch ist ersichtlich, dass die erste biografische Beschreibung von Franz Jägerstätter aus der Feder von Josef Karobath stammt; sie wurde in den ersten Nachkriegsjahren an verschiedene Medien und Personen weitergeleitet, von diesen übernommen und prägt auch heute noch wesentlich das Bild von Franz Jägerstätter – „Franz II.“. Die Verortung der Urnenbestattung an der Kirchenmauer, sein konsequentes Würdigen von dessen Sterben als Martyrium, seine Einforderung, in Jägerstätter einen Helden und Heiligen zu sehen, der in seiner Gewissensüberzeugung gegen das schwere Verbrechen der NS-Gewaltherrschaft lieber in den Tod ging, als das Gebot der Gottes- und Nächstenliebe zu verletzen, prägten den Weg zur Seligsprechung.
An dieser Stelle ist es angebracht, Karobaths Nachfolger in St. Radegund zu erwähnen. Als Pfarrer Josef Steinkellner am 1. September 1977 in die Pfarre kam, führte er das Anliegen seiner Vorgänger weiter.96 Im Jahr 1983, so die Pfarrchronik, stellte Franziska Jägerstätter das Haus Jägerstätter der Pfarrgemeinde zur Pflege des Andenkens an den Märtyrer zur Verfügung. Der alte Jägerstätter-Hof hätte abgerissen werden sollen.97 Mit Unterstützung des Bürgermeisters von St. Radegund Isidor Hofbauer gelang es Pfarrer Steinkellner, den Grund mit dem alten Haus für die Pfarre zu erwerben. Den Beschluss dazu fasste der Pfarrgemeinderat am 15. Oktober 1984 mit dem Ziel, das „Andenken an Franz Jägerstätter dadurch zu pflegen“. Zur Verwaltung wurde eine eigene Interessengruppe gegründet.98
Abb. 17: Pfarrer Josef Steinkellner (2018)
Der Kauf erfolgte am 28. April 1985. Pfarrer Steinkellner förderte behutsam die Erinnerungsarbeit und war auch denen gegenüber achtsam, die sich der Würdigung und Verehrung Jägerstätters nicht anschließen konnten. Wie sich aber mehr und mehr herausstellen sollte, verfolgte Steinkellner die Überzeugung seines Vorgängers Karobath, „auf dem Friedhof einen Märtyrer und Heiligen bestattet“ zu wissen. Unaufgeregt, unscheinbar, mit vielen kleinen Schritten förderte er die Verehrung Jägerstätters, pflegte eine gute Beziehung zu Franziska Jägerstätter und ihren Töchtern und war offen für die Menschen, die nach St. Radegund kamen, um das Andenken an Franz Jägerstätter für sich und für andere hochzuhalten und zu gestalten. Dabei hielt er sich dennoch bescheiden im Hintergrund.
Abb. 18: Das Jägerstätter-Haus (2019)
4. Die zweite Urnenbestattung (1946)
Schwester Kallista Vorhauer schrieb am 16. Juni 1946 aus dem Marien-Krankenhaus in Brandenburg, das damals in der russischen Zone lag:
Liebe